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  • Stephan Geue

221 Beiträge seit 22.10.2008

Re: Geld = Schuld

Das Modell mit den Lederstücken und den am Ende fehlenden Zinsen ist unvollständig.

Es wird vergessen, daß derjenige, der die Lederstücke ausgibt, genauso Wirtschaftsteilnehmer ist wie alle anderen auch. Das heißt, die Zinsen, die er einnimmt, gibt er auch wieder aus, damit können auch die Zinsen durch die Kreditnehmer zurückgezahlt werden.

Das stimmt nicht ganz. Erstens ist die Notenbank/Zentralbank, also diejenige Institution, die die "Lederstücke" ausgibt, kein richtiger Wirtschaftsteilnehmer. Sie produziert nichts, was sie gegen etwas anderes tauschen würde, an dem sie Interesse haben könnte. Sie produziert eben Geld, und alle anderen Hersteller produzieren kein Geld, sondern etwas anderes, und dieses andere tauschen sie gegen Geld, das sie wiederum ausgeben für Rohstoffe, Energie, Löhne, Steuern etc. Nicht so die Notenbank. Sie produziert Geld - bzw. lässt es produzieren, aber die Kosten dafür sind gegenüber den Zinseinnahmen üblicherweise vernachlässigbar. Und nicht nur das: Sie ist die einzige Institution, die das darf. Geld selber drucken ist schließlich strafbar. Wenn sie nun dieses Geld verleiht, für diesen Verleih jedoch bereits nach der ersten Sekunde mehr zurückverlangt, dann geht das schlichtweg nicht, denn woher sollte dieses zusätzliche Geld kommen, darf es doch niemand außer ihr produzieren. Daraus begründet sich eine permanente Schuld.

Das wäre aber alles nicht so schlimm. Die Bundesbank hat früher immer brav ihre Gewinne aus der Seigniorage, also die Zinserträge aus dem Verleih selbst geschöpften Geldes, an den Bundeshaushalt abgeführt. Damit wäre der Kreislauf geschlossen gewesen.

Wenn sie denn tatsächlich die einzigen (gewesen) wären, die Geld schöpfen. Denn tatsächlich braucht man kein Falschgeld zu produzieren, um Geld schöpfen zu können. Jeder kann es. Jeder mit Glaubwürdigkeit. Jeder Barscheck, der *wie Geld akzeptiert wird*, genau genommen *alles*, das *wie Geld akzeptiert wird*, hat die Wirkung von Geld. Denn es herrscht ein Nebel um das, was Geld ist. Bonusmeilen werden wie Geld gerechnet, Paybackpunkte, alles Mögliche und nicht zuletzt und ganz wichtig: Geldguthaben, insbesondere die täglich kündbaren Giralgeldguthaben. Und damit wären wir bei den wichtigsten "Geldfälschern" weltweit: den Geschäftsbanken.

Natürlich drucken die kein Falschgeld. Aber sie können Ihnen einen Kredit einräumen/gewähren, ohne dass dafür ein anderer Kunde Geld eingezahlt haben muss, auch ohne ihrerseits Kredit bei der Notenbank aufnehmen zu müssen. Sie tun es einfach: Sie erzeugen in ihren Computern auf Ihrem Konto ein Guthaben. Das sind ein paar bewegte Bits, die Ihnen gefühlte Liquidität verschaffen. (Die Diskussion darüber, ob man nur dann liquide ist, wenn man Bares in der Tasche hat, wollen wir uns sparen.)

Da könnte man nun fragen: Wie kann denn das funktionieren? Was ist, wenn Sie sich den Kredit auszahlen lassen wollen, also in bar? Oder wenn Sie ihn benutzen, um per Überweisung etwas damit zu bezahlen? Dann wird doch Kaufkraft in Bewegung gesetzt, werden doch reale Waren getauscht. Richtig. Bei einer Barabhebung muss die Bank Bares vorrätig haben. Ist dies nicht der Fall, so muss sie nun tatsächlich Bareinzahlungen anderer Kunden verwenden oder, wenn nicht vorhanden, bei der Notenbank Bares leihen. Damit hat sich dieser Geldschöpfungsvorgang im Nachhinein materialisiert, ist quasi durch einen Zentralbankschöpfungsvorgang "unterfüttert" worden.

Bei einer Überweisung ist das etwas anders. Eine andere Bank - die Zielbank der Überweisung - erhebt jetzt gegen Ihr Kreditinstitut einen Anspruch. Entweder fährt da nun ein Geldtransporter von Ihrer Bank zu der anderen - unpraktisch und kostenträchtig, außerdem setzt dies vorhandenes Bargeld voraus -, oder beide Banken wickeln den Vorgang über ihre Konten bei der Notenbank ab. Wenn Ihre Bank dort liquide ist, bedarf es keiner ZBG-Schöpfung - sonst schon.

Was ist nun mit der Geldmenge insgesamt? Sie ist gewachsen. Aber die Kreditinstitute sagen: Macht nichts, denn dementsprechend ist die Kreditmenge gewachsen, also können wir alles wieder zurückfordern und zur Zentralbankgeldmenge zurückkehren. Dummerweise fällt den Geschäftsbanken so etwas immer erst ein, wenn ein Boom in die Rezession kippt, wenn also Kredite faul werden und sie lieber erst mal wieder ihre Schäfchen zählen wollen. Damit befeuern sie natürlich die Rezession (ohne dass dies ihre Absicht wäre, denn die Rezession macht ja noch mehr Kredite faul, aber Geschäftsbanken handeln nicht volkswirtschaftlich vernünftig, sondern bestenfalls betriebswirtschaftlich, also mit Blick auf ihre jeweilige Bilanz), denn diese ist ja durch eine Abnahme der Geldzirkulation gekennzeichnet, und wenn weniger Geld zirkuliert, dürfte es einleuchtend sein, dass die Gesamtgeldumschlagmenge ebenfalls tendenziell abnimmt.

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