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  • Ignoramus-et-Ignorabimus

mehr als 1000 Beiträge seit 07.11.2017

Cherry Picking ...

... davon mal abgesehen, dass die längliche Analyse des russischen Kriegs in der Ukraine nun rein gar nichts mit der indischen Position zu tun hat, sondern eine Aussage des indischen Aussenministers als Anlass genommen wurde, hier die Sicht des Autors als indische Position auszugeben, hat der Artikel ja wenig Fleisch auf den Knochen.

Dass sich die diversen internationalen Organisationen als wenig funktional in der Lösung zwsichenstaatlicher Konflikte erwiessen haben, ist eine Erkenntnis, die weder Indien exklusiv besitzt, noch eine, die sich erst mit dem Krieg in der Ukraine gezeigt hat. Die Kritik an diesen Organsiationen ist mannigfaltig, oft berechtigt und wird sowohl vom Westen und vielen anderen vertreten.

Die Frage ist dann eben, was schlägt denn Indien nun konkret als Lösung vor ? Ist es nicht eher so, dass Indien, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern des globalen Südens bereits jetzt einer der Kriegsgewinnler des Krieges in der Ukraine ist ? Einerseits durch den Import billiger russischer fossiler Energie, andererseits aber als zunehmend attraktivere Alternative für Investitionen eines zunehmend chinakritischeren Westens. Da hat Indien ja auch durchaus Standortvorteile, speziell was die Sprache angeht, aber auch durch eine eher westlichen Standards entsprechende Verwaltung. Zugegeben ein koloniales Erbe. Aber eben auch ein leidlich funktionierendes Erbe.

Und das ist ja auch schlussendlich der Standpunkt Indiens, man kümmert sich in erster Linie um seine eigenen Interessen und lehnt es ab im Rahmen von Blöcken solidarisch zu sein. Das kann man aus Sicht Indiens aber auch leicht sagen. Schliesslich war Indien nie Teil eines Blocks, hatte aber traditionell enge Verbindungen zur Sowjetunion. Das war einerseits einer gewissen sowjetischen antikolonialen Tradition (wenigstens solange es um die Kolonien anderer Staaten ging), aber auch der traditionelllen Rivalität mit China geschuldet.

Noch heute ist Indien an seinen 2 längsten Landgrenzen in militärische Konflikte mit seinen direkten, ebenfalls nuklear bewaffneten Nachbarn verstrickt. China und Pakistan. Da war in der Vergangenheit auch die Abhängigkeit von sowjetisch/russischen Rüstungslieferungen gross.

Im Zuge der eigenen wirtschaftlichen Entwicklung und dem Aufbau einer eigenen Rüstungsindustrie und der abnehmenden Konkurrenzfähigkeit russischer Waffensysteme befreit sich Indien aber immer weiter aus dieser Abhängigkeit. Letztes Beispiel ist die Aufkündigung der Kooperation mit Russland zur Entwicklung eines gemeinsamen 5th Generation Kampfflugzeugs, weil der zugrunde liegenden SU-57 die versprochenen Stealth Fähigkeiten fehlen. Dafür nutzt Indien die Gunst der Stunde, um sich bei den noch fehlenden eigenen Fähigkeiten auch im Westen nach Rüstungstechnologie umzuschauen.

Man kann Indiens Aussenpolitik natürlich wohlwollend als blockfrei bezeichnen, weniger wohlwollend betreibt Indien im Grunde aussenpolitisches Cherry Picking, und versucht in internationalen Konflikten jeweils die Position einzunehmen, die für Indien den grössten Vorteil verspricht. Das ist einerseits nachvollziehbar, trägt aber auch rein gar nichts zur Lösung dieser Konflikte bei, sondern, das muss man einfach mal so unsentimental formulieren, solange Indien von diesen Konflikten profitiert, hat es auch überhaupt kein Interesse an deren Lösung. Und das ist die indische Aussenpolitik, jenseits aller wohlfeiler Reden, auch in Bezug auf den Krieg in der Ukraine.,

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