tja, interessanter Text, der sich einmal mehr am Unmöglichen versucht, irgendwie Kriterien erahnen zu wollen, was nun Kunst zur Kunst, und Trivia zur ebensolchen macht.
Dabei geht es dann wohl um eine irgendwie zu erahnende innere Kontextualisierung des Werks. Nun gut. Die scheint aber, wie ja auch der Autor vorsichtshalber selbst anmerkt, nicht zwangsläufig augenfällig zu sein. Bedarf es doch, wie er meint, einer Befähigung zur Rezeption von Kunst:
so diese Leserin und dieser Leser denn zum Genuss der Kunst befähigt ist.
Da mag was dran sein. Wer einmal versucht hat, den Louvre im Schnelldurchgang eines Wochenendes zu durchhetzen, wird rasch merken, dass diese Befähigung schnell nachlässt, und man am Abend die Werke des Leonardo DaVinci und des Rene Goscinny irgendwie ähnlich empfindet. Innere Kontextualisierung hin oder her ... ;)
Kontextualisierung ist also nicht allein eine Sache des Werks, sie spielt wohl auch auf der Seite seiner Rezeption eine gewisse Rolle. Und die ist längst nicht so profan, wie im obigen Beispiel, auf physische und perzeptive Erschöpfungszustände beschränkt.
Man mag es kaum in Worte fassen, aber auch die Rezeption, ebenso wie das Aufspüren dieser inneren Kontextualisierung, sind ihrerseits doch stark abhängig vom Kontext, in dem sie stattfinden. Das Werk steht ja nicht über der Welt, es steht in den Stürmen der Zeit in der es aufgenommen wird, ebenso wie die Rezipienten selbst eine Haltung und eine Wahrnehmung ihrer Zeit in die Rezeption des Werks einfliessen lassen. Auch die stehen nicht über der Welt.
Und da schliesse ich mich auch durchaus dem Autor an. Grosse Kunst ist über die Profanität jeder Gegenwart hinweg wahrnehmbar, auch wenn ihre Interpretation sich im Licht der Gegenwarten färbt. Das macht sie zur grossen Kunst.
Nur, was ist mit der kleinen Kunst ? Der Kunst, die vielleicht nicht die Kraft hat, sich dem Kontext der Rezeption in allen Fällen widerständig entgegen zu stellen. Kann die dann weg ? Ich finde nicht. Im Gegenteil, gerade diese Kunst braucht die Freiheit der Kunst, um zu sein. Und sie braucht den Zweifel auf ihrer Seite. Weil niemand das Urteil über ein Werk in dieser Absolutheit gepachtet hat:
Die Freiheit der Kunst endet da, wo die Kunst endet. Und das Gedicht ist wie bei Karadžić keine Kunst, sondern plattes Dummzeug, das genau so gemeint ist, wie es geschrieben wurde.
Auch wenn ich die Wertung von Lindemanns Texten nicht so eindeutig sehe wie der Autor, möchte ich mich trotzdem für den Text bedanken. Es war anregend ihn zu lesen, und es war anregend auf ihn zu antworten :)