Nussferatu schrieb am 12.04.2022 13:57:
Putin versteht nur Stärke. Ein Nachgeben wird von ihm immer als Schwäche interpretiert.
Ich kann mich an kein Eingehen auf russische Positionen erinnern. Nur an aufgeblasene westliche Politiker, die in jeder Kleinigkeit "unverhältnismäßige Maximalforderungen" gesehen haben.
Seit den 90iger Jahren wurde gerade in Deutschland versucht Russland permanent einzubinden. Auch wenn Putin es immer wiederholt bei den 2+4 Gesprächen ist kaum vorstellbar, dass über die Nato-Ost-Erweiterung gesprochen worden ist. Erstens bestreitet es Gorbatschow der dabei war (im Gegensatz zu Putin), zweitens waren die baltischen Staaten zu diesem Zeitpunkt noch Teile der Sowjetunion. Und deren Delegation hätte sicher nicht über den möglichen Beitritt oder Nichtbeitritt von Sowjetrepubliken zur Nato verhandelt. Schriftlich gibts sowieso nix. Aber anstatt klar zu sagen, dass Putin seit Jahren munter Lügen auf der Weltbühne erzählt und er endlich mal seine Klappen halten soll, wenn er nix sinnvolles zu sagen hat, hat man immer diplomatisch fein gelächelt, was Putin natürlich als Schwäche aufgefasst hat.
1991 löste sich die Sowjetunion auf, ehemalige Sowjetrepubliken wurden unabhängig, darunter das Baltikum, die Ukraine, Georgien und Moldau. Russland verpflichtete sich vertraglich, deren Grenzen zu achten. Im Gegenzug erhielt es sämtliche Atomwaffen, die dort - etwa auf dem Gebiet der Ukraine - stationiert waren. Wie aber verhielt und verhält sich Russland zu seinen Nachbarn? Immer wieder greifen reguläre wie irrreguläre russische Truppen ein, um Separatisten zu unterstützen, so 1992 Abchasien gegen Georgien, ebenfalls 1992 Transnistrien gegen Moldau, seit 2014 die Donbass-Region gegen die Ukraine. Und was hat Deutschland gemacht? Eingegriffen? Oder zumindest Sanktionen verhängt? Nein, wieder gelächelt, anstatt mal zu knurren.
Nordstream 2 wurde ausgebaut. Sich komplett abhängig von russischen Gas gemacht, anstatt die Energiewende voranzutreiben (oder zumindest Backup-Pläne mit Fracking-Drecks-Gas aus den USA zu haben, was aber natürlich auch nicht toll ist).
Handelsbeschränkungen wurden abgebaut. Russland bei wissenschaftlichen Projekten hofiert. 1998 nahmen die G7-Staaten Russland als achtes Mitglied auf. Industriekooperationen wurden vereinbart. Während der Kremelverbrecher Oppositionelle töten lies, freie Medien in Russland verfolgte und die Internetüberwachung im eigenen Land hochfuhr, während er in Trollfabriken die weslichen sozialen Netze mit Müll überschwämmen lies und überall versuchte Gesellschaften zu spalten. Was hat Deutschland gemacht? Wieder nur gelächelt, anstatt mal ein paar Poloniumbrötchen für die Gangster in Moskau zu schmieren.
Noch vor 8 Wochen wäre es undenkbar gewesen, dass in Schweden und Finnland eine Mehrheit für den Nato Beitritt ist. Die Nato war am zerfallen. Kaum ein Land erfüllte das 2% Ziel (und im Koalitionsvertrag der Ampel kommt das Wort Verteidigung so gut wie nicht vor). DIe Ukranie war Lichtjahre von einem Nato oder EU Beitritt entfernt und hätte von Deutschland nicht mal alten NVA Schrott bekommen.
Alles was Putin als sogenanntes Bedrohungszenario anführt hat er selbst hervorgerufen. Putin selbst hat seine eigenen Forderungen desavouiert. Er dachte, der Westen wird so reagieren wie immer in den letzten Jahrzehnten. Lächeln und wegsehen. Putin schafft sich selbst das Bedrohungsszenario, vor dem er warnt. Mit so jemanden ist schwer zu verhandeln.
Aber es wäre wahrscheinlich nicht so weit bekommen, wenn man ihm schon früher auf die Finger geklopft hätte.