Ansicht umschalten
Avatar von Gotan
  • Gotan

mehr als 1000 Beiträge seit 31.08.2000

Moralische Zensur

Man hoert es immer wieder, dieser Tage. Die Formel "Ruecksicht auf die
Opfer" dient als wirkungsvolle Zensur jeglicher kritischer, oder auch
nur unorthodoxer Aeusserungen. Noch schlimmer ist: "Wer selbst nicht
betroffen ist kann nicht ..." meist von jemandem kommend, der
genausowenig betroffen ist. Da wird gleich jegliche Kompetenz aberkannt
sich zu den Vorfaellen zu aeussern, wenn man nicht selbst Opfer ist.
Die dahinterstehende Logik ist nicht nachzuvollziehen, es gibt auch
keine. Das ist schlicht der moralische Rundumschlag, mit dem alles, was
nicht opportun ist, plattgewalzt wird.

Dabei sind es meist nicht Betroffene die solche Saetze in den Mund
nehmen, sondern Leute die ihre ureigenen Meinungen diesen Opfern
unterstellen, um sie so aufzuwerten. Anderes darf nicht gesagt, und
sollte nichteinmal gedacht werden.

Zum Thema:
Kann mal jemand der Ahnung hat eine Definition von Kunst anbieten?
Wenn man Kunst definiert, als einen Akt, der moeglichst viele Leute
beeidruckt oder beeindrucken soll dann laesst sich die Aeusserung schon
nachvollziehen. 

Zudem hat Stockhausen nie eine moralische Wertung des Verbrechens
vorgenommen, noch die Terroristen oder deren Tat rechtfertigt. Das
sollte auch nicht noetig sein, denn ueber diesen Aspekt, den Aspekt des
Verbrechens, kann Einigkeit vorausgesetzt werden. Er hat es sich
erspart, das zu wiederholen, was schon hunderte vor ihm gesagt haben,
und das wird ihm hier vorgeworfen.

Endlich bringt mal jemand einen neuen Beitrag zur Diskussion. Statt
sich nun inhaltlich damit auseinanderzusetzen wird gleich die Person
angegriffen, die Aussage mit dem Recht des moralisch Entruesteten
abgewatscht, und der neue Gedanke auf den Muell geworfen.
Dabei haette eine Diskussion darum moeglicherweise einiges ans Licht
gebracht. Z.B. wraum auf Fernsehsendern in aller Welt einen Tag lang
immer wieder dieselben Bilder wiederholt wurden, und von Menschen vor
den Fernsehern immer une immer wieder betrachtet wurden. Aber das
haette moeglicherweise uns als Voyeure des Grauens entlarvt. Nicht
besser als Gaffer bei einem Unfall.

Ist nun falsch was Stockhausen gesagt hat? Ist es richtig und wurde nur
zur Unzeit gesagt? Kann die Aussage, oder eine Diskussion darum,
helfen? Diese ganzen Fragen wurden gar nicht erst gestellt, das ganze
Thema gleich tabuisiert.

Was aber bringt das Tabu? Nachdem die Aussage Stockhausens einmal in
den Koepfen der Menschen ist, wird ein Tabu sie nicht daraus verbannen.
Auch das Nachdenken darueber wird nicht unterbleiben. Nur die
Diskussion wird unmoeglich gemacht. Zudem wurde die Aussage selbst
durch die Entruestung um sie eher weiter propagiert. Wer wirklich
Ruecksicht nehmen wollte, auf die Opfer, haette die Aussage besser
verschwiegen.

Frau Weiss macht es sich sehr einfach, sich in die "political
correctness" Ecke zu stellen und Stockhausen zu behandeln wie ein
unartiges Kind.


Bewerten
- +
Ansicht umschalten