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  • Carsten Hardt

mehr als 1000 Beiträge seit 06.01.2000

D'accord

Tloen schrieb am 26. Februar 2003 21:29

(...)
> Damit gibst Du aber doch schon Deine eigene Antwort, auf Goedart
> Palms Frage, die ganz und gar legalistisch ist: wenn der
> UNO-Sicherheitsrat beschließt, dass eine humanitäre Notlage vorliegt,
> dann ist auch ein Krieg erlaubt. Oder doch nicht und wenn nicht, aus
> welchen übergeordneten Gründen? Wenn China und Russland nicht in der
> Kosovo-Krise ihr negatives Votum eingelegt hätten, würdest Du den
> Krieg dann ganz anders sehen?

Einverstanden: Bei einer solchen Entscheidung gibt es immer _zwei_
Fragen: a) Ist es rechtmässig ? b) Ist es politisch richtig ?
Schön einfach, wenn sich die Antworten (wie im Fall Kosovo-Krieg)
decken ;)

GP stellt explizit nur die Frage nach der Rechtmässigkeit, und
auf diese ist die Antwort so trivial (mit UN-Beschluss ja, ohne
nein) dass es eigentlich keine Frage ist, nur darauf zielte
meine Antwort ab. Ja, dies gilt auch für den Kosovo-Krieg: _Mit_
UN-Beschluss wäre er _rechtmässig_ gewesen (blieben "nur" die von
der NATO begangenen Kriegsverbrechen), aber aus meiner Sicht
trotzdem _politisch_ falsch.

Die interessantere Frage stellt GP an dieser Stelle eben nicht
(oder hat er sie _gemeint_ ?): Gibt es Fälle, in denen die
humanitären Gründe _für_ einen Krieg so gewichtig sind, dass
er auch ohne völkerrechtliche Legitimation geführt werden darf ?
Genau das war ja die Argumentation für den Kosovo-Krieg, und
dieses Negativbeispiel zeigt die Fragwürdigkeit dieses Arguments
IMHO am Besten auf.

> > Wer legt fest, was ein Unrechtsregime ist, und ob es von der
> > Bevölkerung getragen wird oder nicht ? GWB ? Hr. Palm ?
(...)
> Aber Du hast Recht, der Irak ist unendlich weit weg, nicht nur für
> bornierte Forumsteilnehmer, wie mich, die glauben, aus der Distanz
> sprechen zu können ohne wenigstens einmal leibhaftig, das
> Konfliktfeld durchquert zu haben, sondern auch für alle Politiker,
> die aus Saddam Hussein einen Dämon machen.

- GP stellt die Frage ganz allgemein, ebenso allgemein ist meine
Antwort: Wenn es ausreicht, dass _irgendwer_ behauptet, in einem
Land herrsche ein nicht von der Bevölkerung getragenes
Unrechtsregime, dann ist dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet -
Beispiel: USA vs. Venezuela.
(Und was ist mit Unrechtsregimes, die "von der Bevölkerung getragen"
werden ? Ich denke, dass z. B. von ca. 1935-1941/42 die Mehrheit der
Deutschen hinter AH stand ...)

- Konkret zum Irak: SH ist offensichtlich ein übler Diktator
(und ich gehe nicht davon aus, dass die Mehrheit der Bevölkerung
hinter ihm steht); das reicht _mir_, um ihn moralisch zu
verurteilen, aber nicht, um einen Krieg anzufangen.
Die darüber hinausgehende Dämonisierung, an der sich GP leider
beteiligt ("Psychopath", "Kriegstriebtäter"), ist letztlich
Kriegspropaganda.

Gruß,
Carsten

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