Es ist eine alte militärische Weisheit noch aus dem 1. Weltkrieg dass es nicht sinnvoll ist seine Verteidigung starr auf der vordersten Frontlinie zu konzentrieren, sondern die Verteidigung über multiple Linien dynamisch zu gestalten, dies nennt man im militärischen Jargon "Defense in Depth".
Denn die erste Linie ist von Gegner sichtbar und durch Artillerie und Scheinangriffe kann man leicht die Truppen dort über einen breiten Bereich binden und dann über einen Konzentrierten Angriff an einem schmalen Bereich die Front durchbrechen und dann die ganze Verteidigung aufrollen.
Wesentlich sinnvoller ist es mindestens drei Linien zu haben. Und Linien ist auch der falsche Ausdruck, denn in Wirklichkeit gehen diese immer in einem Zig-Zack Muster damit benachbarte Stellungen in durchbrochene Bereiche befeuern können ohne gleich von der Seite aufgerollt zu werden.
Die erste Linie dient nur dazu zu identifizieren von wo die Hauptangriffsrichtig kommt und diesen Angriff lang genug aufzuhalten damit man die zweite und dritte Linie für die Hauptangriffsrichtung verstärken kann.
Die zweite Linie ist die eigentliche Hauptverteilungslinie und der Bereich zwischen der ersten und zweiten ist die eigentliche geplante Killzone des Verteidigers. Denn um die zweite Linie anzugreifen muss die Artillerie des Angreifers aus ihrer geschützten Anfangsposition rausbewegt werden, und ist dann wesentlich verwundbarer für Counter-Battery-Fire und außerdem ist der Angreifer konstanten Flankenangriffen von der noch bestehenden 1. Reihe ausgesetzt.
Die dritte Linie ist dann die Rückzugslinie sollten die ersten zwei durchbrochen sein. Bei statischen Stellungskriegen ist dies nun die neue zweite Linie, da man bis der Gegner dort angekommen ist in der Zwischenzeit neue Verteidigungslinien dahinter aufgezogen hat.
Besonders die Russische Militärdoktrin hat schon immer auf "Defense in Depth" gesetzt, denn sie haben ein riesiges Land wo Gebietsverluste die für andere kleine Staaten katastrophal sind für Russland ohne strategischen Belang sind (Gewissermaßen war schon Napoleons gescheiterte Russlandinvasion ein Beispiel für diese Strategie). Deswegen sollte man eher auf Ukrainischer Seite beunruhigt sein dass man schon wahrscheinlich 60% seiner Truppen verloren hat nur um punktuell die erste Linie zu durchbrechen.