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  • HerrMeLin

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Re: Das Märchen vom NATO Encroachment - siehe irrtümliche Siegesmeldung!

bbirke schrieb am 13.04.2022 13:30:

Leider wurde dieses Märchen, dass Russland sich durch die NATO-Beitritte ehemaliger Warschauer Pakt-Staaten und Sowjetrepubliken auch in den hiesigen Medien transportiert. Das gefährliche ist, dass es nachvollziehbar erscheint. Es fehlten meist die Informationen, was in Russland intern diskutiert und propagiert wird. Aktuell kommen immer mal wieder Ausschnitte aus russischen TV-Talkshows ins Netz und auch in westliche Medien, wo von "Politikexperten" absolut arrogant, herablassend und bedrohend über andere Länder geredet wird, Schulhofschläger als Politstrategen.

Hier ein wesentlicher Auszug der versehentlich am 26. Februar auf Ria Novosti veröffentlichten Siegesmeldung:
https://anonleaks.net/2022/anonymous/ukraine-russische-nachrichtenseite-erklaert-putins-grossmachtsphantasien/

Und das Original:
https://web.archive.org/web/20220226051154/https://ria.ru/20220226/rossiya-1775162336.html

Damit bestätigt sich, dass es nicht um eine NATO-Bedrohung, sondern um die Unterwerfung eines kulturell verwandten Staates geht, weil dieser als freies und prosperierendes Land eine Gefahr für die russischen Machthaber darstellt, die ihr autoritäres Schattenreich behalten wollen. Vergleichbares wurde schon vorher in US-Medien geäußert, klang da aber nach nicht ganz ernstzunehmender "freedom & democracy"-Agitation. Die Siegesmeldung bestätigt das aber.

Das ist falsch! (Schon gar nicht um einen Genozid oder Unterwerfung.)

Aber das ist ein allgemeines Problem: Wer schon diese Quellen benutzt und darauf verweist, sollte sich jedenfalls immer die Mühe machen, nicht nur die Quellen zu prüfen, und die Übersetzungen, sondern auch den gesamten Text zu lesen und sich ein eigenes Bild machen.

Ich habe das getan, ich habe mir die Mühe gemacht und mir den Text aus dem Archiv geholt und übersetzt und ganz gelesen.

Es ist wie immer: So wie versucht wird, es darzustellen, ist es keineswegs. Im Kontext ergibt sich ein anderes Bild!

Die Kernaussage hat sich nicht geändert: Der drohende NATO-Beitritt und die Verhinderung der Ausbreitung der westlichen - insbesondere der amerikanischen - Einflusssphäre ist das oberste Ziel (gewesen).

Das wird durch folgende Absätze besonders deutlich (DeepL):

"Die Rückführung der Ukraine, d.h. die Rückgabe an Russland, würde mit jedem Jahrzehnt schwieriger werden - die Umcodierung, die Derussifizierung der Russen und das Ausspielen der Kleinrussen-Ukrainer gegen die Russen würden an Dynamik gewinnen. Und wenn sich die vollständige geopolitische und militärische Kontrolle der Ukraine durch den Westen verfestigt, wäre ihre Rückkehr zu Russland überhaupt nicht mehr möglich - es müsste mit dem atlantischen Block um sie kämpfen."
...
"Europa, als Teil des Westens, wollte Autonomie - das deutsche Projekt der europäischen Integration macht keinen strategischen Sinn, solange die angelsächsische ideologische, militärische und geopolitische Kontrolle über die Alte Welt bestehen bleibt. Sie kann auch nicht erfolgreich sein, denn die Angelsachsen brauchen ein kontrolliertes Europa. Europa braucht aber auch aus einem anderen Grund Autonomie - für den Fall, dass die Vereinigten Staaten sich selbst isolieren (aufgrund wachsender interner Konflikte und Widersprüche) oder sich auf den pazifischen Raum konzentrieren, wo sich das geopolitische Gravitationszentrum verlagert."
...
"Doch die Konfrontation mit Russland, in die die Angelsachsen Europa hineinziehen, nimmt den Europäern sogar die Chance auf Autonomie - ganz zu schweigen davon, dass Europa auf die gleiche Weise versucht, einen Bruch mit China zu erzwingen. Während die Atlantiker nun frohlocken, dass die "russische Bedrohung" den westlichen Block eint, ist man sich in Berlin und Paris darüber im Klaren, dass das europäische Projekt mittelfristig scheitern wird, da es die Hoffnung auf Autonomie verloren hat. Aus diesem Grund sind unabhängig denkende Europäer heute völlig uninteressiert daran, einen neuen eisernen Vorhang an ihren östlichen Grenzen zu errichten, da sie wissen, dass dieser sich in einen Pferch für Europa verwandeln wird. Dessen Jahrhundert (um genau zu sein, ein halbes Jahrtausend) der globalen Führung ist auf jeden Fall vorbei - aber verschiedene Optionen für seine Zukunft sind noch möglich.
Denn der Aufbau der neuen Weltordnung - und das ist die dritte Dimension des aktuellen Geschehens - beschleunigt sich, und ihre Konturen werden durch die sich ausbreitende Decke der angelsächsischen Globalisierung immer deutlicher. Eine multipolare Welt ist endlich Realität geworden - die Operation in der Ukraine ist nicht in der Lage, irgendjemanden außer dem Westen gegen Russland zu mobilisieren. Denn der Rest der Welt
(gemeint sind China und Indien, Lateinamerika und Afrika, E.d.V.) kann sehen und verstehen, dass es sich um einen Konflikt zwischen Russland und dem Westen handelt, um eine Antwort auf die geopolitische Expansion der Atlantiker, um die Rückeroberung des historischen Raums und des Platzes Russlands in der Welt."

Und Nachtrag: Jetzt ergibt die Durchsetzung des Brexits (Angelsachsen) auch Sinn. UK kann mit USA endlich wieder an einem Strang ziehen, ohne Rücksicht auf die europäischen Befindlichkeiten nehmen zu müssen oder gar gezwungen sind, sich diesen anschließen zu müssen.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (16.04.2022 10:18).

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