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  • UseNetGhost

mehr als 1000 Beiträge seit 14.04.2004

Bla für hektischen Aktionismus

Hier möchte ich mal ein wenig mein Gewicht als ehemaliger Natur und Landschaftspfleger (aka Waldhausmeister) im Bereich Lüneburger Heide/Buchholz (nordheide) rumschmeißen.

Der Artikel ist im generellen richtig und nennt auch eine Menge wichtigerer Sachen, ABER...er ist immer noch ein Propaganda artikel IN DEM ER WICHTIGEN KONTEXT WEGLÄSST!

Das genannte Waldgesetzt von 1975 (! Man beachte das alter des Gesetzes) ist ein kleiner Hinweis.

Und auch dieser Teil ist ist technisch richtig:

"Ein besonders drastisches Beispiel dafür, wie es Fichtenmonokulturen ergehen kann, ist der Harz. Über 90 Prozent des einstigen Fichtenbestands sind im Bereich des Nationalparks Harz mittlerweile abgestorben. Anhaltende Dürre hat die Bäume geschwächt, Stürme und vor allem ein massiver Borkenkäferbefall taten ihr Übriges."

Gerade Das Waldbrand und Borkenkäferproblem ist den Forstverwaltungen mehr als nur bewusst. Viele der heutigen Forstverwaltungen versuchen nicht nur Monokulturen zu vermeiden sondern verbieten sie schlicht und die jeweiligen Branddirektionen helfen ihnen mit Kräften. Es werden seit 1990 um Buchholz Nordheide herum ALLE neu aufzuforstenden Flächen ausschließlich als Mischwälder mit Unterholz angelegt.

Nadelwälder haben auch im Hochsommer bei langer und starker Hitze und Trockenheit das Problem das sie, ausgelöst durch gewissen Ätherischen Öle in besagten Nadelbäumen die diese als Stress Symptom "ausschwitzen", regelrecht explodieren können. Wer einmal nach Wochen der Trockenheit bei +30°C in ein solches Waldstück gegangen ist, weiß wovon ich rede. Es fühlt sich ähnlich an als wenn man in einen geschlossenen Raum voll mit Benzindämpfen kommt.

Trotzdem lösen Mischwälder auch ein paar Probleme aus:
Zu einem die Bauern, zum anderen private Jäger und zu guter Letzt die Viecher selbst .

Monokulturen haben wie der Artikel richtig bemerkt einen negativen Effekt auf die Biodiversität, genauer auf das sogenannte Rot und Schwarzwild und Vögel.
Nadelwälder bieten wenig bis gar keinen Schutz und Versteckmöglichkeiten und werden von so gar keinem der genannten Gruppen als Revier gesucht.
Mischwälder hingegen werden gezielt so angelegt das ein dichtes für Menschen schon fast undurchdringliches Unterholz entsteht. Diese Art der Bepflanzung ist ein regelrechtes Paradies für alle arten von Tieren Von Rotwild, Wildschweinen, Bodenbrütern Baumbrütern etc. etc. Plus Füchse und Wölfe.

Da kommt das der Klüngel der lokalen Jagdverwaltung hinzu.
Es gibt Jagdverwaltungen die Rot UND Schwarzwild regelrecht anzüchten um dann soziale Happenings aka Treibjagten zu veranstalten. Das nicht wenige Bauern in diesen Gebieten ebenfalls Jagdlizenzen bzw. WBKs haben hilft hier nicht wirklich, es sind meisten eben nicht deren Felder die bis zu 20% Ausfälle durch Wildschweine und Rotwild erdulden müssen, zumal gerade diese Bauern dann eher Richtung Tierhaltung gehen, Das wird sich mit den Jahren bestimmt ändern wen die ersten größeren Wolfsrudel wieder heimisch werden und die Ställe als Buffets sehen. Wer schon mal nen Wildschweine live gesehen hat, muss nur im Kopf behalten das dieses borstigen Panzer, Wölfe als natürlich Freßfeinde haben um zu wissen wie groß der normale Wolf ist und das sowas im Rudel jagt. Wenn man das alles im Kopf behält machen all die mittelalterlichen Märchen "vom großen bösen Wolf" plötzlich sehr viel mehr Sinn und hören auf witzig zu sein.

Und nun zum eigentlichen Problem den ich mit dem Artikel habe, wie mit so vielen
Aktionismusartikeln:

Der Zeitrahmen.

Wie ich oben schon erwähnt hatte dauert es JAHRZEHNTE bis solche Flächen geerntet werden können und Nadelwälder sind da noch "SCHNELL" Mischwälder sind um dem faktor .5 langsamer im Wachstum, dh. Nadelholz flächen brauchen bis zu 75Jahre bis sie vollständig geerntet werden können Mischwaldflächen locker bis zu hundert Jahre (!).

/€: Ich bin gezielt nicht auf die Wirtschaftlichkeit solcher Forstflächen eingegangen, weil es schlicht nicht meine forte ist, aber das Thema ist nochmal ein komplett eigener Artikel.

Was wir heute an Waldbeständen haben ist zu einem sehr großem Teil das Überbleibsel der Nachkriegsjahre BEIDER Weltkriege und keine halbwegs intelligente Fortverwaltung WILL solche Monokulturen heute noch haben.

Die Bauern hingegen werden sich bei mehr Mischwäldern von ihren hochgezüchteten Felderträgen verabschieden müssen und werden dementsprechend rumjaueln. Neue Bewirtschaftungsstrategien werden entwickelt und ausprobiert werden müssen und die Bauern werden bloddy murder schreien wenn sie nicht mit Geld zugeschüttet werden dafür das sie flexibel bleiben um wirtschaftlich zu bleiben.

Des weiteren werden die ganzen paternalistischen Jagdverbände und Privatjäger in Ketten gelegt werden müssen damit das künstliche Anzüchten der Wildbestände effektiv aufhört. Gegeben wie tief der Klüngel in der lokalen Politik gerade mit diesem Klientel ist wird das noch Jahrzehnte dauern.

Dazu kommen nun die Viecher selbst die diese neuen Mischflächen als ideale Brutflächen bevorzugen werden. Das wird auf kurz oder lang Wölfe anlocken, aber um die Wölfe mach ich mir weniger sorgen...sondern um die Bären die irgendwann folgen werden.
"Problembären" jap, aber nicht für den Bären, sondern für dich.
Hunderte Kilo schwer, kann so schnell sprinten wie mein Mensch, kann dir mit einem einzigen Prankenhieb Knochen im Leib brechen, Genug power um die Gliedmaßen abzureißen...sowas will man nicht in einer Vorstadsiedlung haben, schon gar nicht wenn es immer noch Gebiete gibt wo die Tollwut wütet. Das Bären im deutschen Ökosystemen notwendig sind ist fakt, das man sie sehr genau überwachen und regulieren muss damit es nicht ausufert oder es zu unnötigen Unfällen kommt ebenfalls

Hier wird man die Jadgverwaltungen sehr srikt regulieren und überwachen oder gleich komplett neu strukturieren müssen um sie ihrem eigentlichen Zweck zuführen, der Bestandsregulierung und kontrolle, der Wild gefahrenabwehr und Förderung der richtigen (!) Biodiversität und Verhinderung der Anfüttern von Freilaufenden Jagdzielscheiben. Wie gesagt ich sehe da zur Zeit wenig Chancen beim derzeitigen lokalen Politklüngel.

Dazu kommt das man die Bevölkerung in ein paar Jahrzehnten darauf impfen muss dass Wälder wieder gefährlich geworden sind...keiner will seinen Familienauflug in einem 30 köpfigen ausgehungertem Wolfsrudel beenden oder in einem Bärenmagen.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (18.10.2023 12:07).

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