1. China als Vermittler
Der chinesische Sondergesandte, ehemals Pekings Botschafter Moskaus und Putin-Freund, Li Hui hat ja nicht wirklich bahnbrechendes erreicht. Im Grunde hat er nichts erreicht, außer der Welt mal wieder zu demonstrieren, daß China offenbar nicht gewillt ist auf Russland einzuwirken das sinnlose Blutvergießen in der Ukraine endlich zu stoppen.
Im Gegenteil, der Träger des russischen Freundschaftsordens kommt im Grunde mit Putins Wunsch daher die Waffenlieferungen zu stoppen und ergänzt, daß die Tür für Gespräche nicht verschlossen sei. Also wie aus dem gleichen Pamphlet aus dem auch Wagenknecht & Co. Putins Hoffnung zitieren. Nämlich, daß die Ukraine bedingungslos kapituliert.
Ursprünglich dachte ich fast noch, daß mit Li Hui immerhin einer losgeschickt wurde, der sich da auskennt, der die Sprache spricht etc.
Aber nur fast, denn wie sich herausstellte war die Personalie scheinbar aus Moskau abgesegnet.
Wenn also sozusagen auf die Forderung des Aggressors und Verursachers dieses Krieges eingegangen wird, ohne die Interessen des Angegriffenen zu berücksichtigen, dann stellt sich zumindest mir die Frage was solch eine Show denn dann überhaupt soll. Wozu solch eine Zeitverschwendung? Was hat das mit „Vermitteln“ zu tun.
Wo liegen also dann Chinas wahre Interessen?
Klar ist in meinen Augen, daß dieser Krieg ganz und gar nicht in Chinas Interesse sein kann. Schlicht und einfach, weil es auch für die ökonomisch ziemlich scheisse ist. Gleichzeitig wollen die aber auch keinen allzu geschwächten Nachbarn, also eine Niederlage Russlands ist für die natürlich auch nicht die favorisierte Option. Und das Wichtigste für China ist bei alldem natürlich die USA als dominierende Weltmacht zu schwächen bzw. dieser etwas entgegenzusetzen. Dazu braucht China einen Putin bzw. eher einen Putin.
Somit erklärt sich wiederum auch das klägliche Ergebnis von Li Huis Bemühungen, denn genau das spielt China in die Karten. Zwar betonte China mal, daß die Souveränität einzelner Länder auch für China unantastbar sei. Das heisst aber nicht, daß China dabei die von Russland annektierten Gebiete im Hinterkopf hat.
Li Huis Forderung, quasi als „Ergebnis“ seiner Reise, die Waffenlieferungen zu stoppen heisst also, daß die Uraine aufgeben soll. Und sein Hinweis, daß die Tür für Gespräche nicht zu sei bedeutet im Grunde, daß die Ukraine doch gleichzeitig die Gebiete abgeben soll, also daß die Grenzen einseitig verschoben werden sollen.
Und das „Allerbeste“ aus Chinas Sicht ist dabei: Jetzt kann China sagen, sie hätten es ja immerhin versucht. Und da so ja Chinas „Lösung“ natürlich nicht akzeptabel ist, kann China mit dem Finger auf deren verhasste USA zeigen und behaupten, die USA und die Nato seien ja Schuld daran, daß weiter sinnlos gemordet wird.
Übrigens auch ein Grund, weshalb Chinas „12-Punkte-Plan“ bloß ein schwammiges, nichts aussagendes Stück Papier ist.
Das Traurige an der Sache ist dabei fast schon, wieviele Deppen es gibt die auf sowas reinfallen.
Wahr ist: Selbstverständlich hat auch der sog. Westen kein Interesse an diesem Krieg. Am liebsten wäre auch hier allen ein Waffenstillstand und Verhandlungen. Das Problem sind die von Russland mehrfach kommunizierten Bedingungen, die für die Ukraine verständlicherweise nicht akzeptabel sind, weswegen ein Stopp von Waffenlieferungen wohl einer Kapitulation gleichkäme. Also einen Durchmarsch Putins bedeuten würden. Verhandlungen ohne die Interessen des angegriffenen Landes mit einzubeziehen (von China noch nicht einmal überhaupt in irgendeiner Form berücksichtigt), kann und wird es nicht geben.
Das ist auch richtig so, denn das wäre insbesondere nach allem was nunmehr passiert ist kaum von dauerhaftem Erfolg gekrönt und von Frieden kann daher natürlich auch keine Rede sein.
2. Gegenoffensive
Ganz offensichtlich hat sich das Kriegsgeschehen intensiviert. China bekommt das natürlich genauso mit, wie die Tatsache daß ein Konvoi nach dem anderen mit modernen Waffen in der Ukraine eintrudelt.
Das gefährdet Chinas Interessen (s.o.). Vlt. ist ja das gemeint, wenn China von „Risiko einer Eskalation der Spannungen“ spricht.
Das ist übrigens in meinen Augen auch der Punkt, der äußerst spannend bleibt. Also die Frage, wie China es schaffen möchte, den Krieg am Verhandlungstisch zu den Bedingungen Russlands zu beenden.
Möglicherweise (und m.E. auch am wahrscheinlichsten) lassen die letzten Endes Russland fallen und suchen sich neue Verbündete bzw. versuchen dann evtl. einfach mit am Kuchen zu naschen.
Denn eine Gegenoffensive steht m.E. ganz offensichtlich bevor. Russlands punktuelle Destabilisierung ist im Gange, russische Waffensysteme und Truppen werden gleichzeitig zur Verteidigung russischen Bodens auseinandergezogen, die Infrastruktur für russischen Nachschub wird systematisch zerstört, Putin und seine Entourage werden im eigenen Wohnzimmer angegriffen, das russische Volk wacht scheinbar auch langsam auf und fängt an am Mythos der unbesiegbaren Armee zu zweifeln, unter den russischen Truppen scheint es zu knirschen, die Ukrainer werden an modernen Waffensystemen und auch strategisch professionell geschult, etc.
Persönliche Meinung: Ich rechne mit einem deutlich spürbaren sowie für Russland gleichzeitig äußerst schmerzhaften/verlustreichen Gegenschlag so Ende Juni/ Anfang Juli. Vom 12. bis 23. Juni kann die Ukraine nämlich noch etwas lernen. Realitätsnahe Schulung unter Gefechtsbedingungen.
Air Defender 23 ist die größte Verlegeübung von Luftstreitkräften seit Bestehen der NATO. Das Ziel ist es, Luftoperationen mit verbündeten Luftstreitkräften zu üben. Dabei stehen die Optimierung und Ausweitung der Kooperation der teilnehmenden Nationen im Mittelpunkt. Das Szenario ist einem NATO Artikel-5-Beistandsszenario nachempfunden.
Jede Übung wird dabei mithilfe eines fiktiven Szenarios realitätsnah trainiert.
Hier heisst dieses Szenario so:
Das westliche Bündnis im Kampf gegen die Occasus-Allianz
[…]
Wie kann reagiert werden, wenn ein feindliches Militärbündnis einen Teil Deutschlands besetzt hält? Dies ist die geopolitische Ausgangslage für die Übung Air Defender 23.
Hollywood hätte da als Untertitel evtl. ein „Die NATO grüßt recht herzlich Russland und China“ daraus gemacht. Oder sogar mit einem „Don‘t even think about it!“ untermalt.
Aber lest selbst (echt lesenswert, das fiktive Szenario klingt irgendwie bekannt):
https://www.bundeswehr.de/de/organisation/luftwaffe/aktuelles/gopolitisches-szenario-bei-air-defender-23-5630164
Naja, wie dem auch sei, ich für meinen Teil bleibe seit Tag 1 dabei: Das Beste für Alle (inkl. Russland natürlich) wäre der sofortige Abzug aller russischen Truppen aus der Ukraine inkl. der besetzten Gebiete natürlich.
Da Putin aber leider nicht verhandeln möchte, schon gar nicht in Verbindung mit Kompromissen, sehe ich daher im Moment nur eine Gegenoffensive mit ordentlich Power dahinter als Möglichkeit Putin eben dazu zu zwingen. Leider versteht dieser Mann ganz offensichtlich nur diese Sprache, im Grunde auch nicht wirklich überraschend. Jedoch sehr menschenverachtend und sinnloser Mord und Totschlag…
Für Leute wie Putin gilt im Grunde: Nur mit Druck wird aus Kohle ein Diamant.
In diesem Sinne, Baxter