Wenn den Nahost-Konflikt wirklich verstehen will, kommt um zwei Sachen nicht herum:
Der Begriff Gemeinde. Heute ist man als deutscher Christ ein Mitglied von zwei Gemeinden (also der Ort und die jeweilige Kirchengemeinde) und hat i.d.R. mit beiden nicht wirklich etwas zu schaffen. Man zahlt seine Steuern, geht ab un zu vielleicht in die Kirche und hat dort oft nur den Prediger als Bezugspunkt.
Das war bis zur Moderne einmal anders: Damals gab es nur eine Gemeinde, die gleichzeitig der Dreh- und Angelpunkt des eigenen Lebens war. Diese Gemeinden verwalteten sich auch weitestgehend selbst. Der Adel beschützte die Gemeinden nur und war für die Blutgerichtsbarkeit zuständig. In Osteuropa gab es auch jüdische Dörfer. Im Westen existierten die jüdischen Gemeinden außerhalb der christlichen Hierarchie und hatte dafür das Privileg mit Tätigkeiten Geld verdienen zu dürfen, die Christen untersagt war, weil diese moralisch anrüchig waren. Die lukrativste Tätigkeit war hier der Geldverleih gegen Zinsen. Christen durften damals aus der Not eines Glaubensbruders keinen Profit ziehen. Wer sich also bei Freunden kein Geld mehr leihen konnte, der mußte zum Juden gehen. Aber Juden waren auch Händler. Die jüdischen Gemeinden im Mittelalter waren gut vernetzt und die Juden konnten i.d.R. unbehelligt zwischen diesen Gemeinden reisen. Während der christliche Durchschnittsmensch in seinem Leben kaum weiter als die Nachbarorte seines Dorfes reiste, waren die Juden vergleichsweise die Kosmopoliten des Mittelalters.
Die Privilegien des Mittelalters führten dazu, dass die in der Antike noch missionarischen Juden sich gegen ungebetene Trittbrettfahrer abschotteten. Wessen Mutter keine Jüdin war, der konnte auch nicht Mitglied der jüdischen Gemeinde werden.
Kurzer Abriss der Geschichte:
Im Altertum gab es jüdische Völker und kurzzeitig auch einen jüdischen Staat im heutigen Palästina. Nach der Geschichtsforschung übertreibt die Bibel aber maßlos dessen Bedeutung. Es war eher ein weitestgehend von den damaligen Großmächten abhängiges Königreich. Im damaligen Palästina lebten und herrschten auch andere Volksgruppen.
Ab der Eroberung der Römer vor unserer Zeitenwende gibt es keinen jüdischen Staat bis zur Gründung von Israel nicht mehr. Im Selbstverständnis der Juden wird das gelobte Land ein virtueller Ort. Das reale Palästina spielt für die Juden außerhalb von Palästina keine Rolle. Es sind eher die Christen mit ihrem Kreuzfahrten, die das heilige für ihre Religion erobern wollen.
Mit der Aufklärung und dem Schritt in die Moderne ändert sich alles. Die wohlhabenden Juden in Westeuropa sind die großen Gewinner dieses Wandels. Da der Wert des Geldes steigt und gleichzeitig der Wert von Handwerkskunst und körperlicher Arbeit sinkt, etablieren sich die Juden dort im Bürgertum bis Großbürgertum. Weit überproportional viele Fabnkanten, Rechtsanwälte, Kaufmänner und Kaufhausbesitzer sind Juden. Jude wird mit vermögend assoziiert. Für diese Leute wird der Kontakt und Austausch mit ihren christlichen Geschäftspartnern immer wichtiger. Umgekehrt schafft der Systemwandel auch Verlierer. Der Adel, der im Mittelalter die höchste und mächtigste Gesellschaftsschicht, verarmt und wird an den Rand gedrängt, wie auch Handwerker, Bauern oder das einfache Volk. Das schafft auch böses Blut.
Das Hauptproblem für die jüdische Gemeinschaft kommt aber von den Juden selbt. Die Landflucht treibt auch die orthodoxen, osteuropäischen Juden in die Großstädte. Diese kritisieren dort den Sittenverfall, dass sich die Juden mit den Christen einlassen und erwarten dass die Gemeinde ihren die Teilhabe an dem neuen Reichtum ermöglicht.
Der Konflikt droht die jüdische Gemeinschaft zu zerstören. Da erfindet Theodor Herzl aus Österreich-Ungarn im Jahre 1896 den Zionismus. Das gelobte Land soll wieder ein realer Staat werden, indem die Juden nach ihren eigenen Regeln leben dürfen. (Orthodoxe) Juden können dort hinziehen, um diesen Staat zu verwirklichen. Die Anderen sollen dafür "wirken", dass dieser Staat errichtet werden kann. Schnell wird Palästina zu diesem Ort.
Die ersten Siedler werden vom Sultan noch begrüßt, weil der sich eine ähnliche Entwicklung erhofft, wie damals in Ostdeutschland mit den Hugenotten.
Schnell stellt sich aber heraus, dass die "Neuen" sich an keine Regeln halten wollen und Konflikte zu den Einheimischen aufkommen.
Einen großen Schub gibt es dann im Ersten Weltkrieg. Das klamme GB verspricht den Juden ihren Staat in Palästina, wenn diese die britische Seite mit Geld unterstützen. Gleichzeitig geistert ein Lawrence von Arabien durch die Lande, der den Arabern einen eigenen Staat verspricht.
Der Krieg wird gewonnen und Palästina als Kriegsbeute ein britisches Mandatsgebiet.
Die Briten werden mit ihrer Beute nicht glücklich. Die Juden pochen auf einen eigenen Staat und wollen sich nicht mit irgendeiner halbgaren Lösung unter britischer Herrschaft zu frieden geben. Dafür hätte man ja nicht nach Palästina ziehen müssen.
Es beginnt ein Terrorkrieg gehen die nicht-jüdische Bevölkerung und die Briten.
Im Dritten Reich wird dann allen Juden der Zionismus unterstellt und dieser Bevölkerungsteil diskriminiert, marginalisiert und entrechtet. Im Schatten des Zweiten Weltkriegs wurden dann Millionen Juden entwurzelt und ermordet.
Damit setzte dann noch ein erheblicher, zusätzlicher Migrationsdruck und entsprechende Spannungen in Palästina ein.
Mit Gründung der UN versuchte man das Mandatsgebiet noch durch britische und amerikanische Truppen zu befrieden, die aber auch zum Hauptziel der israelischen Terroristen wurden.
Es folgte die Aufgabe des Mandatsgebiets und die Idee der Zweistaatenlösung. Die Anerkennung Israels beinhaltete aber die Wahrung der Rechte der Palästinenser, die im neuen Staatsgebiet lebten und dort ihr Haus und Grund hatten.
Es folgten Diskriminierung, Mord und Verteibung von Palästinensern. In Israel wird das als "weggegangen Platz vergangen" uminterpretiert. Die Palästinenser hätten freiwillig, in der Erwartung des nahen Sieges, ihr Hab und Gut zurückgelassen und man könne ja einfach diese Liegenschaften in Besitz nehmen.
Damals gab es entsprechende UN-Resolutionen, die ein Rückkehrrecht der Palästinenser beinhalteten. (Und natürlich von allen Parteien des Sicherheitsrates mitgetragen wurden.)
Seit dem lebt ein erheblicher Teil der Palästinenser in Lagern in den Anrainerstaaten und den Palästinensergebieten und ist darauf angewiesen, dass die Weltgemeinschaft ihnen zu ihrem Recht verhilft oder diese mit dem Lebensnotwendigen versorgt.
Viele dieser Lagerinsassen sind in diesen Lagern geboren und dort auch gestorben, ohne jemals diese Lager verlassen zu können.
Weil es so schön war, betrieben die Israelis diese Politik in den besetzten Gebieten weiter. Schwerbewaffnete Siedler nahmen sich, was sie brauchten und ermordeten dabei Palästinenser. Keiner mußte je befürchten sich dafür für ein israelisches Gericht
verantworten zu müssen. Und wehrten sich die Palästinenser, kam Notfalls die IDF vorbei. Ganz wie damals bei den Indianern.
Rund 1/3-1/2 aller Juden in Israel und den besetzten Gebieten leben auf Grund, der eigentlich Palästinensern gehört und sind die Profiteure von Mord und Vertreibung.
Schon das letzte Friedensangebot von Ehud Barak war ein faules Ei, denn für einen eigenen Staat hätten diese alle Flüchtlinge aufnehmen müssen. Der Gaza-Streifen ist schon heute dichter besiedelt, als z.B. Berlin und überhaupt nicht lebensfähig.
Der Vorschlag von Trump ist noch schlechter und die 50 Mrd. $ zerfallen zu Staub, wenn man diese durch die Anzahl der Palästinenser teilt. Da bleiben dann lumpige 6 000 $ Entschädigung für alles übrig. Einen lebensfähigen, gar autonomen Staat bekommt man dafür nicht hin. Mehr als Billigarbeiterpuff für Israel ist da nicht drin.
Der Vorstoß von Donald Trump hat vor allen Dingen das Ziel, durch diese Durftmarken die Legitimität der Ansprüche der Palästinenser im Licht der Öffentlichkeit immer weiter herunterzuschrauben. Schon heute glauben viele, dass es irgendwie eine Paarigkeit der Ansprüche geben und nur ein paar Wirrköpfe bei den Palästinensern einen Frieden verhindern würden.
So ist das damals bei den Indianern auch gelaufen. Deren Pfad ins heutige Elend führte über einen Pfad von den Weißen gebrochenen Verträgen und einer immer stärkeren Minimierung ihrer Existenzberechtigung und Gebietsansprüche.
Gerade bei dem Gewese um die Ausschwitz-Befreiung wirkt die ganze Sache besonders schaal. Insbesondere weil man in der Bundesregierung ja kräftig die Backen aufblies und mit dem Finger auf Myanmar und die Rohingya zeigte.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (29.01.2020 12:16).