bismarckhering schrieb am 5. Januar 2013 12:27
> > > Alkohol und Tabak haben ein Mindestalter,
> > > warum sollte das bei der Droge Religion anders sein?
> >
> > Naive Frage.
>
> Eine Frage die keine stillschweigenden Vereinbarungen voraussetzt.
Innerhalb etwas, wofür wir die Begriffe "Gesellschaft" und "Kultur"
verwenden, ist ein Zustand ohne "stillschweigende Vereinbarungen"
nicht einmal denkbar.
> > Weil Religion (zu Recht) nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fällt,
>
> Dünn. Ist 'ne Definitionsfrage.
> "(zu Recht)" juristisch oder umgangssprachlich definiert?
Im Sinne von "sachlich richtig".
> Andererseits maßt sich Religion an, gültiges
> "Betäubungsmittelgesetz" für Sexualität zu sein.
Religion hat jedenfalls in unserem Kulturkreis keine Rechtsfunktion
und keinen Rechtsanspruch und würde zu Recht Probleme kriegen, würde
sie sowas plötzlich beanspruchen wollen. Viele, wenn nicht die
meisten Religionsangehörigen sind nicht besonders religiös, sie
nehmen die Religion mehr als Tradition wahr und versuchen, persönlich
etwas aus ihren gemeinschaftsstiftenden Aspekten zu ziehen, während
die religiöse Dogmatik sie nicht bis kaum interessiert. Diese
gemeinschaftsstiftenden, persönlich helfenden Elemente,
beispielsweise wenn ein Mensch stirbt, sind nicht alle scheiße, und
leider fehlt ein säkularer Ansatz dafür, sich solcher Dinge
organisiert anzunehmen, fast völlig.
> Mit ähnlich willkürlichen und unwissenschaftlichen Regularien.
>
> > und weil Gemeinschaftszugehörigkeitsrituale aller Art nicht nur
> > bei Religionen lange vor dem Erwachsenenalter stattfinden.
>
> Es ist den meisten Menschen schwer bis unmöglich,
> eine einmal getroffene Entscheidung zu revidieren.
Ich verstehe hier den Zusammenghang nicht, aber wie ich unabhängig
davon den Satz auch drehe und wende, ist er, meine ich, falsch.
> Warum wohl ist es so wichtig Kindern ein irrationales Weltbild als
> "einzige Wahrheit" zu verkaufen? Vielleich deshalb, weil der
> rationale Verstand von Kindern noch nicht vollumfänglich entwickelt
> ist und sie Märchen leichter glauben?
Natürlich ist das ein Grund.
> > Und: Falsche Frage. Nochmal: Wenn eine konkrete Handlung, ob sie im
> > Rahmen der Religionsausübung oder in irgendeinem anderen Zusammenhang
> > stattfindet, niemandem konkreten Schaden zufügt,...
>
> Keinen Schaden... wer definiert das?
Ein vernünftiges Rechtsempfinden im Rahmen der – solange wir nichts
Besseres haben – demokratisch verfassten Rechtsgrundlagen, und ein
Rechtsgrundsatz lautet zumindest im Prinzip, dass etwas, solange
Zweifel daran bestehen, dass es jemandem oder der Gemeinschaft
Schaden zufügt, nicht verboten werden darf (was leider nicht heißt,
dass die reale Gesetzgebung diesem Grundsatz auch immer folgen
würde), genau wie jemand, solange seine Schuld nicht erwiesen ist, im
Zweifelsfall nicht bestraft werden darf.
Sollen ab sofort bloße, noch so entfernte Möglichkeiten restriktive
Gesetze rechtfertigen? Wenn der Gesetzgeber plötzlich anfinge,
umfangreich nach diesem Maßstab Gesetze zu erlassen, ich glaube
nicht, dass du mit dem Ergebnis wirklich glücklich wärst...
> > mit welchem Recht soll sie dann verboten werden?
>
> Zur Walpurgisnacht hat man bis in jüngste Zeit Hexenpuppen verbrannt;
> eine rein symbolische Handlung, nimand wird konkreter Schaden
> zugefügt, dennoch...
Und deswegen ist sie, was auch immer man von dem Brauch halten mag,
soweit ich weiß, nicht verboten. Mir gefällt beispielsweise auch die
Nubbelverbrennung nach dem Kölner Karneval nicht (ok, deren Symbolik
ist weniger kritisch als bei Hexenpuppen), und auch die kann man
nicht ernsthaft verbieten wollen.
> > > Nebenbei:
> > > Sind eure Religionen [...]
> >
> > Wessen? Ich bin Atheist und Religionsgegner. Ich bin allerdings, wie
> > schon, soweit ich ihn verstanden habe, Marx, der Auffassung, und in
> > dem Zusammenhang entstand ja auch sein vielfach falsch- und
> > totzitierter Opium-Satz, dass im Zeitalter der Aufklärung die
> > Attraktivität, die die Religionen haben, im Wesentlichen Produkt
> > falscher Verhältnisse ist, und dass die Anstrengungen besser auf das
> > Herstellen vernünftiger Verhältnisse als auf die Bekämpfung der
> > Religion gerichtet sind.
>
> Das bedingt sich gegenseitig.
Ja, aber nicht gleichermaßen in beide Richtungen.
> Kinderhirne sollten nicht mit uralten Angstmärchen gefüllt werden.
Der Wunsch ist auch meiner. Dagegen hilft aber der Vorschlag, den
Religionen nicht nur die reale, sondern auch noch jede symbolische
Beschneidung zu verbieten, kein Stück. Vielleicht sollte vielleicht
es erst mal schaffen, die reale Beschneidung zu verbieten! Bevor man
das nicht geschafft hat, erweist man diesem wichtigen Ziel einen
Bärendienst, wenn man gleichzeitig selbst jede symbolische
Beschneidung verbieten will. Da wird man völlig zu Recht auf wenig
Verständnis für treffen.
Cheers,
d. d.
> > > Alkohol und Tabak haben ein Mindestalter,
> > > warum sollte das bei der Droge Religion anders sein?
> >
> > Naive Frage.
>
> Eine Frage die keine stillschweigenden Vereinbarungen voraussetzt.
Innerhalb etwas, wofür wir die Begriffe "Gesellschaft" und "Kultur"
verwenden, ist ein Zustand ohne "stillschweigende Vereinbarungen"
nicht einmal denkbar.
> > Weil Religion (zu Recht) nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fällt,
>
> Dünn. Ist 'ne Definitionsfrage.
> "(zu Recht)" juristisch oder umgangssprachlich definiert?
Im Sinne von "sachlich richtig".
> Andererseits maßt sich Religion an, gültiges
> "Betäubungsmittelgesetz" für Sexualität zu sein.
Religion hat jedenfalls in unserem Kulturkreis keine Rechtsfunktion
und keinen Rechtsanspruch und würde zu Recht Probleme kriegen, würde
sie sowas plötzlich beanspruchen wollen. Viele, wenn nicht die
meisten Religionsangehörigen sind nicht besonders religiös, sie
nehmen die Religion mehr als Tradition wahr und versuchen, persönlich
etwas aus ihren gemeinschaftsstiftenden Aspekten zu ziehen, während
die religiöse Dogmatik sie nicht bis kaum interessiert. Diese
gemeinschaftsstiftenden, persönlich helfenden Elemente,
beispielsweise wenn ein Mensch stirbt, sind nicht alle scheiße, und
leider fehlt ein säkularer Ansatz dafür, sich solcher Dinge
organisiert anzunehmen, fast völlig.
> Mit ähnlich willkürlichen und unwissenschaftlichen Regularien.
>
> > und weil Gemeinschaftszugehörigkeitsrituale aller Art nicht nur
> > bei Religionen lange vor dem Erwachsenenalter stattfinden.
>
> Es ist den meisten Menschen schwer bis unmöglich,
> eine einmal getroffene Entscheidung zu revidieren.
Ich verstehe hier den Zusammenghang nicht, aber wie ich unabhängig
davon den Satz auch drehe und wende, ist er, meine ich, falsch.
> Warum wohl ist es so wichtig Kindern ein irrationales Weltbild als
> "einzige Wahrheit" zu verkaufen? Vielleich deshalb, weil der
> rationale Verstand von Kindern noch nicht vollumfänglich entwickelt
> ist und sie Märchen leichter glauben?
Natürlich ist das ein Grund.
> > Und: Falsche Frage. Nochmal: Wenn eine konkrete Handlung, ob sie im
> > Rahmen der Religionsausübung oder in irgendeinem anderen Zusammenhang
> > stattfindet, niemandem konkreten Schaden zufügt,...
>
> Keinen Schaden... wer definiert das?
Ein vernünftiges Rechtsempfinden im Rahmen der – solange wir nichts
Besseres haben – demokratisch verfassten Rechtsgrundlagen, und ein
Rechtsgrundsatz lautet zumindest im Prinzip, dass etwas, solange
Zweifel daran bestehen, dass es jemandem oder der Gemeinschaft
Schaden zufügt, nicht verboten werden darf (was leider nicht heißt,
dass die reale Gesetzgebung diesem Grundsatz auch immer folgen
würde), genau wie jemand, solange seine Schuld nicht erwiesen ist, im
Zweifelsfall nicht bestraft werden darf.
Sollen ab sofort bloße, noch so entfernte Möglichkeiten restriktive
Gesetze rechtfertigen? Wenn der Gesetzgeber plötzlich anfinge,
umfangreich nach diesem Maßstab Gesetze zu erlassen, ich glaube
nicht, dass du mit dem Ergebnis wirklich glücklich wärst...
> > mit welchem Recht soll sie dann verboten werden?
>
> Zur Walpurgisnacht hat man bis in jüngste Zeit Hexenpuppen verbrannt;
> eine rein symbolische Handlung, nimand wird konkreter Schaden
> zugefügt, dennoch...
Und deswegen ist sie, was auch immer man von dem Brauch halten mag,
soweit ich weiß, nicht verboten. Mir gefällt beispielsweise auch die
Nubbelverbrennung nach dem Kölner Karneval nicht (ok, deren Symbolik
ist weniger kritisch als bei Hexenpuppen), und auch die kann man
nicht ernsthaft verbieten wollen.
> > > Nebenbei:
> > > Sind eure Religionen [...]
> >
> > Wessen? Ich bin Atheist und Religionsgegner. Ich bin allerdings, wie
> > schon, soweit ich ihn verstanden habe, Marx, der Auffassung, und in
> > dem Zusammenhang entstand ja auch sein vielfach falsch- und
> > totzitierter Opium-Satz, dass im Zeitalter der Aufklärung die
> > Attraktivität, die die Religionen haben, im Wesentlichen Produkt
> > falscher Verhältnisse ist, und dass die Anstrengungen besser auf das
> > Herstellen vernünftiger Verhältnisse als auf die Bekämpfung der
> > Religion gerichtet sind.
>
> Das bedingt sich gegenseitig.
Ja, aber nicht gleichermaßen in beide Richtungen.
> Kinderhirne sollten nicht mit uralten Angstmärchen gefüllt werden.
Der Wunsch ist auch meiner. Dagegen hilft aber der Vorschlag, den
Religionen nicht nur die reale, sondern auch noch jede symbolische
Beschneidung zu verbieten, kein Stück. Vielleicht sollte vielleicht
es erst mal schaffen, die reale Beschneidung zu verbieten! Bevor man
das nicht geschafft hat, erweist man diesem wichtigen Ziel einen
Bärendienst, wenn man gleichzeitig selbst jede symbolische
Beschneidung verbieten will. Da wird man völlig zu Recht auf wenig
Verständnis für treffen.
Cheers,
d. d.