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  • Levski

mehr als 1000 Beiträge seit 20.08.2001

Einige Bemerkungen

Populistisch

Wenn man diesen Vorwurf nicht weiter begründet, ist er nur das übliche Schimpfwort des deutschen Mainstreams gegen alle, die nicht auf ihrer Linie sind.

Bereits zweimal hat der Vorsitzende der rechtsgerichteten Partei "Bürger für eine Europäische Entwicklung Bulgariens" (GERB) sein Mandat als Ministerpräsident vorzeitig aufgegeben. So stand nicht unbedingt zu erwarten, dass er mit dem Versprechen von "nachhaltiger Politik" für ein "stabiles Bulgarien" zum dritten Mal den Regierungsauftrag der Bulgaren erhalten würde.

Nein. Er ist zurück getreten, weil er noch Prinzipien und Rückgrad hat. Und deshalb wurde er wieder gewählt. Die Bulgaren sind ziemlich kritische Wähler, Populisten werden schnell erkannt und verschwinden in der Versenkung. So geschehen mit einigen Parteien, die sich nach 1989 "demokratisch" nannten, aber ausser internem Gezänk nichts auf die Reihe gebracht haben.

Gerade auf dem Gebiet der Korruptions- und Verbrechensbekämpfung fällt die Bilanz von Borissovs Amtszeiten als Regierungschef von 2009 bis 2013 und 2014 bis 2016 mager aus. Zuletzt hat der halbjährlich von der Europäischen Kommission vorgelegte Evalutionsbericht zum Stand Inneres im Januar 2017 das Fehlen rechtskräftiger Verurteilungen von Vertretern der höheren Etagen der politischen Macht wegen Korruption bemängelt.

Immerhin besser als die BSP, die mit ihren alten kommunistischen Seilschaften sozusagen die Mutter der Korruption ist. Wie sieht es denn mit der Korruption in Brüssel aus? Die fällt doch nur deshalb nicht so auf, weil sie seit Jahrzehnten institutionalisiert und Teil des Systems ist. Vom Umfang her dürfte sie wesentlich grösser sein. Beispiel: Steuerflatrate in Luxemburg für die Finanzindustrie: 0,2%

Vor einigen Jahren hat Boiko Borissov mit dieser Tradition gebrochen und die versammelte Journaille kurzerhand versetzt.

Bravo, da wünsche ich mir auch für Deutschland!

Noch am Tag vor der Wahl blockierten GERBS nationalistisch-patriotische Bündnispartner in spe den bulgarisch-türkischen Grenzübergang Kapitan Andreewo, um bulgarischstämmige Türken an der Einreise zur Stimmabgabe zu hindern. Antiziganistische und antitürkische Agitation gehört bei den nationalistischen Patrioten zum Programm.

Da spricht mal wieder der pseudolinke, ahnungslose Wessie. Es gibt in Bulgarien schon lange eine Partei der türkischen Minderheit. Und die hat immer wieder bei den Wahlen Zigeuner bestochen, damit sie gewählt wird. Diese Partei hat aber weniger etwas mit Minderheitenrechten zu tun, auch nicht mit Erdogan. Sie ist so etwas wie die deutsche FDP, war seit 1989, als "Zünglein an der Waage", immer wieder mit der BSP und anderen in der Regierung. Das ist ein Korruptionsverein.

Dann gibt es eine für diese Wahlen extra neu gegründete andere Türkenpartei, die für Erdogans Osmanischen Imperialismus Werbung macht. Und dafür wurden Türken in Bussen zur Stimmabgabe über die Grenze gebracht. Die wurden behindert. Richtig so und Gott sein Dank sind sie ohne Bedeutung. In Deutschland hat man sich aufgeregt, weil die Türkei Werbung für türkische Wahlen macht. In Bulgarien hat sie versucht die bulgarischen Wahlen zu beeinflussen.

"Ich kann nicht verstehen, warum die Bulgaren immer Parteien wählen, die bei ihren Versuchen, eine rechtsstaatliche Demokratie aufzubauen, die Wohlstand schafft und Korruption bekämpft, gescheitert sind", wunderte sich Klaus Schrameyer gegenüber der Deutschen Welle. Er war Anfang der 1990er Jahre als deutscher Diplomat in Sofia tätig.

Jetzt könnte ich zynisch sagen, die Bulgaren orientieren sich am Vorbild Deutschland. Aber ohne Zynismus: In heutiger neoliberaler Zeit ist es sehr schwer gegen den Strom zu schwimmen.

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