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  • 1100101

895 Beiträge seit 27.08.2003

Ergänzung statt Überfluss

Moin!

Neue Kohlekraftwerke behindern NICHT den Ausbau der Windenergie,
sondern sie ergänzen sie zu einer vollwertigen Alternative - sofern
sie nicht als Grundlastkraftwerke, sondern als Mittellastkraftwerke
ausgelegt sind. So liefern die Kohlekraftwerke einerseits Strom, wenn
kein Wind weht und andererseits sparen die Kohlekraftwerksbetreiber
eine Menge Brennstoff ein, wenn gerade starker Wind weht. Bei der
konzeptionellen Auslegung neuer Kraftwerke auf Mittellast treten auch
die Effizienzverluste alter Anlagen in den Hintergrund. Die geplanten
neuen Kohlekraftwerke sparen im Teillastbetrieb tatsächlich nahezu
linear zum Auslastungsgrad Brennstoff ein.

Die geplante räumlichen Anordnung der Kohlekraftwerke zeigt auch in
die gleiche Richtung: kurze Wege = geringe Effizienzverluste. Die
liegen nicht nur wegen der Belieferung mit Kohle an der Küste,
sondern auch, weil an genau diesen Stellen die Anlandung der Seekabel
von künftigen Offshore-Windparks geplant sind. Wenn dort ohnehin
Trassen gebaut werden, dann kann man auch gleich die Kohlekraftwerke
als Puffer einbauen, denn genau diesen Zweck sollen sie erfüllen: man
benötigt angesichts der mittlerweile relativ genauen Windvorhersagen
keine Spitzenlastkraftwerke mehr, sondern es reichen auch gewöhnliche
Mittellastkraftwerke aus, um die Windschwankungen ausgleichen zu
können. Die Abweichung von der zwei Stunden vorher prognostizierten
Windstärke zur tatsächlich eingetretenen um mehr als eine Windstärke
liegt statistisch gesehen unter 3 Prozent. Das reicht locker aus, um
den Beschickungsplan der Kohlekraftwerke anzupassen. Falls denn dann
irgendwann einmal die Windprognosen dieselbe Genauigkeit für zwei
TAGE im Voraus haben, dann können wir auch über neue, träge
Atomkraftwerke nachdenken ;-)

Man benötigt in Deutschland auch kein integriertes Netzmanagement,
wie der Artikel vorgibt. Selbst Demand-Side-Management ist nur ein
Stichwort für Großverbraucher. Aber weder Kleinverbraucher, noch
Kleinerzeuger benötigen ein integriertes Netzmanagement. Lediglich
die Mittel- und Spitzenlastkraftwerke benötigen einen gewissen Grad
an verlässlichen Erzeugungs- und Verbrauchsprognosen. Um Biomasse und
Biogas zum Regeln einsetzen zu können, benötigt man ein
Netzmanagement. Aber die Grundlagen dafür werden ja bereits heute
gelegt, indem es künftig theoretisch möglich (und nach Erreichen des
Parity-Grid auch praktisch genutzt) werden wird, seinen EE-Strom
nicht nach EEG, sondern an der Strombörse vergüten zu lassen. Wenn
der Biogasanlagen-Betreiber nicht mehr einen festen Satz rund um die
Uhr gesetzlich vergütet bekommt, sondern sein Geld an der Börse
bekommt, dann wird er sich von ganz alleine überlegen, die Anlage
nicht auf Grundlast, sondern auf Mittel- oder gar Spitzenlast
auszulegen. Die Strombörse ist dabei in der Praxis das beste
integrierte Netzmanagement, was man sich vorstellen kann. Jetzt muss
nur noch der Gesetzgeber dafür sorgen, dass der Zugang fair gestaltet
wird und sich die Transaktionskosten auch bei Kleineinspeisern
rentieren. Dann regelt sich das Netz von ganz alleine.

Die Überkapazitäten werden immer wieder fälschlicherweise als ein
Problem dargestellt, in Wirklichkeit ist das aber DIE Chance für
Deutschland: wir sind mit dem EEG ein Vorbild für die Welt und
verdienen uns daran auch noch dusselig und dämlich. Durch den
Merit-Order-Effekt sorgen die EE dafür, dass der Strompreis an der
Börse niedrig bleibt, wodurch wir diese Überkapazitäten (auch die
durch die neuen Kohlekraftwerke) eben nicht etwa stilllegen müssen,
sondern gewinnbringend exportieren können. Fragt doch mal bei
Windstärke 9 bei der UCTE nach, in welche Richtung der Strom und in
welche Richtung die Euros fließen.
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