Der Transhumanismus ist nichts anderes, als des Kaisers neue Kleider:
Auch wenn es vielen nicht gefällt, den Beginn des beständigen ideellen und materiellen Überschreitens von Naturgrenzen weit in die Geschichte zurückzuverlegen: Aber die heutigen Industriegesellschaften sind alle die Fortsetzung einer Gesellschaftsentwicklung, die nur durch fortgesetzte Expansion in fruchtbare Gebiete (nicht Wüsten) möglich war und dann aber überall auf der Welt verwüstete Gebiete hinterließ. Selbst die kulturell hochstehenden Römer haben nicht nur ihr eigenes Land in Halbwüsten verwandelt, sondern alle von ihnen ausgebeuteten Länder vom Vorderen Orient bis nach Irland. Der Klimawandel heute erscheint nicht im geringen Grad Folge dieser ackerbaulich orientierten Entwaldung zu sein, auch wenn diese bei den, auf unmittelbare Emissionen in der Gegenwart fixierten , Klimatologen und Politikern, immer noch keine Rolle spielt.
Grenzen zu überschreiten signalisierte seit tausenden von Jahren Wohlfahrtsversprechen (gepaart mit Partystimmung), die am Ende nur für wenige eintraten und für den großen Rest nur Krieg und Verwüstung der Lebensräume bedeutete.
Das, was ich an dem ansonsten überaus umsichtigen Artikel des Autors für unbefriedigend halte, ist, dass er den seit Jahrtausenden gleichen Zweck der Überschreiten der Naturgrenzen nicht klar benennt, nämlich dass der Mensch mit dieser Formel getäuscht werden soll und auch getäuscht wird, nämlich dass er als realer Teil der Natur - als Biosphäre und Gesamtsystem der geophysikalischen und belebten Umwelt – diese Grenzen niemals wird überschreiten können, sondern sich damit abzufinden hat, dass er nur im Konnex mit einer von ihm fürsorglich behandelten Natur (als eigene Natur, Ökosysteme und Biosphäre) überleben und ein friedlicheres Leben in allgemeiner Wohlfahrt erlangen wird.
Wie Nietzsche und andere (rassistische) Übermenschenerfinder versucht der Transhumanismus den Menschen vorzumachen, dass sie sich als Mängelwesen über die Natur erheben müssten und dies mittels linear-instrumentellen-technischen Denkens auch könnten.
Was dabei herauskommt ist einerseits ein Geschwurbel an phantastischen Möglichkeiten, weil die Behauptung, Menschen seien Mängelwesen, nur aufrechtzuerhalten ist, wenn man weiss, worin der Idealmensch besteht. Aber dieser kann ohne Konnex zur Umwelt nicht gedacht werden. Das gleiche Problem hatten schon die Marxisten, speziell Adorno mit seinem Begriff vom „falschen“ Leben, wofür er jedoch die Ausformulierung des „richtigen“ Lebens schuldig blieb und aufgrund seiner anthropozentrischen, für die Abhängigkeiten von der Natur blinden, Position, auch schuldig bleiben musste (siehe Dialektik der Aufklärung).
Die andere Implikation technisch-instrumentell verkürzten, nicht-systemischen Denkens, ist die Selbstermächtigung zum „Übermenschen“, der anderen, den „Sklavenmenschen“ (wie bei Nietzsche) sagt, wo es lang gehen könnte und vor allem sollte.
Und die ganze transhumanistische Konzeption zielt letztlich darauf ab, die Masse der Menschen von ihren natürlichen Lebensgrundlagen abzuschneiden, diese, und ihre Produkte, in profitable Güter zu verwandeln und, um dies gesellschaftlich realisieren zu können, den mündigen Staatsbürger als sozial, politisch und rational souveräne Wesen zu zerstören – wie es den Faschisten im 3.Reich mit rassistischem, wissenschaftlich fundiertem Herrenmenschentum, gelungen ist.
Was Rationalität und Irrationalität anbelangt, muss dem Autor widersprochen werden: Der homo ökonomikus handelt nur in einem ganz spezifischen Sinne rational, nämlich darin, dass ihm das unmittelbar Nützliche wichtiger ist als das vermittelte oder langfristig Wichtige.
Und der Mensch ist keinesfalls, wie der Autor schreibt, „ein eher irrationales Wesen, das Entscheidungen zuerst intuitiv trifft, bevor die Vernunft als unser Pressesprecher auftritt“. Das ist die gegenaufklärerische Position von Nietzsche, worin ein freier Entscheidungswille auf der Basis von Tatsachen abgelehnt wird.
Vielmehr folgt auch die emotionale und intuitive Entscheidung einer gewissen Rangordnung von Werten, in der Solidarität, Toleranz, Empathie, Werte des Gemeinschaftlichen, Kooperation und gegenseitige Hilfe, ganz oben stehen können, wenn die Gesellschaften nicht anderes befürworten, vorschreiben oder, wie mit dem Transhumanismus und der Umstellung auf Krieg, erzwingen.