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  • Daelach

mehr als 1000 Beiträge seit 11.05.2004

Re: Im Augenblick sieht es so aus ...

Thomaso Hado schrieb am 13.11.2024 00:19:

Egal ob es nun um Kampfpanzer, Schützenpanzer, Flugzeuge, Raketen aller Art oder Artilleriesysteme geht.

Die sind alle ohne Lufthoheit auf dem Präsentierteller. Normale westliche Kriegsführung geht doch so: Erstmal Aufklärung der Bodenstationen. Erinnere Dich nur daran, wie Syrien die "unbewaffnete" türkische Phantom abgeschossen hat. Wenn man die hat, plattbomben. Gegnerische Luftwaffe idealerweise am Boden ausschalten, sonst in der Luft. Gegnerische Infrastruktur zusammenbomben, damit die Logistik scheitert. Und dann erst die Bodentruppen mehr oder weniger zum Aufräumen.

Bei der Ukraine hätte man mit westlicher Kriegsführung dafür gesorgt, daß die Russen gar nicht erst soweit kommen. Jetzt sind die da aber eingegraben, Minenfelder, Schützengräben. Das wäre auch mit westlicher Kriegsführung schwer direkt zu knacken. Mit Panzer-Lieferungen und punktuell wirkenden Marschflugkörpern ist bei dem Ausmaß, was da schon an russischen Truppen eingesickert ist, nichts mehr zu machen.

Also würde man wiederum Lufthoheit erringen und dann die komplette rückwärtige Infrastruktur zur Logistik plattbomben, damit überhaupt nichts mehr an die Front kommt. Diese würde dann schon aus Nahrungsmittelknappheit kollabieren. Die Logistik wäre der Schlüssel, wie meistens im Krieg.

Die wehrfähige Bevölkerung Russlands ist in etwa 2 bis 3 mal so hoch wie die der Ukraine. Mindestens so hoch muss das Verhältnis der Ausfälle sein.

Wenn wir über die Rückeroberung der Ostgebiete reden, dann wäre die Ukraine operativ gesehen der Angreifer und müßte allein deswegen schon auf ähnliche Weise Blutzoll zahlen, wie die Russen das beim ukrainischen Rückzugsgefecht getan haben.

Als Angreifer nur ein Drittel soviel zu verlieren wie der Verteidiger, ist völlig illusorisch, außer man kann die Front schon vor dem Angriff kollabieren lassen (siehe oben) und nur noch die Reste einsammeln.

Es gab Zeiten, mitten im kalten Krieg, da hätten westliche Staaten sehr viel mehr gewagt als sie es heute tun.

Das war zuletzt im Vietnamkrieg der Fall. Die resultierenden Verlustraten konnten nur dank Wehrpflicht gestemmt werden, und das war so unpopulär, daß die USA die Wehrpflicht ausgesetzt haben.

Und selbst bei Berufssoldaten - Trump hat schon 2016 insbesondere damit in den Flyover-Staaten gepunktet, wo das Militär einer der wenigen Arbeitgeber ist, daß er die Soldaten aus Kriegen zurückholt, in denen die Wähler keinen Sinn sehen: Afghanistan und Irak. Die Leute wollen ihre Angehörigen nämlich nicht für sinnlose Kriege verheizt sehen. Das waren also nicht etwa nur die Soldaten selber, sondern als Multiplikatoren auch ihre Familien.

Westliche Staaten treten nicht mehr für ihre eigenen langfristigen Interessen ein

Sie überreizen sich halt und sind dann nicht bereit, dem Bluff auch Taten folgen zu lassen. Das ist eben das Problem, den ersten Schritt zu gehen, wenn man zum zweiten nicht bereit ist. Man kann daraus folgern, auch den zweiten zu gehen. Man kann aber auch daraus folgern, den ersten nicht zu gehen.

Ich kann ganz klar sagen, dass das was der Grossteil der russsichen Bevölkerung denkt und wie er handelt im Wesentlichen davon bestimmt wird, was die Staatsmedien berichten.

Das ist im Westen kaum so viel anders - es ist lediglich nicht dermaßen plump aufgezogen. Das war übrigens auch schon im Kalten Krieg so.

Putin wird dann mit seinen Zielen scheitern, wenn die Ukraine Vorteile gegenüber den russischen Streitkräften erringen kann (dazu benötigt es aber Ausrüstung)

Bestenfalls kann sie dann den russischen Vormarsch stoppen. Ohne massives Bombardement aus der Luft wird jede Offensive entweder sofort scheitern oder erst versanden und dann scheitern.

und gleichzeitig die russischen Opferzahlen ins unermessliche steigen

Die Ukraine hat ja erhebliche Opferzahlen bei gleichzeitig überschaubaren eigenen Verlusten erzielt, solange sie im Rückzugsgefecht operierte und damit den Verteidigervorteil ausnutzen konnte. Das Problem ist nur, daß das nicht zu Selenskyis Maximal-Kriegszielen paßt, sondern allenfalls dazu, einen Friedensvertrag mit möglichst wenig Gebietsverlust zu erreichen.

(was angesichts der breiten indirekten Unterstützung der Russen durch das Ignorieren der Sanktionen vorerst unwahrscheinlich ist).

Nicht nur deswegen, sondern auch, weil die verfehlte US-Außenpolitik der letzten 20 Jahre dafür gesorgt hat, daß China, Rußland, Iran, Nordkorea zusammenrücken. Damit hat man dem Hauptrivalen China seine Vasallen direkt in die Arme getrieben, statt "teile und herrsche" zu betreiben.

China wartet derzeit einfach nur, weil es für sie ein doppelter Gewinn ist. Der Westen schwächt sich, das ist gut, und Rußland schwächt sich, was auch gut ist, um keine Partnerschaft auf Augenhöhe eingehen zu müssen, sondern Rußland als Juniorpartner bzw. Vasall zu gewinnen.

Dazu kommt noch die höchst selektive Anwendung westlicher "Werte", was dazu führt, daß man außerhalb des Westens nur mit den Augen rollt, wenn davon die Rede ist. Beispiel Indien - die haben, wie fast alle Länder, den russischen Überfall verurteilt, aber sich nicht an Sanktionen beteiligt.

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