Gesellschaften wandeln sich mit der Zeit, und das ist gut so. In einem langsamen Anpassungsprozess über Generationen. Viele gesellschaftlich gewachsene Strukturen brauchen Zeit, bis sie etabliert sind, und auch um sie wieder zu verändern. Daher fehlt mir in der Diskussion der Faktor Zeit und Menge. Kleines Beispiel: im Osten tat man sich schwer, genügend Wohnraum für alle mit zeitgenössischem Standard zu schaffen, man hatte schlicht nicht die nötigen Ressourcen. Zu Ende der DDR hatte man das so halbwegs geschafft, und überall Plattenbauten aus dem Boden gestampft. Nach der Wende wurden die dann noch saniert, um sie dann tatsächlich auf heutigen Stand der Entwicklung zu bringen. Und dann zogen Millionen Ostdeutsche in den Westen, weil im Osten zu wenig gut bezahlte Arbeit war. Und jetzt hatte man 100.000e leer stehende, gerade frisch sanierte Wohnungen. Und ab den 2000er Jahren baute man die zurück, d.h. aus ehemals 6 Etagen machte man 3, in Eisenhüttenstadt sind mitten in der Stadt riesige Brachen, wo man gleich die kompletten Plattenbauten abgerissen hat ... jetzt könnte man wieder welche brauchen ... Strukturwandel lässt sich nicht bis aufs letzte planen, aber sicher etwas besser managen, als dieses auf- und abbauen - und es frisst enorm Ressourcen, die woanders sicher sinnvoller eingebracht werden könnten. Daher mein Fazit - Hauruck mit Gesellschaften ist Mist! Das kann man besser.
Dann - Massenmigration warum überhaupt? Migration fand ja bis 2015 auch statt, allerdings in einem sehr entspanntem Maße. Habe die Zahlen nicht im Kopf, aber meine mich zu erinnern, das ca. 100.000 auswanderten, und ca. 100.000 einwanderten ungefähr. Ich spielte als Kind ganz gern ein Kybernetik-Spiel. Das sollte Kindern und Jugendlichen ein Gefühl für komplexe Zusammenhänge vermitteln, eine Art etwas komplexeres Siedler. Man hatte eine gewisse Menge an Ausgangs-Ressourcen, und die konnte man Bildung, Nahrung, Wohnungsbau, Rohstoffe, Militär etc. investieren. Machte man zu viel in einer Sparte, fehlten einem die Ressourcen an anderer Stelle und hatte Folgen. Und so lernte man spielerisch, vorsichtig und mit bedacht zu "investieren", und das es für alles ein vernünftiges Maß gibt - viel ist nicht immer viel gut, es gibt auch einseitig und zu viel, und dann kippt das ganze System.
Wenn die Bevölkerung schrumpft, ist das ja nicht einfach so vom Himmel gefallen, sondern eine über Generationen sich entwickelnde Anpassungs-Leistung an die herrschenden Umstände. Ich habe 3 Geschwister, was in meiner Generation relativ normal ist. Heute haben Familien immer öfter nur 1 Kind, manchmal gar keins und 2 ist wohl so der Standard. Es hat sich seit den 60ern eben viel verändert, wäre es nicht komisch, wenn sich das nicht auch in den Leben der Menschen widerspiegeln würde? Jetzt gibt es mehrere Optionen, wie man mit diesem Fakt umgehen kann. 1. Man kann die Gesellschaft einfach schrumpfen lassen. Das wird dann eine Herausforderung an das kluge Management der Gesellschaft, die Rahmenbedingungen dafür so zu variieren, das es funktioniert - sieht man das als Herausforderung und nimmt die an, kann man das ohne übelste Verwerfungen schaffen. 2. Man kann die Gesellschaft Familien freundlicher gestalten, so das es wieder für mehr möglich scheint 3 oder 4 Kinder zu haben. Dazu müsste man aber auch viele bisherige Paradigmen, Wettbewerb, Wettbewerb, homo oeconomicus, Karriere deutlich einstampfen, denn man hat hier ein Dinki-Paradies (double income no kids) geschaffen, das auch über Jahrzehnte so gewachsen ist, und sich mit Fingerschnipsen auch nicht von heute auf morgen wieder zurück stellen lässt. 3. Man kann Massen migrieren lassen. Was ab einer jährlichen Anzahl und Herkunft auch seine Probleme nach sich zieht.
Das sind für mich 3 gleichberechtigte, nebeneinander stehende Möglichkeiten, wie man mit der Gesellschaftsentwicklung umgehen kann - und Massen-Migration ist nur eine davon. Und wie ich finde, nicht die Beste. Denn wie mein kleiner Ausflug in die Kybernetik zeigen sollte, hängt alles mit allem zusammen. Und wenn Deutsche, bzw. in Deutschland schon länger lebende immer weniger Kinder bekommen, ist vielleicht mit Deutschland etwas nicht in Ordnung - und diese Schrumpfung als Symptom hat den Sinn, daran etwas zu verändern - und eben nicht banal nur das Symptom, schrumpfende Bevölkerungszahl mit Migration zu behandeln, aber alles sonstige weiter so zu belassen. Vielleicht ist aber auch Deutschland und viele andere europäischen Länder, die schrumpfen - die ideale evolutionäre Spielwiese, um genau das als Dienst an der gesamten Menschheit zu schaffen - wie schrumpft man als eines der wohlhabendsten Länder, Region der Welt, ohne massive Verwerfungen. Ein paar Millionen Menschen pro Jahr aufzunehmen ist sicher eine Herausforderung, und kann man ne Zeit lang wahrscheinlich auch schaffen - aber ist das der eigentliche Job? Wäre es nicht viel wichtiger für die Welt, funktionierend vorzuleben, wie man gesund schrumpft? Auch wenn einige meinen, die Welt verträgt noch ein paar Milliarden Menschen mehr, aber wenn die dann mal irgend wann da sind, wer sagt denn, dass das dann aufhört, das weitere Bevölkerungswachstum? Und wenn nicht? Und man dann irgend wann an die Tragfähigkeitsgrenze der Biosphäre angelangt ist, was macht man dann? Ich denke, der Menschheit als Ganzes wäre es eher geholfen, man hätte einige gut funktionierende Gesellschaften, die zeigen wie man auch als schrumpfende Gesellschaft in Frieden und Wohlstand leben kann.
Ich weiß, es wirkt sehr naiv, sich solche Fragen zu stellen, angesichts der Interessen die hinter der unbegrenzten Migration stehen. Aber ich hoffe, das noch nicht alle Politiker und Menschen hier so verböhrt sind, das man über die Frage, wie sollen wir uns weiter entwickeln auch in verschiedener Weise nachdenken kann - und sollte.
Fair das Für und Wider gegenüber gestellt, fehlt auch komplett.