In einem anderen Artikel wird Sigmar Gabriel zitiert:
Der ehemalige SPD-Politiker Sigmar Gabriel erklärte, Donald Trump sei keineswegs ein Mann von gestern, sondern ein Kind seiner Zeit: "Er merkt, dass die liberale Weltordnung, der Multilateralismus zu Ende geht. Viele Leute im Globalen Süden verstehen unsere Probleme nicht und Amerikas Rolle funktioniert auch nicht mehr. Und das immer wieder Beschwören der moralischen Weltordnung, die es gar nicht mehr gibt - das macht es für die Demokraten ungeheuer schwer."
Ich finde, da hat er einen richtigen Punkt angesprochen. Der Wohlstand des sog. Westens basiert auf der US-Hegemonie, wodurch die vorteilhafte Ausbeutung des Globalen Südens und somit ein Großteil des Reichtums generiert wird (Gabriel nennt das Konstrukt "liberale Weltordnung"). Oder werden konnte? Allerdings würde ich gerade nicht von "Multilaterismus", sondern "Unilateralismus" sprechen. Denn wenn sich mit der BRICS und anderen nichtwestlichen Staaten und Staatenbündnissen eine neue Gegenkraft herausbildet, geht das mit dem Multilateralismus ja erst richtig los!
Dieses Unverständnis der "moralischen Weltordnung" bei den Nicht-Westen-Ländern fußt vor allem darauf, dass die Länder, in denen die USA seit dem Ende des Kalten Kriegs interveniert haben, allesamt keinen höheren Wohlstand dadurch generieren konnten. Es ist im Gegenteil meist sogar noch schlimmer gekommen. Und dann kommt die immer deutlichere Doppelmoral zum Tragen: man predigt Freiheit und Demokratie, aber mit autokratischen ("undemokratischen"?) Staaten macht man heftigst Bündnisse und Geschäfte, wenn es in den Kram passt. Internationale Verträge werden auch zunehmend versucht, sehr kreativ auszulegen. Das kriegt der globale Süden ja alles mit.
Für mich hat Trump auch ein Kuriosum erzeugt. War er nämlich nicht der Präsident seit dem 2. WK oder zumindest seit Jahrzehnten, der als einziger keinen bewaffneten Konflikt gestartet hat? Und sogar im Gegenteil NATO-Truppen aus Europa abziehen wollte?
Trump ist und bleibt unberechenbar. Vor allem China bzw. der Westpazifik-Raum wird sich "warm anziehen" müssen. Das war ja sein erklärter Lieblingsfeind (neben Deutschland, dem Land seiner Vorfahren, das diese Rolle aber verloren haben dürfte angesichts seiner stark gesunkenen internationalen Bedeutung und der unwirksamen Außenpolitik).