Ansicht umschalten
Avatar von A_Nameless_Person
  • A_Nameless_Person

248 Beiträge seit 18.12.2019

Man sollte manchmal versuchen ein Thema aus verschiedenen Perspektiven...

zu betrachten.

Z.B. in diesem Falle das Thema Syrien, Kurden und Türkei.

Es sollte relativ klar sein, dass für die Türkei ein Kurdenstaat direkt an der Grenze zur Türkei ein durchaus größeres Problem darstellen würde, als ein Kurdenstaat mit dem die Türkei keine eigene Grenze hat. Bei einem direkt angrenzenden Kurdenstaat würde es in einigen Teilen der Türkei durch Teile der kurdischen Bevölkerung u.U. größere Bestrebungen geben, dass sich Teile der Gebiete nun von der Türkei lösen und sich einem kurdischen Staat anschließen. Auch gibt es dann durchaus größere Probleme zu verhindern, dass für die Verübung von Terroranschlägen in der Türkei, nun Kurden die Grenze zwischen beiden Staaten übertreten würden und nach Verübung eines Anschlags nun wieder in den kurdischen Staat übertreten würden. Auch sollte man überlegen, dass die Türkei nicht unbedingt ewig und drei Tage nun die vor der Gewalt in Syrien geflohene Bevölkerung bei sich aufnehmen möchte, sondern die Bevölkerung doch irgendwann wieder ganz gerne in Syrien hätte (sobald die Gewalt vorbei ist). Dieses wäre u.a. ein Teil der Perspektive auch Sicht der Türkei.

Andererseits wurde den Kurden schon diverse Male ein eigener Staat versprochen und es wurde das Wort nicht gehalten. Auch sind viele Kurden, als Minderheit, in der Türkei einer gewissen Benachteiligung und Diskriminierung durch die Mehrheit ausgesetzt (genauso wie es auch in vielen anderen Staaten eine Diskriminierung von Minderheiten gibt, ich kann mir hier kein Urteil erlauben, in wieweit die Diskriminierung größer oder kleiner im Gegensatz zur Diskriminierung von anderen Minderheiten sind¹). Auch hatten die Kurden u.a. im Syrienkrieg gegen den IS gekämpft. Und auch nach dem Irak-Krieg waren die Teile des Iraks (so wie ich es mitbekommen habe), welche unter der Kontrolle der Kurden standen, vergleichsweise friedlich (weniger Terror und Gewalt etc.). Ähnliches galt auch für die von den Kurden im letzten Jahr kontrollierten Gebiete in Syrien. Auch sollte man durchaus verstehen, dass die Kurden durchaus gerne einen eigenen Staat hätten, anderen Ethnien (und Religionsgruppen) wurde dieses ja auch in der Vergangenheit (von der Staatengemeinschaft) ermöglicht.

Kommen wir nun zu Europa. Einerseits ist man für Menschenrechte, Freiheit und Demokratie, andererseits möchten viele nicht unbedingt alle Flüchtlinge bis zum Sankt Nimmerleinstag in Europa haben, vor allem wenn sehr viele Flüchtlinge auf einmal kommen und es Probleme bei der Integration der Flüchtlinge gibt. Weiterhin ist Europa eben kein Global Player und das "Hemd ist nun Mal näher als die Hose", soll heißen es ist für Europa (aus Sicht der Europäer) wichtiger, dass es in Europa friedlich bleibt und demokratisch ist² (und hier möglichst keine Menschenrechtsverletzungen stattfinden), als dass es in Syrien keine Menschenrechtsverletzungen gibt und dort demokratisch ist. Die Position hier in Europa ist in gewisserweise mit der Position von Finnland im kalten Krieg teilweise vergleichbar, als die Sowjetunion nichts gegen den demokratischen Staat Finnland unternommen hat und im Gegenzug Finnland gegenüber der Sowjetunion neutral geblieben ist. Wobei die Situation u.a. deshalb vergleichbar ist, weil eben die Staaten der EU sehr gerne auch untereinander streiten und nicht in vielen Dingen an einem Strang ziehen und eben häufig auch nur die Interessen des eigenen Staates vor Augen haben und dabei die Interessen der Bevölkerung der anderen Staaten der EU durchaus aus dem Auge verlieren (und teilweise auch die Interessen von Großteilen der Bevölkerung des eigenen Staates auch nicht im Auge haben).

Und auch in Bezug zu der Politik von Erdogan (der Türkei) bzgl. Nordsyrien ist mir nicht klar, in welche Richtung es geht. Es ist z.B. durchaus möglich, dass hier die Türkei nicht vorhat, sich Nordsyrien irgendwie einzuverleiben, sondern nur die Flüchtlinge da unterbringen möchte, mit dem Nebeneffekt, dass eben ein Großteil der Flüchtlinge keine Kurden sind, womit man auch eine gewisse Pufferzone für spätere Grenzübergänge (durch Terroristen) hätte. Und auch wenn Teile der Hilfe für die Türkei nun in Nordsyrien investiert wird, so kann es durchaus sein, dass Teile der finanziellen Hilfe eben der dort angesiedelten Bevölkerung zu gute kommen wird, was vor allem auch dann nicht anrüchig wäre, wenn eben die Türkei nicht vorhaben sollte, sich Gebiete in Nordsyrien später einzuverleiben (sondern nur Wiederaufbauhilfe mit Teilen der Finanzen leisten sollte). Man sollte sich in der Beziehung allerdings überlegen, in welchen Teilen von Syrien (bzw. Irak) man den Kurden erlaubt zu leben und möglichst auch in Selbstverwaltung.

Außerdem sollte man sich in Bezug zu Nordsyrien überlegen, ob dieses eine Verbesserung der Situation für die momentan in der Türkei lebenden Flüchtlinge bedeuten könnte, da die Flüchtlinge ursprünglich aus Syrien kamen und sich nun in anderen Teilen von Syrien (genauer Nordsyrien) wieder ansiedeln können und u.U. auch dauerhaft sich da eine neue Existenz aufbauen dürfen, wobei man eben zum Aufbau durchaus ein paar Finanzmittel benötigt.

Weiterhin würde ich mir wünschen, dass es irgendwann die Sunniten, Schiiten, Kurden und anderen muslimischen Glaubensrichtungen schaffen in ihren jeweilgen Staaten friedlich miteinander zu leben, so ähnlich wie wir es in Europa nach dem 30-jährigen Krieg (in sehr großen Teilen von Europa) geschafft haben, uns zumindest nicht mehr aufgrund von Glaubensunterschieden (zwischen Katholiken und Evangeliken) die Köpfe einzuschlagen. Weiter würde ich mir wünschen, dass dieses irgendwann auch für die muslimischen Glaubensrichtungen, das Judentum (und das Christentum) zutrifft (bzw. sogar für alle "Weltreligionen").

ps. In meinem bisherigen Leben kam ich sowohl mit den Personen, welche eine kurdische Abstammung hatten, als auch mit Personen, welche ein türkische Abstammung hatten, und mit denen ich zu tun hatte, jeweils zurecht.

pps. Ich glaube übrigens nicht, dass Putin von Erdogan ausgespielt wurde.

¹) U.a. da ich in Deutschland als Teil der Mehrheit (und als Mann) eben keiner Diskriminierung aufgrund meiner Herkunft, ethnischen Zugehörigkeit, Sexualität oder Religionszugehörigkeit ausgesetzt bin.

²) Wobei man korrupte und inkompetente Politiker und Politiker, welche nicht im Interesse der Bevölkerung (auch europäischen Bevölkerung) handeln, durchaus auswechseln sollte und auch Politiker mit Kurzsicht sollte man durch welche, die nicht nur die nächste Wahl im Blick haben, auswechseln. (Auswechseln heißt hier, abwählen).

Bewerten
- +
Ansicht umschalten