Die Studie setzt voraus, dass es so etwas wie Objektivität im Journalismus gibt und als Folge dessen eine "Ausgewogenheit" herrschen müsse.
Ironischerweise hat der Journalismus diese Vorstellung von sich selbst und legitimiert daraus, "offen" über "alles schreiben zu können", weiterhin hätte der Journalismus nach eigenem Verständnis eine "Aufgabe", Wissen so zu vermitteln, dass Menschen sich eine Meinung bilden können und gleichzeitig habe man Respekt vor Fakten und sei der Wahrheit verpflichtet...etc.
Soweit die Ideologie.
Es gibt unter kapitalistischen Verhältnissen keine im Journalismus vorherrschende Objektivität. Woher soll die auch kommen? Die erste Aufgabe besteht darin, aus einer 1 eine 2 zu machen, sprich: Geld zu verdienen. Die Zeitungen halten sich gerade so mit Werbeanzeigen über Wasser (auch hier herrschen Interessen bei denjenigen, die diese Werbeanzeigen platzieren).
Der ÖRR hat es da einfacher, er unterliegt dem Staat und dessen Interessen. Der Rundfunkbeitrag ist im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag geregelt, welcher ein Staatsvertrag aller 16 Bundesländer ist. Welche Interessen hat der Staat doch gleich im Hinblick auf dessen Politik und dessen "kritische" Betrachtungen?
Die im ÖRR zur Schau gestellte "Kritik" ist eine, die bis zu einem bestimmten Punkt eine "kritische Berichterstattung" simuliert, mehr nicht.
Auch wenn Precht und Welzer diese Zwänge nicht mitdenken, haben sie damit Recht, dass es zu einer Indexierung kommt, keiner darf ausscheren, und wenn doch, dann heißt es "WIR GEGEN DIE", WIR sind die Medien, die das Meinungsmonopol besitzen, DIE sind alle anderen.
Dieses gesamte Vorgehen lässt sich sehr gut beobachten gegen diejenigen, die da nicht mitmachen (wollen) - sofern dies möglich ist:
- komplizierte Sachverhalte werden nicht geklärt, wenn kritische Fragen gestellt werden, wird denunziert, es gibt nur schwarz oder weiß,
- es kommt zu einer "Verzweiseitigung", Freund-und Feindlinien werden geschaffen,
- differenzierte, "graue" Bereiche (und Meinungen) kommen nicht vor und es wird eine "gespaltene Gesellschaft" konstruiert,
- das ganze folgt der Erregungsökonomie, es kommt zu einer Personalisierung: "Person A hat gesagt/geschrieben, dass...".
- FOLGE: Meinungsäußerungen werden nur mit äußerster Vorsicht vorgebracht, was doch in einer Demokratie und dem eigenen Selbstverständnis nach ein Widerspruch sein sollte, denn gerade um den Pluralismus in Sachen Meinungen sollte es doch gehen.
Den Grund einer umfassenden Medien-Kritik kreieren sie sich (Journalismus) allerdings selbst, es ist nichts anderes als ein reiner Elitendiskurs, der sich mit sich selbst beschäftigt und dies führt nicht einfach nur zu einer Repräsentationslücke wie Precht und Welzer schreiben, sondern gerade dazu, dass in anderen Medien (mitunter tatsächliche, absurde Verschwörungstheorien) Zuflucht gesucht und nach anderen Erklärungen gesucht wird. Diese werden dann für ihre "verschwörerischen Angebote" kritisiert, obwohl der Journalismus den Konsumenten ungewollt diesen Weg erst selbst gezeigt hat.