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mehr als 1000 Beiträge seit 14.01.2016

Re: Ist doch gleichgültig

hdwinkel schrieb am 04.10.2023 19:10:

In Ihrer einfach gestrickten Welt sind alle, die sich dem Massensterben verweigern

Nein. Alle, die Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnen.
Sich dem Massensterben zu verweigern ist ja keine Option, die Russen würden dann erst die ukrainische Armee umbringen und dann jeden, der jemals für die ukrainische Regierung gearbeitet hat (also praktisch alle außer den prorussischen Kollaborateuren) in Zwangsarbeitslager zu stecken, was diese Menschen dann zu einem erheblichen Teil ebenfalls töten würde.

Das wär Massenmord an einem erheblichen Teil von 40 Millionen Menschen - vielleicht 10 Millionen Tote? 20? Womöglich sogar 30, wenn sie "Zusammenarbeit mit der ukrainischen Regierung" weiter fassen oder sich bei etwaigen Vorwürfen gar nicht groß mit Beweisen aufhalten - faire Prozesse sind in Russland ja ohnehin unüblich, wenn es um Regierungsgegner geht, was ja in solchen Fällen immer so eingestuft würde.

automatisch Appeaseniks, also praktisch Feiglinge und potenzielle Unterstützer von Massenmördern, die sich unterlassener Hilfeleistungen schuldig machen.

Das ist schön zusammengefasst, ja.

Und als Begründung führen Sie den WK2 an.

Die Parallelen sind ja auch augenfällig.
Der Donbas ist tatsächlich ähnlich den Randgebieten der Tschechoslowakei ein wichtiges Gebiet, das im Vergleich zu einem großen Krieg den Preis Wert zu sein scheint.
Nur hat der Diktator, den man da besänftigen will, schon vorher öffentlich angesagt, dass seine eigentlichen Ziele viel weiter gesteckt sind. Die ganzen Beschwichtiger haben dann alle gesagt, das ist sicherlich nicht so gemeint und das setzt der niemals um.
Und der Diktator findet Verträge bloß lästig, bricht bedenkenlos alle, die ihm im Weg zu sein scheinen. Auf der Basis wäre ein Appeasement sogar sinnlos, denn der Mann wird ja (wie übrigens auch Hitler damals) das nur als Zeichen von Schwäche werten und umso agressiver weitermachen.

Nun ja, Sie scheinen sich für Gerechtigkeit einzusetzen, die ganz auf Seiten der Ukraine ist, deshalb erspare ich mir den Vorwurf an Sie, ein Kriegshetzer zu sein.
Und trotzdem liegen Sie falsch.

Es geht bereits damit los, dass Sie mit dem falschen Krieg vergleichen.
Es gibt momentan keine Führerbefehle, Massenvernichtungslager,

Bisher nicht.
Die gab es zu Beginn von WK2 ja auch nicht (die sind erst ab 1941 entstanden).

Flächenbombardements usw.

Ähm, doch, die Russen greifen auch zivile Ziele an.
Mit Marschflugkörpern, weil sie mit der Luftwaffe nicht hinkommen - das ist durchaus parallel zu den V1- und V2-Programmen.

In Babyn Jar wurden damals binnen 48 Stunden mehr als 30.000 Juden ermordet.

Tja, die Nazis waren darin erfolgreicher, die haben größere Städte samt Einwohnern erobert.
Aber die Russen haben sich ja redlich bemüht. In Butscha sind regelrechte Massaker angerichtet worden. Der Ort ist halt kleiner als Babyn Jar.

Unter den Tätern damals waren auch Ukrainer.

Ja, Arschlöcher gab es auch damals überall.
Und? Whataboutism?

Die von der UN bislang offiziell gezählten toten Zivilisten sind momentan noch nicht einmal fünfstellig. Nach anderthalb Jahren.

Äpfel und Birnen. Die Zahlen von Babyn Jar enthalten so ziemlich alle Opfer, während die heutigen Zahlen ja alle noch vorläufig sind und es erhebliche Dunkelziffern gibt.

Und doch ist der Krieg Russlands ein Verbrechen!!

Nicht nur eines, da ist so richtig die ganze Palette an Verstößen von "das macht man aber nicht so" bis "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" dabei.

Aber eben eines, das mit dem WK2 kaum etwas zu tun hat, als Stellungskrieg auch eher dem WK1 ähnelt. Und auch der WK1 war gleich mehrere Dimensionen größer als der eher lokale Krieg heute.

Und nein, es hat weder mit WK1 noch mit WK2 zu tun.

Es gibt Ähnlichkeiten mit WK1 wegen des Übergewichts an Artillerie, aber das liegt nur daran, dass die Ukrainer keine Luftwaffe haben und die Russen ihre Luftwaffe nur sehr schwierig einsetzen könnnen; hätten die Ukrainer eine Luftwaffe, hätten sie längst die Minenfelder mit einem Bombenteppich ausgelöst und wären einfach durchmarschiert, eine Taktik, die in WK1 mangels schlagkräftiger Luftwaffe gar nicht möglich war.

Es ist auch kein Stellungskrieg. Dort, wo die Ukrainer Druck ausüben, erobern sie tatsächlich Gelände und taktisch bedeutsame Positionen. Zumindest an den Stellen ist es eben kein Stellungskrieg.

In Wirklichkeit ist es ein Abnutzungskrieg. Man schießt sich gegenseitig die Ressourcen (Artillerie, Fluggerät, Personal) weg und schaut, wo dem Gegner zuerst die Front so sehr geschwächt ist, dass man durchbrechen kann; im WK1 hat man das versucht, aber nie erreicht, im Ukrainekrieg geschieht das sehr wohl.

Mit WK2 hat es erst recht nichts zu tun.
WK2 war immer dort in Bewegung, wo eine Seite Truppen konzentrieren konnte, der die Gegenseite lokal an der Stelle nicht standhalten konnte.
Mit der heute üblichen Drohnenaufklärung sind solche Truppenkonzentrationen schneller aufgeklärt, als sie sich in Marsch setzen können, und laufen dann in konzentriertes Artilleriefeuer, bevor sie wirken können.

Deswegen gibt es keine großen Frontbewegungen mehr, sondern stetige kleine Gebietsgewinne.

Geschichte wiederholt sich nicht, sie reimt sich nur.
Und manchmal sind die Reime sogar irreführend und der Inhalt ist ein ganz anderer, als man auf den ersten Blick meint.

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