Geht doch super! Genau so hätte ich mir ihre Reaktion von Beginn an gewünscht.
Der Verweis auf Hitlers Standpunkt zu Verhandlungen bezieht sich nicht auf das Ende des Krieges, wo die Alliierten natürlich die Bedingungen aus einer absoluten Position der Stärke vollständig diktieren konnten. Die Alliierten hatten sich ja bereits in Casablanca auf das bestehen auf eine vollständige Kapitulation geeinigt. Sämtliche Vorstöße seitens der Mitglieder OKW/OKH Hitler zu Seperatverhandlungen zu bewegen, wurden von diesem abgewiesen mit dem Hinweis, dass er nicht aus einer Position der Schwäche verhandeln könne oder wolle. Diese Position in einem Krieg welcher längst nicht mehr zu gewinnen war, hat mindestens alle Möglichkeiten verhindert einen katastrophalen Ausgang wenigstens abzuschwächen. Im übrigen könnte man hier noch den Bogen schlagen, dass ein Putsch von militärischer Seite gegen Hitler unter anderem auch deshalb von der Generalität abgelehnt wurde, weil man eben nicht vollständig kapitulieren wollte (vor allem nicht vor Russland). Es ließe sich hier argumentieren, dass ähnliche Zustände in Russland zutreffen könnten, da die derzeitigen Verhandlungsobjekte der Ukraine ebenfalls von dem groß der Russen (Zivil als auch Militär) als inakzeptabel betrachtet werden. Selbstverständlich haben wir eine andere Situation in de Ukraine als in Deutschland 1943/44. Allerdings sind auch hier die Aussichten auf Positionen der Stärke kritisch zu hinterfragen, man hat es ja nicht zuletzt mit einer Atommacht auf - je nachdem wie man es sieht - einer Konfliktseite zu tun. Es bleibt nicht ausgeschlossen, dass ein Putin aus einer Position der Schwäche, der Konsequenz aus einer stärkeren Position der Ukraine, weiter eskaliert indem er beispielsweise auf sein Atomarsenal zurückgreift. Die zuletzt durch Chruschtschow an die Ukraine verschenkte Krim werden die Russen nicht aufgeben wollen. Henry Kissinger empfiehlt solche Ziele aufgrund ihres Gefahrenpotentials aufzugeben und auch wenn ich mich nun dem Vorwurf aussetzen muss, mich hinter Experten zu verstecken, so ist es doch wenigstens einer mit Außenpolitischem Gewicht (und wahrlich kein Täubchen).
Sie sollten genau wissen, dass ein Flottenstützpunkt am Asowschen Meer nicht die selbe strategische Position einnehmen kann wie in Sewastopol. Hier bestimmt die Geografie das Interesse (unter anderem ist das Assowsche Meer zu großen Teilen extrem flach und man muss mehrere Nadelöhre passieren um in strategische Gewässer zu stechen). Ich finde die Argumentation, auf das Assowsche Meer auszuweichen, insgesamt etwas obskur und wundere mich über die Ernsthaftigkeit des Vorschlags.
Der Familienstreit wurde in der Sendung genutzt, um die - auch von ihnen vertretene - Taktik zu veranschaulichen, wie eine Position der Stärke einer Verhandlungsposition zuträglich sein kann. Ich halte diese Analogie für gänzlich ungeeignet (schon alleine weil ich bezweifle, dass Eskalation auch nur bei einem Familienstreit von nutzen sein muss). Die Ukraine befindet sich auch derzeit in keiner eindeutigen Position der Schwäche. Sie wird ja nicht zuletzt von uns, aber vor allem den USA, kräftigst unterstützt und verfügt über reichlich Material- als auch menschliche Ressourcen. So lange die Unterstützung kräftiger Industrienationen der Ukraine gegeben bleibt, müssten sich die Russen auch bei gegenwärtigen Verhandlungen überlegen, inwiefern sie sich auf einen Abnutzungskrieg einlassen wollen. Würde man es denn probieren, wären die Russen eben vielleicht auch jetzt schon zu Konzessionen bereit. Auch wenn sich die Bereitschaft über ein aufgeben der Krim vermutlich nicht ergeben wird. Dies würde, meinem Informationsstand nach, sich aber selbst dann nicht ändern, würde Putin gestürzt werden, da die Krim-Politik von weiten Teilen der Russen so getragen wird. Ich möchte nicht so gerne einen atomaren Schlagabtausch mitten in Europa erleben und das dieser blühen könnte, sollte kein Spielball taktischer explorationen sein.
Ich habe mich nun so weit an ihrer Argumentation abgearbeitet, wie ich bereit war mich auf diesen Schlagabtausch ein zu lassen. Ich bilde mir nicht ein, sie überzeugen zu können oder müssen. Mein ursprünglicher Kommentar, auf welchen sie dann reagiert haben, hat nicht die Absicht verfolgt eine schnurrgerade Argumentation zu liefern. Denn schließlich ist der kommentierte Post auch nicht so gehalten. Er diente lediglich einer kurzen Gegen- Andersbeleuchtung. Auch ihnen sei das zugestanden. Dennoch bin ich der Ansicht, dass ich mich keiner Überheblichkeit als Mittel bedient habe und allein die ihre hat mich dazu bewogen sie zu kritisieren (und zwar wie ich meine mehr oder weniger in barer Münze, mit der selben Argumentationsdichte). Der Hinweis auf den Autor Scholl-Latour sollte auch nicht als Überheblichkeit aufgefasst werden, sollte es ihnen so erschienen sein. Es handelt sich lediglich um einen Autoren der viele der aktuellen Entwicklungen vorausgesehen und dazu, meiner Ansicht nach, einen wichtigen Beitrag geleistet hat, den derzeitigen Konflikt zu verstehen. Sollte diese Empfehlung arrogant gewirkt haben, kann ich nur betonen, dass dies nicht meiner Absicht entsprochen hat.
Ich hoffe sie verstehen, dass ich aufgrund der zeitlichen Intensität eine solche Argumentation über eine Handytastatur zu führen keine weiteren Ausführungen beabsichtige.