hdwinkel schrieb am 06.08.2023 21:56:
Weshalb ein Einfrieren keine Option sein soll, habe ich Ihrem Beitrag jetzt nicht entnehmen können.
Gut, ich versuche es ausführlicher.
Was gegen ein Einfrieren des Konflikts spricht, sind die unterschiedlichen, unvereinbaren Standpunkte beider Gegner und die augenblickliche Ausgangslage.
Für die Russen ist die jetzige Lage durchaus komfortabel. Die Unterstützung der russischen Bevölkerung steigt, zudem hat man auf Kriegswirtschaft umgestellt und die Verluste aus dem wirtschaftlichen Sanktionen des Westens substituiert. Zudem sind die Russen weiter voll handlungsfähig, viele Handelspartner haben sich den westlichen Sanktionen nicht angeschlossen und auch die Währung ist nicht ins Bodenlose gefallen sondern nach einem kurzen Sinkflug wieder gestiegen und hat sich stabilisiert.
Für Russland gibt es also keinen Grund, den Konflikt einfrieren zu lassen. Weiter hat Russland keine Generalmobilmachung veranlasst, der jetzige Konflikt wird mit Teilen der regulären Armee betrieben, sowie mit Reservisten und Zeitsoldaten aus den asiatischen Raum Russlands. Russland bereitet sich auf einen jahrelangen Krieg vor, soviel ist klar und das haben die Russen auch gesagt.
Die Ukraine dagegen ist voll und ganz von westlicher Unterstützung abhängig, kann nur deswegen noch ihre staatlichen Aufgaben nachkommen, weil die Finanzierung voll durch Kredite des Westens bedient wird. Die regulären Armeeteile sind gefallen, bis auf die Azowbrigaden die in zweiter Reihe gehalten werden, fehlt es an Personal und es gibt immer wieder Videos von geschanghaiten männlichen Zivilisten, die gewaltsam von der Straße eingefangen und in die Uniform gesteckt werden. Kriegsbegeisterung sieht anders aus. Wer kann, der hat sich schon in den Westen abgesetzt und wer das Bestechungsgeld für die Werber nicht zahlen kann, versucht unter dem Radar zu bleiben. Jetzt kommt langsam der Herbst, alles verschlammt wieder, und die Ziele, die die Führung in Kiew ausgegeben hat, sind nicht erreicht. Für die Ukraine wäre ein Einfrieren des Konflikts tatsächlich für eine Erholung vorteilhaft, aber das werden die Russen wie oben beschrieben nicht zulassen, weil die Russen es nicht nötig haben.
Was sollte man den Russen auch anbieten können? Die werden einen kontinuierlichen Druck aufrecht erhalten, um Kiew in einen Stresszustand zu halten, der die Ukraine allmählich ermüdet und keine Gelegenheit geben wird, aus der Kriegswirtschaft auszubrechen und sich zu erholen.
Im Westen dagegen ist der Bevölkerung keine Kriegswirtschaft zu verkaufen, die Ukraine ist den meisten egal und die anfängliche Unterstützung beginnt zu bröckeln. Zudem haben sich die Sanktionen gegen einen gewandt, die Energiekosten drücken, die Wirtschaft ist auf Talfahrt und Westeuropa gehört zu den Verlierern. Die EU hat bereits mehrere Jahresbudgets für die Ukraine ausgegeben und wie lange die EU noch die Ukraine unterstützen kann ohne von der eigenen Bevölkerung aus dem Amt geworfen zu werden ist unbestimmt.
Die USA hat in einem Jahr Neuwahlen, auch da ist alles offen. Wenn sich für die USA eine Unterstützung der Ukraine nicht mehr rechnet, dann wird man dieser ihren Schicksal überlassen, Vietnam, der Irak und Afghanistan sind dafür gute Beispiele. Der Schaden bleibt bei Westeuropa, damit hat die USA einen Wirtschaftskonkurrenten weniger.
Also, für Russland steht es gut. Für Russland spielt die Zeit, weil je länger der Krieg dauert, die westlichen Unterstützerstaaten mehr und mehr Geld und Material aufwenden müssen ohne ein Return of Invest. Und die USA werden ebenfalls als Sieger rausgehen, egal ob die Ukraine gewinnt oder verliert. Man wird sich dann China widmen.