auf_der_hut schrieb am 22.06.2024 14:43:
Noch ein Gedanke: es geht auch darum, Erpressung niemals zu belohnen, selbst dann nicht, wenn man es sich eigentlich leisten könnte zu "zahlen". Denn der Erpresser wird niemals Ruhe geben, wenn er einmal Erfolg hatte, egal was er heute verspricht.
Russland könnte sich demnächst das ganze verlustreiche Vorspiel schenken und z.B. von vornherein mit dem Atomkrieg drohen und darauf vertrauen, dass der Westen im Zweifel das vermeintlich kleinere Übel wählt und nachgibt. Bei diesem "Chicken Game" gewinnt immer die Partei, die am kaltblütigsten bis zum letzten Moment auf den gemeinsamen Untergang zusteuert. Oder eben gar keiner, weil beide vernichtet werden. Ein Unentschieden oder ein Kompromiss ist nicht vorgesehen und ist höchstens ein Aufschub der endgültigen Niederlage. Das beste für alle wäre es, das Spiel nicht zu spielen.
Es ist ein moralisch sehr heikles Thema, welches "Preisschild" an konkreten Opfern man auf welche abstrakten "Werte" wie Unabhängigkeit, Demokratie, nationale Selbstbestimmung, persönliche Freiheit, Identität, Rechtstaatlichkeit usw. klebt. Da die Verteidigung nur kollektiv erfolgen kann, kann das auch nur ein ganzes Volk kollektiv beantworten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Feiglingsspiel
Das Feiglingspiel ist nahe dran, aber das Brinkmanship
https://de.wikipedia.org/wiki/Brinkmanship
trifft es m.M. nach besser, weil es unter Zeitdruck abläuft und die Risiken systematisch höher und für beide Kriegsparteien zunehmend unbeherrschbar werden.
Wie entkommt man dem? Eigentlich nur so wie Sie selbst schreiben durch Vermeidung des 'Spiels'.
Es hätte längst eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur geben müssen. Keine Freundschaft, nicht mal Partnerschaft, aber Verbindlichkeit in den Regeln.
Helsinki 1975 war da sehr weit, indem alle Staaten die Souveränität der Staaten anerkennen, bei gleichzeitiger Zusischerung, die jeweiligen Sicherheitsinteressen der anderen zu achten.
Gerade letzteres hat offensichtlich nicht funktioniert. Rot blinkende Linien wurden bewusst überschritten. Die Ukraine muss es nun ausbaden.
Und wenn wir Pech haben und unsere Regierungen Ideologie anstatt Lösungsfindung betreiben, erwischt es uns auch noch ganz heftig.