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  • H.S.Kirschner

64 Beiträge seit 04.03.2022

Entnazifizierung

Zwei Anmerkungen:

1.

"Der gegenwärtige ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj ist jedenfalls demokratisch gewählt und definitiv kein Nazi." schreibt im Artikel Leo Ensel.

In der Ukraine wurde letztes Jahr u.a. das sog. "Stammvolkgesetz" (Gesetz № 1575-IX) eingebracht und verabschiedet. Das Gesetz ist seit letztem Jahr in Kraft. Laut diesem Gesetz gehören bestimmte Ethnien bestimmter ukrainischer Staatsbürger nicht mehr zu den angestammten Ethnien/Rassen in der Ukraine. Dass darin legislativ alles Russischstämmige nicht mehr als ukrainisch "indigen" deklariert wird (wie abartig und absurd!), ist im Nachgang der Sprachgesetze und anderer solcher Gesetze zwar keine Überraschung mehr, aber zweifellos, allein schon unter dem Gesichtspunkt der "Ukrainisierung", völkische und rassistische sowie im Ergebnis latent nationalistische Politik. Diese Gesetzesinitiative hat im Übrigen Selenskyj selbst (!) am 18.05.2021 eingebracht und das Gesetz trat nach erfolgreicher Verabschiedung und Unterzeichnung am 22.07.2021 in Kraft.

Im Wortlaut nachzulesen auf der Webseite des ukrainischen Parlaments unter http://w1.c1.rada.gov.ua/pls/zweb2/webproc4_1?pf3511=71931

Es kann jedenfalls nicht bestritten werden, dass dieses Stammvolkgesetz gegenüber angestammten Menschen Festlegungen in völkischen bzw. rassischen Kategorien vornimmt. Man erinnere sich auch an Poroschenkos Erklärungen gegenüber der Donbass-Bevölkerung: "[...] Wir werden Renten haben, sie keine. Bei uns werden die Kinder in die Schule gehen, bei ihnen werden sie in den Kellern sitzen. [...]" Und das sind nicht die einzigen Beispiele. Da das alles tatsächliche Politik ist und sich staatlich in Legislative (s.o.), Judikative und Exekutive (Rechte Sektor, Asow, Ajdar & Co.) niederschlägt, ist das keine Erfindung Putins, sondern ein sehr ernstes und dadurch mittlerweile systemisches Nazi-Problem, was den Bevölkerungsteil, um den die Ukraine mittels all dieser Akte "entrussifiziert" werden soll, seit acht Jahre akut ("ATO") betrifft. Unsere Medienerzeugnisse aus den Jahren 2014 und 2015 haben darüber noch halbwegs berichtet - jetzt spricht keiner mehr über den Donbass, weil man Putin nicht Recht geben will. Und auch zuvor schon war das Problem mit der Svoboda-Partei und dem Rechten Sektor (auch in der EU!) sehr gut bekannt, worauf Günter Verheugen mehrere Male äußerst kritisch hingewiesen hatte. Später hörte man auch dazu gar nichts mehr, sondern versucht es als Hirngespinst Putins hinzustellen. Und ich wette, dass die meisten gar nicht wissen, was für Gesetze (z.B. das o.g. "Stammvolkgesetz" oder das Binnenschifffahrtgesetz № 1054-IX , die allesamt Russen diskriminieren, habe ich genannt) die letzten Jahre beschlossen wurden und welche Umtriebe (z.B. der o.g. Bataillone) in der Praxis stattfinden.

Also sage mir noch einer, der Staat Ukraine hätte kein latentes Nazi-Problem und dass ein Teil der Bevölkerung nicht darunter litte!

2.

"Nach wie vor gibt es vor allem in der Westukraine, nicht zuletzt auf dem Hintergrund der Bandera-Tradition, ultrarechte Gruppierungen, die auch mit der Naziideologie sympathisieren." schreibt Leo Ensel weiter.

Dass Asow mittlerweile Regimentsstärke erreicht hat (einer der Hauptsitze übrigens in Mariupol!) und zusammen mit dem rechten Sektor dem Innenministerium unterstellt ist, somit Teil staatlicher Strukturen ist sowie auch ansonsten die Politik in diese Richtung treibt, unterschlägt Herr Ensel leider. Obwohl Herr Ensel eine Reihe von Aspekten anspricht, ist aber auch da sehr viel genauer hinzusehen. Denn im Ergebnis aller Aspekte, von denen hier nur einige genannt sind, kann ein strukturelles und systemisches Nazi-Problem, dass sich v.a. gegen alles "Russische" und damit gegen einen Teil der Bevölkerung richtet, nicht bestritten werden.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (13.03.2022 03:40).

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