nochmal die Definition:
Antisemitismus ist
- eine bestimmte Wahrnehmung von Juden
- die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann
- richtet sich in Wort und Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische […]
Der heiße Kern ist ja die Frage:
Kann es berechtigte Kritiken/Aktionen gegen Jüdisches geben, die von solchen zu UNTERSCHEIDEN sind, die aus Judenhass motiviert sind -- oder ist JEDE Kritik/Aktion gegen Jüdisches immer antisemitisch?
Die Definition scheint in ihrer schwammigen Vagheit auf Letzteres abzuzielen. Und das ist gewollt - denn so ist z.B. jede Kritik am Staat Israel böse.
Nehmen wir mal ein Beispiel an:
Jemand sieht im Fernsehen, was Israels Armee da mit den Palästinensern tut: hat also "eine Wahrnehmung von Juden" = Punkt 1 erfüllt.
Daraufhin bekommt er als humanistischer Mensch große Empörung.
Da es sich laut Definition als "Hass ausdrücken kann" - muss es offensichtlich nicht immer Hass sein, sondern andere Motivationen (wie seine humanistische Empörung) gelten auch = Punkt 2 erfüllt.
Daraufhin wird er aktiv, indem er auf die Ungerechtigkeit gegenüber den Palästinensern hinweist oder gar bei Aktionen mitmacht (wie BDS), d.h. er "richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische Personen oder Einrichtungen" = Punkt 3 auch erfüllt.
Tadaa - dieser Mensch ist Antisemit!
Die entscheidenden 2 Schwachstellen in der Definition, die zu diesem Schluss führen, sind bewusst eingebaut (jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass die fachkundigen Definitionsmacher das als Flüchtigkeitsfehler gemacht haben):
1. Das entscheidende Kriterium: Es MUSS aus Hass¹ gegen Juden motiviert sein - wird verwässert durch das "KANN sich als Hass gegen Juden ausdrücken" …
2. Und sie nehmen JEDE "Wahrnehmung von Juden" mit rein - ganz unterschiedslos, ob es sich um das Lesen eines verzerrenden Nazihetzblatts handelt oder um ganz nüchterne Faktenkenntnis, z.B. eine Fernsehdoku, die nur zeigt, was in Palästina passiert …
¹ etwas präziser: eine Haltung (die auch kalt, ohne heißen Hass sein kann), die gegen Juden ist, weil sie Juden sind …
P.S.:
Eigentlich sollte es gar keine speziellen Anti-XYZ-ismus Definitionen geben - sondern nur eine: Definition von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit = man sagt/tut was gegen Leute/Einrichtungen, nur weil sie einer bestimmten abgelehnten Gruppe angehören.
Eine spezielle Definition von Antisemitismus sollte es gar nicht geben - schließlich gibt's auch keine spezielle Definition von Antipygmäismus! Dass Antisemitismus so speziell herausgehoben wird, erweckt immer den Eindruck, als gäbe es besonders wichtige Premium-Opfer (die Juden) und nicht so wichtige Opfer ……………….
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (02.11.2019 21:04).