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  • logiko

mehr als 1000 Beiträge seit 20.11.2020

Der Krieg war unvermeidbar

Als die baltischen Staaten sich aus der russischen Umklammerung gelöst hatten, war Russland noch keine Despotie und international noch der Friedensdoktrin Gorbatschows verpflichtet, keinem andern Staat mit Gewalt zu drohen. Jelzin hatte die Nationalstaaten aus der Union entlassen, damit wurden sie zu eigenständigen Völkerrechtssubjekten, die souverän handeln konnten.
Grundvoraussetzung, im Westen Anschluss zu finden, ist der Aufbau demokratischer Institutionen. Genau das ist der Knackpunkt des Gegensatzes zwischen Russland und dem Westen.
Weissrussland gelang es nie, sich von der Diktatur zu lösen, aller ziviler Widerstand in der Bevölkerung war vergeblich. In der Ukraine war der Widerstand härter, trotzdem hatte es lange gedauert, bis sich demokratische Institutionen bilden konnten. Da war in Russland längst die Rückkehr zum Despotismus entschieden worden, der das russische Volk allmählich wieder zu gehirngewaschenen Untertanen einer Kleptokratie mit faschistischer Einfärbung reduzierte.
Dieser Status, Sklavenbesitz eines Diktators zu sein und einem Gewaltregime absoluter Unfreiheit wehrlos ausgeliefert zu sein, war für die Ukrainer nicht mehr hinnehmbar. Damit standen sich der russische Imperialismus und der ukrainische Nationalismus über Kreuz und diese ideologischen Interessengegensätze waren nicht mehr zu befrieden.
Der Westen war lange Zeit in der Ukraineangelegenheit unentschieden. Das EU-Versprechen wurde auf die lange Bank geschoben, zu schlecht waren die Erfahrungen mit einer Reihe von Osteuropäern, um sich einen weiteren unsicheren Kantonisten noch ans Bein zu binden. In der Nato lehnten eine Reihe von Mitgliedern - voran Deutschland - einen Natobeitritt ab und die USA wollten ein eigenständiges Bündnis mit Garantieversprechen nicht riskieren. Man fürchtete am Ende dumm dazustehen wie so oft.
Leider hat sich die hinhaltende Politik des Westens als gravierender Fehler erwiesen, sie wurde von Putin als Schwäche aufgefasst, denn seine europäischen Interventionen endeten vorher stets mit dem Sieg. Darum griff er die Ukraine als Ganze an und genau das sahen die Europäer als eine Herausforderung, der sie nicht tatenlos zuschauen konnten, ohne selbst in der Substanz erschüttert zu werden. Der Angst vor der liberalen Expansion, die ideologisch Putins Despotismus erschüttern könnte, stand nun plötzlich in gleichem Maße die Angst des Westens vor dem Untergang gegenüber, wenn sie der Gewalt des russischen Militarismus nichts entgegensetzen würden. Beide handeln aus Schwäche und Angst, weil beide ideologisch auf wackeligen Füßen stehen. Der Westen fürchtet, dass ein weiterer Sieg Putins die von ihm finanzierten Populisten von Ungarn mit Orban bis Frankreich mit Marine Le Pen weiter stärken könnten und auch Polen sich abwenden könnte, während Putin die liberalen Ideen der Zivilgesellschaft ausrotten muss, um sein morsches Kolonialsystem retten zu können, das Sklaven braucht, die sich unter der Knute winden (man sieht ja, was der russische Mob in der besetzten Ukraine macht: Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Folter, Hinrichtung, Dezimierung und Deportation).

Es ist aber nicht nur so, dass der Ukrainekrieg unvermeidbar aus den unversöhnlichen Interessengegensätzen heraus entflammte und sich schon seit dem Krimeinmarsch in aller Deutlichkeit ankündigte, sondern es steht auch der 3. Weltkrieg vor der Tür. Wer verliert wird gefressen. Mit Feigheit wird man sich nicht mehr retten können, wie die so oft gescheiterte Appeasementpolitik uns lehrt.

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