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Avatar von auf_der_hut
  • auf_der_hut

mehr als 1000 Beiträge seit 07.05.2008

Re: Auch hier kann ich immer nur wiederholen, ...

Für die Ukraine ist der Umgang mit der eigenen Lage ein Drahtseilakt.

Hilfe vom Westen gibt es immer nur, wenn der Zusammenbruch der Front kurz bevor steht. Dafür müsste man die eigene Lage also eher dramatisieren als verharmlosen.

Auf der anderen Seite stehen die eigenen Soldaten und die Bevölkerung, die nach über zwei Jahren Krieg ausgelaugt und erschöpft sind und schlechte Nachrichten nicht mehr gut wegstecken, andererseits aber auch relativ viel Wissen über die wirkliche Lage haben. Denen offensichtliche Lügen aufzutischen wäre sicher nicht ratsam.

Tendenziell ist es so, dass die ukrainische Seite gar nichts sagt, wenn sie schlechte Nachrichten nicht bestätigen will. Die Russen lügen einfach drauflos, weil sie davon ausgehen können, dass ihre eigenen Leute ihnen ohnehin alles glauben und alle anderen nichts. Beispiele sind die Versenkung der Moskwa, der als "Umgruppierung" deklarierte fluchtartige Rückzug im Nordosten im Herbst 22, die unzähligen angeblich zerstörten HIMARS Systeme (viel mehr, als überhaupt geliefert wurden), etliche vorschnelle Meldungen über eroberte Dörfer, die dann nochmal und nochmal erobert wurden, etc, etc.....

Die russische Seite kann sich das leisten, weil sie niemandem Rechenschaft schuldig und auch nicht auf die Zustimmung der Bevölkerung angewiesen ist. Ihre Propaganda ist vor allem auf die Bevölkerung im Westen gerichtet, der von der Zwecklosigkeit der Sanktionen und der Sinnlosigkeit der Waffenlieferungen ("verlängern nur den Krieg") überzeugt werden sollen. Immer mal wieder garniert mit Drohungen, man könne auch ganz anders und es sei besser, Russland nicht zu verärgern. Die Russen rechnen darauf, dass die von ihnen verachteten Demokratien nicht die Härte haben, dauerhaft die Lasten eines Krieges mitzutragen und den Politikern früher oder später gar nichts anderes übrig bleibt als einzulenken, wenn sie nicht abgewählt werden wollen. Dergleichen braucht Putin nicht zu fürchten.

Das ist auf der ukrainischen Seite anders. Ohne Vertrauen in die militärische und politische Führung wäre die Ukraine zu so einer langen und zähen Verteidigung gegen einen übermächtigen Gegner gar nicht in der Lage. Im Gegensatz zu den Russen kämpfen ihre Soldaten im eigenen Land und haben relativ gute Möglichkeiten sich zu entziehen. Verteidiger gehen nach Hause, wenn sie den Eindruck bekommen, dass sie nur noch für einen kleinen Zeitgewinn ihr Leben riskieren sollen, der Ausgang aber schon feststeht. Zuletzt konnte man das in Afghanistan beobachten, nachdem Trump das Land an die Taliban "verdealt" hatte.

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