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Avatar von auf_der_hut
  • auf_der_hut

mehr als 1000 Beiträge seit 07.05.2008

Re: Wer Raketen in Kuba aufstellt...

Dieser dämliche Kuba-Vergleich könnte mal ein Update vertragen. Das ist 60 Jahre her!

Die strategische Lage ist heute grundlegend anders. 1962 gab es noch keine U-Boot Raketen, die ICBMs waren gerade erst erfunden. Da war es schon noch von entscheidender Bedeutung für die Zweitschlagfähigkeit die Raketen möglichst nah an das gegnerische Territorium heranzubringen.

Der Kuba-Vergleich trifft heute noch am ehesten auf Kaliningrad zu. Der Westen nimmt die nukleare Bedrohung, die von diesem "unversenkbaren Raketenkreuzer" ausgeht, bisher tatenlos hin. Die modernen, hochpräzisen und (bisher) nicht abfangbaren "Iskander" und "Kinshal" Systeme sind für nukleare Enthauptungsschläge geeignet, das sind Erstschlagswaffen, gebaut um tief verbunkerte Kommandostellen zu zerstören. Sie sind extrem gefährlich, weil dem Angegriffenen als Antwort eigentlich nur der sofortige Gegenschlag bleibt, bevor seine Kommandostrukturen ausgelöscht werden. Der Angreifer weiß immer erst beim Einschlag, ob es sich um eine konventionelle oder nukleare Waffe handelt - beide Varianten sind möglich. Für einen Gegenschlag gibt es in der NATO keine geeigneten Mittel, ehe die veralteten Atombomben in Büchel unter einem ebenso veralteten Tornado hängen und die komplizierte Freigabe durch ist, gibt es Büchel schon längst nicht mehr. Russland könnten die Tornados ohnehin nicht erreichen. Es blieben also nur U-Boot oder schiffsgestützte Marschflugkörper unter reinem US-Kommando. Ob die mit ihrer 40 Jahre alten Technologie in der Lage sind die aktuelle russische Luftabwehr zu durchdringen ist zumindest fraglich.

Russland benutzt diese neuen Waffen bereits politisch. Putin hat die Rote Linie überschritten, Nicht-Atomstaaten niemals nuklear zu drohen, als er jedem, der sich in den Ukrainekonflikt gegen Russland einmischt mit der totalen Vernichtung drohte.

Das ist eine reale und konkrete Bedrohung für uns alle, egal wie wir zu Putin und zu Russland stehen mögen. Aber die russophile TP-Gemeinde möchte lieber ihren hochmoralischen Rechenschieber rausholen und eine 60 Jahre alte Geschichte wieder aufwärmen, um ihren liebgewonnenen Antiamerikanismus nicht überdenken zu müssen. Damit verabschiedet sich dieser Teil des politischen Spektrums aus der Diskussion um die geopolitische Zukunft. Irgendeine Idee, wer anstelle der USA als Gegengewicht zu dem nach innen wie nach außen gewaltbereiten Putin-Russland fungieren soll ist von dort nicht zu erwarten. Stattdessen ergeht man sich in fruchtlosen Vergleichen von Hitlerdeutschland über Kuba und Kosovo bis Irak, all das soll verschleiern, dass man überhaupt keine Schmerzen damit hat, die Ukraine jetzt und hier über die Klinge springen zu lassen. Sind sowieso alles Nazis. Um Putin für einen der Ihren zu halten reicht es für die Linke offenbar, dass er es den Amerikanern mal so richtig zu zeigt. Da sieht man dann über Details, wie z.B. das gigantische Privatvermögen Putins, großzügig hinweg.

Das Schicksal der Ukraine wird viele Länder (Deutschland eingeschlossen) die Frage einer nuklearen Zweitschlagfähigkeit unter nationaler Kontrolle, wie sie Frankreich und Großbritannien haben, neu überdenken lassen. Dies scheint die einzige halbwegs verlässliche Garantie zu sein seine Unabhängigkeit auch von Amerika bewahren zu können.

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