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Avatar von /Rak
  • /Rak

mehr als 1000 Beiträge seit 26.10.2001

Schuld trägt auch die zuständige Verwaltung vor Ort dort...

... die Genehmigungen für den Bau an vielen problematischen Stellen in diesem Kerbtal überhaupt erst erteilt hat. Obwohl dort etwa alle 100 Jahre extrem katastrophale Hochwasser immensen Ausmaßes statt finden. 70 katastrophale Hochwasser in 500 Jahren. Und das von 1804 (70 Tote..) oder das von 1601 waren noch wesentlich heftiger als das von 2021. (Und mittlerweile darf dort ja auch nicht mehr wieder aufgebaut werden an vielen Stellen!). Das letzte massive Hochwasser war dabei 1910, mit 52 Toten und vielen zerstörten Häusern. Die Gefahr war also durchaus bekannt - gebaut werden durfte dort trotzdem an der "schönen Lage". Eine eigene Schuld trifft aber auch die, die dort gebaut oder gekauft haben im Überschwemmungsgebiet ohne sich über die Hochwassergefahren näher zu informieren.

Schuld haben aber auch jene, welche die Flurbereinigung der 1970er zu verantworten haben. Die haben dafür gesorgt, dass Terrassen eingeebnet wurden in den Weinbergen, dass man dort betonierte Abflussrinnen gebaut hat, teilweise senkrecht den Berg runter. Und gleichzeitig wurden die kleinen Bäche und Rinnsale in der Gegend begradigt. Macht natürlich die Landwirtschaft dort viel einfacher, so eine Flurbereinigung - sie sorgt aber auch dafür, dass das Wasser quasi ungebremst den Berg runter schießen kann. Was dann das Hochwasser im Tal unten noch mal deutlich verstärkt.

Schuld haben die, die trotz vorhandener Technik noch immer kein echtes Warnsystem aufgebaut haben. Denn die Bevölkerung rechtzeitig vor dem Hochwasser zu evakuieren ist da eigentlich ein Klacks - die Leute müssen einfach nur aus dem Tal raus und 2km bis 3km den Berg hoch aufs Plateau gebracht werden. Dabei gibt es da keine riesigen Großstädte - sondern vor allem eher kleinere Gemeinden.

Es gibt also so viele Schuldige bei dieser Katastrophe.
Und ein Innenminister, der dann nicht weiter handelt, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist und wenn das Hochwasser dann da ist und die Gebäude weggespült worden sind, der ist da nur ein weiteres kleines Rädchen im Getriebe der ganzen Katastrophe. Von daher würde ich hier jetzt kein zu großes Fass aufmachen deswegen. Oder gar ihn als Sündenbock hin stellen.

Und es reicht vermutlich nicht, wenn der Innenminister in spätestens so ca. 100 Jahren, beim nächsten Katastrophen-Hochwasser, dann rechtzeitig auf einen USB-Stick (oder was man da so hat) mit einem Video reagiert. Da muss eigentlich schon vorher im Ahrtal sehr viel mehr passieren um Tote und weggespülte Häuser und Brücken zu verhindern. Ein bisschen was tut sich ja schon, inkl. teilweiser Renaturierung von Bächen. und einzelne Häuser müssen auch wo anders neu gebaut werden. Aber ob das reicht, das wage ich mal zu bezweifeln.
Vor allem ist die Frage, was die Menschen dann 2120 so machen werden. Ob die sich noch groß dran erinnern, was 2021 oder 1910 oder 1804 war - oder ob bis dahin auch schon wieder exklusive Lagen mit unverbaubarem Zugang zum Flussufer vermarktet werden...

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (09.10.2022 22:48).

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