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  • Regenwetter

522 Beiträge seit 29.04.2023

Bedeutung der militärischen Neutralität

DrM schrieb am 25.10.2024 17:44:

Russland hat die Ukraine 2014 angegriffen und die Krim annektiert.
Zu dem Zeitpunkt hatte sie ihrer militärische Unabhängigkeit in der Verfassung verankert.

Zu der von Ihnen fettgedruckten Aussage habe ich eine inhaltliche Recherche versucht.

Meine Feststellungen: Unter Juschtschenko wurde 2008 noch der Nato-Beitritt angestrebt. Dies Vorhaben scheiterte mehr oder weniger. [3] Bei den Präsidentschaftswahlen 2010 bekam er im 1. Wahlgang noch 5,45 % der Stimmen, der spätere Sieger Janukowitsch 35,32 % [4] 2010 wurde unter Janukowitsch die militärische Neutralität gesetzlich verankert. Ob diese Verankerung Verfasserungsstatus hatte konnte ich nicht klären. Aussagen von Ihnen aus früheren Posts folgend nehme ich diese aber an. Folge der Maidan Proteste war auch, dass die Verfassung von 2004 wieder die gültige Verfassung war. [1] [5] diese hätte die Neutralitätsverpflichtung aus 2010 nicht enthalten können.
Ob das unter Janukowitsch so nicht zustande gekommene EU-Assoziierungsabkommen dann bereits verfassungsrechtliche Verstöße beinhaltet hätte ist möglich. Ich zitiere aus dem Anhang: Mit anderen Worten, das Handelsabkommen beinhaltete auch die Förderung der militärischen Interoperabilität mit Kräften, die von der russischen Regierung zu Recht oder zu Unrecht als Bedrohung für die nationale Sicherheit Russlands angesehen werden, [mit weiteren Ausführungen) [2]
Neben der "rechtlichen" Neutraliät würde ich auch auf die "faktische" Neutraliät schauen. Ich möchte dies mit einem Bild deutlich machen: Ich schaue am 01.03. in den Kühlschrank und sehe ein Päckchen Gehacktes. Das Mindesthaltbarkeitsdatum war irgendwann im Januar. Da ich heute nicht mehr zur Grünentonne gehen will lass ich es bis zu meinem nächsten Gang im Kühlschrank. Essen werde ich das Gehackte sicher nicht mehr. Hierauf übertragen: Wie obsolet war die Neutralitätspflicht bei den handelnden Personen?
[1]
https://www.politico.eu/article/yanukovych-signs-transition-deal-with-ukraine-opposition/
Under the deal, the 2004 constitution was to be reinstated within 48 hours; this happened in the afternoon, when the Verkhovna Rada, Ukraine’s parliament, endorsed the 2004 constitution with a sweeping majority.
Übersetzt mit DeepL
Gemäß der Vereinbarung sollte die Verfassung von 2004 innerhalb von 48 Stunden wieder in Kraft gesetzt werden; dies geschah am Nachmittag, als die Werchowna Rada, das ukrainische Parlament, die Verfassung von 2004 mit einer überwältigenden Mehrheit billigte

[2]
https://www.telepolis.de/features/10-Jahre-spaeter-Was-wirklich-hinter-den-Maidan-Protesten-steckt-9636797.html

Aber die Europäer, US-Amerikaner, Ukrainer und Russen wussten sehr wohl, dass das Assoziierungsabkommen mit Brüssel nicht nur ein Handelsabkommen war. Abschnitt 2.3 der EU-Ukraine-Assoziierungsagenda hätte die Unterzeichner dazu verpflichtet:
... Maßnahmen zu ergreifen, um die militärische und technische Zusammenarbeit zwischen der EU und der Ukraine zu fördern [und] die direkte Zusammenarbeit bei konkreten, von beiden Seiten gemeinsam festgelegten Aktivitäten zwischen einschlägigen ukrainischen Institutionen und GASP/GSVP-Agenturen und -Einrichtungen wie der Europäischen Verteidigungsagentur, dem Institut der Europäischen Union für Sicherheitsstudien, dem Satellitenzentrum der Europäischen Union und dem Europäischen Sicherheits- und Verteidigungskolleg zu fördern und zu erleichtern.
Mit anderen Worten, das Handelsabkommen beinhaltete auch die Förderung der militärischen Interoperabilität mit Kräften, die von der russischen Regierung zu Recht oder zu Unrecht als Bedrohung für die nationale Sicherheit Russlands angesehen werden.
[3]
https://de.wikipedia.org/wiki/NATO-Gipfel_in_Bukarest_2008
Im Januar 2008 sandte die Regierung unter Präsident Wiktor Juschtschenko einen formellen Brief an NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer mit der Bitte um Gewährung eines „Aktionsplans für die Mitgliedschaft“ (englisch: Membership Action Plan, abgekürzt MAP) für die Ukraine. Die Antwort von US-Verteidigungsminister Robert Gates lautete zunächst, dass eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine nicht auf der Agenda stünde. Bis März unterstützte die Bush-Regierung jedoch einen MAP für die Ukraine und Georgien. …Bundeskanzlerin Angela Merkel legte kurz vor der Eröffnung der Plenarsitzung einen Kompromissvorschlag vor, dass die Ukraine und Georgien zwar keinen MAP erhalten würden, dafür sollte in die Gipfelerklärung ein Satz aufgenommen werden, dass beide Länder NATO-Mitglieder werden würden.
[4]
Ergebnis der Präsidentschaftswahlen 2010
Kandidat
1. Wahlgang1

Stimmen
Anteil
Wiktor Janukowytsch 8.687.000 35,32 %
Julija Tymoschenko 6.160.000 25,05 %
Serhij Tihipko 3.211.000 13,05 %
Arsenij Jazenjuk 1.712.000 6,96 %
Wiktor Juschtschenko 1.342.000 5,45 %

2. Wahlgang
Wiktor Janukowytsch 12.480.335 48,95 %
Julija Tymoschenko 11.593.202 45,47
[5]
https://de.wikipedia.org/wiki/Verfassung_der_Ukraine#Verfassungs%C3%A4nderungen
Im Verlauf der Euromaidan-Proteste beschloss das ukrainische Parlament am 21. Februar 2014 die Wiederinkraftsetzung der Verfassungsversion von 2004.[2]

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (25.10.2024 22:34).

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