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  • Joacher

mehr als 1000 Beiträge seit 28.01.2000

Antwort

Riggs schrieb am 15. März 2004 18:31

> Nun, wir redeten von Madrid, oder?

Natürlich liegt der Fokus (derzeit) auf Madrid, es ist aber fraglich,
wann man wo trennen kann.

> Nichtsdestotrotz ist Aufmerksamkeit weder ein Etappen- noch ein
> Hauptziel. Sie ist ein Abfallprodukt.

Das denke ich hingegen nicht. Wenn ich Dich richtig verstehe, ist
dieser islamische Terror der Versuch, "ungläubige" Menschen zu töten
und somit ein Genozid/Ethnozid. Ich bin aber davon überzeugt, daß
auch den Fundamentalisten klar ist, daß sich durch 200 Tote alle paar
Monate die westliche Kultur nicht vernichten lässt. Allein in
Deutschland sterben jedes Jahr AFAIK 20 000 Menschen im
Strassenverkehr. Durch Terror wird "der Westen" nicht ausradierbar
sein (Wir reden hier nicht über den bisher zum Glück nicht
stattgefunden Terror durch MVW).
Es geht also nicht um eine Reduktion der Population der
"Ungläubigen".


> Gut, reden wir über religiös fanatisierte, reiche, saudi-arabische
> Hurensöhne die es als ihr Hauptziel betrachten die Ungläubigen im
> Westen zu schlachten.

Bemerkenswerterweise gibts aber auch im Westen christliche
Fundamentalisten, die einer Ali-Baba-Seele nicht sonderlich
hinterhertrauern, und sich im Westen noch nicht mal zu verstecken
brauchen, sondern die Steuergelder ihrer Bevölkerung für ihre Zwecke
(ge/miß)brauchen können. (Ob Ge- oder Mißbrauch ist ja noch nicht
abschliessend geklärt)

Wer hat in den letzten 50 Jahren mehr Menschen auf der Gegenseite
gefordert: Der "Westen" oder die "Islamisten"?

Gibts es einen moralischen Unterschied zwischen fundamentalistischen
Bombenlegern und CIA-Agenten, die für eine "Personenbeseitigung" im
Nahen Osten auch schon mal ein komplettes Restaurant über die Klinge
springen lassen?

IMHO nur "Folge-Moralisch": Betrachtet man den Krieg (nichts anderes
ist es - siehe Huntington) Westen gegen Osten als gerecht(fertigt),
dann sind auch "Kollateralschäden" beim Gegner moralisch hinnehmbar.
Zu dumm, daß der "Gegner" das genauso sieht.




> Der Irakkrieg war (und ist) offiziell vieles.

Man kann ihn mittlerweile sogar als offiziell verlogen bezeichen. Da
unten sterben täglich Menschen wegen einer Lüge. Selbst die
finanzielle Unterstützung des Terrors durch Saddam ist nicht
nachgewiesen, sondern wird von vielen Fachleuten stark bezweifelt.

> Was daraus im Endeffekt wird wage ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu
> beurteilen.

Die Amis werden das Öl schon nicht aufgeben. China wird bald einen
gigantischen Öldurst entwickeln, dann ist das Zeug da unten gleich
nochmal das doppelte Wert auf 30 Jahre gerechnet.
Oder behauptest Du wirklich, daß die USA in den Irak einmaschiert
wären, wenn es dort kein Öl gäbe?
Zu blöd, daß das für die Menschen im Orient subjektiv genauso
wahrgenommen wird, wie wir es wahrnähmen, wenn Japan die Ölfelder von
Norwegen besetzte.


> Fanatismus, den Haß auf die westlichen Ungläubigen, den Haß gegen
> Israel.

Gut, jetzt bist Du selbst aber nicht mehr bei Madrid. Israel ist
meiner Meinung nach ein spezielles Kapitel: Israel ist aus vielen
Gründen ein viel intensiverer Konfliktherd als andere Regionen.

> Mein Weg funktioniert insoweit das du bei einer konsequenten
> Verfolgung der Terroristen die Zahl der Anschläge senkst bzw. ihre
> Auswirkungen verkleinerst.

Der Krieg in Afghanistan und Irak hat sicherlich viele Terroristen
getötet, aber vermutlich die dreifache Menge geschaffen.

> Wenn die Leute mit verstecken, wegrennen und überleben beschäftigt
> sind, wenn du ihre Finanzmittel einfrierst und ihre Organisationen
> für Ausbildung, Training und Logistik zerstörst wird es um einiges
> schwieriger Anschläge durchzuführen.

Ja. Wenn man sich dabei aber wie ein Elephant im Porzelanladen
benimmt, tut man sich und der Welt keinen Gefallen.
Es ist nur ein kleines, nein ein klitzekleines Detail: Die
amerikanischen Soldaten, die "offizielle" Schilder in Bagdad und
anderen irakischen Orten aufstellen, auf denen die Iraker als AliBaba
tituliert werden, sind saudumm. "No trespassing for Ali Babas!". Was
soll das? Klar, das führt nicht zu Terror, aber vielleicht verstehst
Du, was ich meine. Es kommt eins zum anderen. Es zeigt, wie der
Westen über sie zu denken scheint.


> Du kannst Fanatiker nicht zähmen, du kannst nicht mit ihnen
> verhandlen.

Nur weil man mit einer Hydra nicht verhandeln kann, soll man ihr
trotzdem erstmal fleissig die Köpfe abschlagen?

> Wenn du in ihrenAugen Schwäche zeigst werden sie härter und öfter
> zuschlagen.

Halbe amerikanische Armee in Bagdad und von offizieller
Regierungsstelle Pläne andeuten, dass als nächstes der Iran dran
ist... Das ist keine Stärke. Das ist Dummheit!

> Der denkbar schlechteste Weg ist es also irgendwelche Zugeständnisse
> zu machen.

Richtig. Man muss sie heimlich machen. Man sollte sich überlegen, ob
Coca Cola nicht vielleicht in den nächsten Wochen doch einfach mal
_etwas_ Wasser mit ihrem Werk in Indien für die Bauern übriglassen
sollte. Meine Güte welche blösse sich der Westen damit geben würde!
Milliardenschwerer Konzern nimmt Rücksicht auf 3.Welt-Bauern, was
soll da der Aktionär bloss von halten? Sind immerhin Beträge, die die
Portokasse belasten!
Was jetzt allerdings mit Spanien passiert ist, ist besorgniserregend:
Schwere Vorwüfe a la "Das ist nicht unser Krieg" gegen die
(mittlerweile Ex-)Regierung Aznar und offene Mißtrauensaussprachen -
das ist schlimmerweise eine Bestätigung für die Wirksamkeit der
Anschläge.


> Worte sind schon wichtig.

Natürlich sollte man einen Konsenz über die Worte haben. Was mich
gestört hat im Thread (geht nicht voll gegen Dich): Ich habe/hatte
zwar eine andere Definition von dem Wort Strafe, aber ich habe sehr
früh deutlich gesagt, daß ich nicht der Ansicht bin, daß den Toten
von Madrid "Gerechtigkeit widerfahren" sei. Und darin lag ja der
Stein des Anstosses. Nachdem ich unmißverständlich gesagt habe, was
ich tatsächlich _meine_, konnte ich diese Empörung über meine
Wortwahl nicht nachvollziehen. Egal, Schwamm drüber.


> Das mag teilweise gelten, nur was ist mit dem islamistischen,
> internationalen Terror dem es nicht darum geht irgendwelche
> Forderungen durchzusetzen, sondern unser Gesellschaftssystem zu
> zerstören?

Was ihm auch ganz hervorragend gelingt: Wenn man als eine unserer
größten kulturellen Errungenschaften unsere freiheitliche Demokratie
betrachtet, schafft es der Terror ganz gut, uns dazu zu bewegen,
selbige zu zerstören. Ironie des Schicksals?

> Dieser Kampf wird noch sehr lange gehen. 

Wieviele Länder sollen noch besetzt werden? Alle Schurkenstaaten?
Alle, in denen der CIA Terroristen lokalisiert?

Ich hab jetzt viel geschrieben, sende das mal besser ab.. :)

Gruss,

Joacher

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