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mehr als 1000 Beiträge seit 19.09.2002

Politischer Mensch

ThePrincess schrieb am 10. April 2003 9:22

> [Leo_Plegger:]
> > Der Krieg gegen den Terror ist schon ernst zu nehmen. Dieser Krieg
> > wird nichtzwangsläufig mit Armeen geführt. 

> Nur ist das was die USA im Irak aufführen mit Sicherheit kein Krieg
> der wegen der Terrorbekämpfung geführt wird.

Ich denke schon, dass das eine Rolle spielt - der 11.9.,
Israel/Palästina und die Gefahr gewollter oder ungewollter
gegenseitiger Unterstützung von säkularem Ba'ath-Reeime und
internationalen Terrorgruppen. Natürlich auch der Zugang zum Öl;
warten wir ab, wer in einem Jahr oder so die Hähne auf- oder zudreht,
dann sehen wir ja, wie sehr die US-Regierung diesen Krieg zur
Bereicherung einheimischer Konzerne geführt hat oder nicht.

> > Gegenüber Nordkorea suchen
> > die USA und nicht nur sie andere Wege des Containments.

> Aus bekannten Gründen. Und genau das zeigt, daß die USA hier mit
> zweierlei Maß messen.

Ist Nordkorea der Irak? Nein. Zwei Staaten, zwei Regionen, zwei
Geschichten, zwei Maßstäbe. In den Elfenbeintürmen weltabgewandter
Grosser Denker mag das einheitliche Maß für alle Situationen
wünschenswert erscheinen, in der Realität konkreter politischer
Maßnahmen ist es das nicht.

> > Gute Frage, ich weiß nicht. Im August schien mir ein Alleingang der
> > Amerikaner ohne UN-Mandat eine der schlimmstmöglichen Entwicklungen.
> > Ich habe dieses Gefühl schon lange nicht mehr. 

> Und warum? Ist Dir die Rolle der Weltpolizei die nach Gutdünken
> waltet und schaltet lieber?

Nein. Ich habe aber den Eindruck, dass es auch nicht so geht, dass
Mururoa-Jacques und Tschetschenen-Wladi den wiedergeborenen George
erst aus Machtkalkül an operativem Vorgehen hindern wollen, um dann,
wenn er sich über die Bedenken nach einem halben Jahr endgültig
hinwegsetzt zum einen zu fordern, dass der amerikanische Einmarsch in
Bagdad nicht "triumphal" sein dürfe (Frankreich) oder zu erklären,
dass man den amerikanischen Erfolg wünsche und die Beziehungen durch
den vorher hoch aufgehängten Völkerrechtsbruch keinesfalls Schaden
nehmen dürften (Russland).

> > Nicht, dass es mir
> > egal wäre, doch mein Blick auf die UN hat sich etwas gewandelt, auch
> > unter dem Eindruck, dass Legitimität und Illegitimität eventuell nur
> > von der Tagesform des Präsidenten der Französischen Republik
> > abhängen.

> Das ist m.E. eine sehr vereinfachte Darstellung der Dinge.

Jaaaaa. Dies ist ein Internet-Forum.

Es ist halt so, dass die Veto-Mächte zwar nichts konstruktiv bewegen
aber alles Konstruktive stoppen können mit ihrem Veto. Ob sie es
einlegen hängt in allen Fällen letztlich von einer Person bzw. über
undurchschaubare Wege zu Entscheidungen kommenden nationalen Gremien
ab.

> > Das Völkerrecht ist ein merkwürdiges Ding. Es legitimiert Sanktionen,
> > denen 1 Million Iraker, darunter 500.000 Kinder, zum Opfer fallen.

> Davon war ich auch nicht begeistert, aber vergiß nicht, daß
> ausgerechnet Deine "humanen" USA ganz groß auf ebendiese Sanktionen
> gedängt haben. 

Es sind nicht "meine humanen" USA, das bitte ich zu beachten. Ich
versuche nur, andere Positionen darzustellen.

> Daß es überhaupt eine Minderung der Not durch das "oil
> for food" Programm gegeben hat ist nicht den USA zu verdanken.

Dass es überhaupt UNMOVIC-Inspekteure im Irak gab musste gegen
Widerstand seitens F, RUS und China durchgeboxt werden. Diese hätten
jederzeit auch ein Veto gegen die Sanktionen einlegen können.

> > Diese Toten sind legal zum Tode befördert worden. Dagegen verbietet
> > das Völkerrecht, dem Regime des Herrn Hussein gewaltsam ein Ende zu
> > machen, was erheblich weniger Menschen das Leben kostet(e) und die
> > Sanktionen beendet.

> Das ist ja nett dargestellt. Tatsache ist doch, daß ein Regime nur
> durch ein anderes abgelöst wird. Der Krieg ist nicht geführt damit es
> den Irakern besser geht, sondern die USA in dieser Region mehr Macht
> und Einfluß gewinnen (und Zugang zu Resourcen).

Womit es den Irakern eher besser gehen dürfte als unter Hussein. Aber
es ist wohl noch zu früh, es kann auch sein, dass die ganze Chose
noch den Bach runter geht.

> Und Angriffskrieg bleibt Angriffskrieg.

Ja, aber Angriffskrieg ist nicht gleich Angriffskrieg.

> Wenn es darum gegangen wäre dem irakischen Volk zu helfen hätte es
> jede Menge andere Möglichkeiten gegeben.

Welche?

> > > Was ist denn in Deinen Augen ein autoritär geführter Staat?
> > 
> > Einer ohne Gewaltenteilung wie wir sie kennen, einer ohne definierten
> > Regelprozess, der den periodischen, unblutigen Machtwechsel
> > ermöglicht, einer, in dem die Menschen keine Sicherheit vor
> > Übergriffen der Organe des Staates haben (du hast nach mir gefragt;
> > in politischen Lexika finden sich vermutlich andere Definitionen).

> Also gerade in letzterem Punkt gibt es einige "demokratische" Staaten
> in denen das auch der Fall ist.

Die USA geben zur Zeit kein leuchtendes Beispiel, das ist wahr.
Frankreich hat sich mit der Versenkung der Rainbow Warrior auch nicht
mit Ruhm bekleckert. In allen westlichen Staaten kommen Übergriffe
seitens staatlicher Organe in mehr oder weniger ausgeprägter Form
vor. Der Unterschied zu nicht-demokratischen Staaten ist, dass diese
Übergriffe immer illegal sind bzw. per Gericht wenigstens versucht
werden kann, sich gegen sie zur Wehr zu setzen. In den meisten
Diktaturen gehören sie dagegen zum täglichen Handwerkszeug, dem die
Bevölkerung hilflos ausgeliefert ist. Aktuelles Beispiel Kuba.

> > Aber zwei Drittel der Vertreter der Staaten sind nicht durch dieses
> > Prinzip zu UN-Botschaftern geworden, in ihren Ländern ist dieses
> > Prinzip nicht in Kraft. 

> Ja und? Was spielt das für eine Rolle in diesem Punkt?

Sie haben keine Legitimation (jaa, die ist einem mal wichtig und mal
nicht).

> > Daher halte ich demokratische Ambitionen der
> > UN für eher unglaubwürdig; ich sehe keinen Grund, warum sich die
> > Vertreter wirklicher Demokratien mit denen von Diktaturen in einen
> > wegen der Mehrheitsverhältnisse nicht zu gewinnenden 'demokratischen'
> > Kampf begeben sollten.

> Vielleicht weil ein demokratischer Staat auf den Prinzipen der
> demokratie beruht und darin auch seine Stärke hat und dieses
> Staatsprinzip nicht nach Gutdünken über Bord werfen sollte?

Nicht nach Gutdünken, doch warum sollen die Demokratien immer zu
ihrem Schaden die Rolle des Gentlemans spielen, während die
Diktaturen alle Vorteile der Gangster geniessen? (Bei Churchill
gelesen, glaub ich).

> PS Bei der ganzen Diskussion hier werd ich noch richtig zum
> politischen Mensch :-)

Schöne Sache. Ich empfehle Diskussionen mit denen, die Leo_Plegger
eine Troll und Menschenschinder nennen.

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