Dank Internet hätte jedermann die Möglichkeit, vom heimischen Sofa aus die Lage durchaus objektiv zu beurteilen. Der Messenger Telegram bietet hier einiges, da auf beiden Seiten teils sehr offenherzig vielerlei gepostet wird.
Beispielhaft einem kleinen aber überaus informativen Kanal eines Soldaten, übersetzt "Helden. 35. Brigade der Streitkräfte der Ukraine". Daraus eine Auswahl an Nachrichten des vergangenen Monats (Übersetzung jeweils Telegram-eigener Übersetzer bzw. deepL):
"Aus Verzweiflung rekrutiert die Armee Obdachlose und Drogenabhängige, Behinderte und Alte. Sie sind nur als Live-Ziel geeignet. In den Schützengräben machen solche Soldaten drei Dinge: Online-Casinos spielen, Drogen nehmen oder masturbieren. Ihre Lebensdauer beträgt drei Tage bis einen Monat."
"Wir können uns einfach nicht behaupten, wir werden von allen Seiten gefressen. Die Brigade 35 könnte aufhören zu existieren."
"Früher dachte ich, Arestovych [früherer Berater von Selinsky, aus der Ukraine ausgereits] sei ein [heftiges Schimpfwort] und ein Außenseiter, aber jetzt habe ich meine Meinung geändert. Er hat Recht, dass es nicht Russland ist, das uns besiegt, sondern dass wir uns selbst verloren haben. Zehntausende Menschen starben in sinnlosen Kämpfen, und jetzt gibt es niemanden mehr, der die Ukraine verteidigt, nur noch Obdachlose, ältere Menschen und Drogenabhängige sind übrig. Sie werden einfach wie Chernozem in den Boden gerollt."
"Ehrlich gesagt stehen wir mit letzter Kraft da. Und die Tatsache, dass die Russische Föderation aktiv unsere Verteidigungsmaßnahmen durchbricht, ist Blödsinn. Ja, sie verdrängen die Streitkräfte nach und nach aus besiedelten Gebieten. Aber der wirkliche Zusammenbruch der Front ist noch nicht eingetreten, kann aber passieren, wenn sich nichts ändert. Wir brauchen Verhandlungen mehr denn je."
Der Soldat schreibt sehr direkt - es ist kein "offizieller" Kanal. Er selbst ist m.E. überaus reflektiert. Gleichwohl spart er nicht an heftigen rassistischen und teils gewaltverherrlichenden Aussagen, natürlich vor allem über/gegen Russen. Aber auch gegenüber ausländischen Söldnern, teilen der eigenen Armee-Führung etc. ist er wenig zimperlich. Er leitet auch Nachrichten anderer in seinem Kanal weiter. Auch solche, die zu Frieden aufrufen oder dem Westen die Schuld an dem Konflikt gibt. Anfangs hat er sich darüber geärgert, nunmehr (auch deswegen reflektiert), änderte er seine Meinung. Er hat nunmehr das Gefühl, dass die Ukrainer nur ein Werkzeug des Westens seien und dass viele Kameraden, vor allem frische Rekruten, als Kanonenfutter dienen. Über die offiziellen Opferzahlen seines Landes macht er sich lustig. Er gibt offen zu, was viele auch hier im Forum vermuten: Dass es gerade umgekehrt ist.
Von Anfang an war eines seiner Hauptthemen die extreme Korruption der Ukraine und beim Militär im speziellen. Er gibt auch glaubwürdig die Stimmung innerhalb der Armee wider -Euphorie am Anfang, nunmehr Frust. Etwa wegen "PR-Angriffen", vor allem in Krinky, was er selbst als Fleischwolf für die Ukraine bezeichnet. (Krinky war ein Brückenkopf auf der russischen Seite des Dnjepr, der lange Zeit unter extremen Verlusten entgegen jeder militärischen Vernunft gehalten wurde.) Auch das Kursk-Abenteuer kommt unter den Soldaten nicht gerade gut weg.
Seine Berichte aus Cherson waren besonders aufschlussreich. Der damalige Rückzug der Russen aus der Stadt, was bei uns feierlich als Anfang vom Ende der russischen Besatzung gefeiert wurde, war für die dortige Bevölkerung keine Freude: Ein Großteil flüchtete zusammen mit den russischen Soldaten aus der Stadt. Diese beschrieb er als leer. Und die wenigen Dagebliebenen hatten es, gelinde gesagt, nicht gut. Unter anderem wurde diese nackt an Straßenlaternen gebunden. Davon teilte er stolz einige Fotos.
Dieser Kanal und viele weitere Informationen formen ein Bild, welches der Darstellung im Mainstream teils komplett widerspricht. So muss man feststellen, dass die Angabe der gegenseitigen Opferzahlen der NATO schlicht dreist sind. Ebenso was den Rassismus in der Ukraine betrifft und vieles, vieles andere.
Nie wieder Krieg!