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  • Tired

mehr als 1000 Beiträge seit 17.07.2000

Re: Um dem Job hinterherzuziehen braucht's Vertrauen in die Zukunft

steinschlag schrieb am 03.04.2017 21:12:

Manchmal muss ich selbst als Arbeitgeber den Jungs den Kopf waschen, wenn sie wieder mit geradezu hündischen Gehaltsvorstellungen vorstellig werden. Kapiert denn niemand, dass das eine Abwärtsspirale ist, die nicht nur den Unterbezahlten selbst schadet, sondern sich negativ auf das Gehaltsgefüge aller auswirkt?

Da sind Sie eine löbliche Ausnahme, wenn Sie das erkannt haben und als Unternehmer dann freiwillig mehr bezahlen.

Der Normalfall heute ist, den Mitarbeiter möglichst günstig einzustellen und ihn möglichst auch auf dem Level zu halten. Bis auf wenige Führungskräfte, die dann auch gewisse Gestaltungsmöglichkeiten haben und Einfluss auf die Prozeßgestaltung nehmen können, sind die meisten Mitarbeiter im einfachen "Sachbearbeiter"-Niveau heute dank EDV-unterstützter Arbeitsplätze jederzeit mit nur geringem Einarbeitungsaufwand ersetzbar.

Die Vorgabe in kleinen und mittelständischen Unternehmen lautet heute:
"Industrie 4.0" ==> Automatisierung, wo es nur geht, um die bisher einfachen Jobs vollends ganz los zu werden und mit wenigen Fachkräften (Konstrukteure, Ingenieure) und ein paar schlecht bezahlten Maschinisten den Laden am Laufen zu halten.

Und irgendwann werden wir auch den Verkaufsachbearbeiter am Telefon nicht mehr brauchen, weil der Kunde seine Bestellung entweder über intelligente Webshops oder per direkter Anbindung ans Warenwirtschaftssystem des LIeferanten direkt bestellt.

Ich darf mich selbst als IT-ler (noch) zu den Profiteuren dieses Umbruchs zählen, aber vor uns wird diese Entwicklung irgendwann auch nicht mehr Halt machen, auch bei uns gibt es Prozesse, die automatisierbar sind.

Die Frage lautet dann: Was machen wir mit den ganzen im Produktionsprozeß überflüssigen Menschen? - Sind wir in der Lage, unser Denken umzustellen und von der 40 auf die 25 Stunden Woche zu wechseln, ohne die nächste Neiddebatte vom Zaun zu brechen. Die Aufgabe, nach dem Ende der Vollzeiterwerbstätigkeit Millionen von Menschen einen anderen Lebenssinn zu vermitteln, stelle ich mir als gesellschaftliche Mammutaufgabe vor. Vor allem, das besonders uns Deutschen eingeimpfte Denken zu ändern, dass nur derjenige Essen soll, der auch arbeitet und dass diejenigen, die nicht arbeiten, erstmal immer selbst schuld sein sollen.

Ein Problem in den Führungsetagen ist dieses Denken in Quartalszahlen und Jahresabschlüssen. Das Ziel ist doch immer, mehr Umsatz und/oder mehr Gewinn am Jahresende auszuweisen und da viele angestellte Manager einfach nicht mehr den Bezug und das KnowHow zum Produkt haben, versuchen sie eben, die Steigerungen nicht durch mehr Umsatz, sondern durch weniger Kosten zu erreichen.

Die Meisten wissen, daß IHRE Kosten der Umsatz von jemand anderem sind, genauso wie IHR Umsatz die Kosten von jemand anderem sind, aber betreiben hier, so wie es auch Deutschland insgesamt durch seine Lohnpolitik mit seinen europäischen Nachbarn tut, die Politik des "Baggar thy neighbour". Jeder versucht, die eigenen Kosten zu drücken und hofft auf den anderen, der dabei nicht schnell genug ist und von dem er ein Stück Umsatz klauen möchte.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (04.04.2017 15:06).

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