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mehr als 1000 Beiträge seit 12.04.2002

Noch ein paar Gedanken zum Thema

Bevor auch im Forum die Diskussion mal wieder zu Ende ist, noch ein
paar Gedanken zum Thema.

1. Nicht zuletzt als eine Folge der Nazizeit haben wir hier das
Verbot der "Gewaltverherrlichung" in den Medien. Die Juristen mögen
die Details kennen und erläutern können. Soviel sollte aber auch dem
Laien klar sein, daß also nicht Gewalt-DARSTELLUNG per se nach dem
Willen des Gesetzgebers "pfui-bäh" sein soll, sondern deren
VERHERRLICHUNG.

2. In meinem ersten Beitrag hatte ich ja bereits die Fragen
aufgeworfen "Wieso gibt es solche grausamen Dinge zur 'guten
Unterhaltung' überhaupt? Ist das so ein gutes Geschäft? Haben die
Profiteure dieses Geschäftes solchen Einfluß, daß sich nicht einmal
durchsetzen läßt, daß wenigstens kleinen Kindern sowas erspart
bleibt? WARUM?". Der Aspekt, daß damit viel Geld gemacht wird, ist
doch wohl nicht zu bestreiten.[*] Aber das kann ja wohl nicht der
letzte Grund sein, sonst müßte ja alles möglich sein, was "gut für's
Geschäft", die Wirtschaft, die Arbeitsplätze etc. ist. Vielmehr muß
hier vielleicht stärker beachtet werden, WER dieses Geschäft in
erster Linie betreibt.
Ich weiß nicht mehr, wie der Film mit Michael Douglas und Sharon
Stone hieß, um den es seinerzeit einen gewissen Wirbel gab, habe ihn
auch nicht gesehen[**], aber ich erinnere mich an Interviews, die
Michael Douglas in dem Zusammenhang gab, in denen er sagte, die
heuchlerische Prüderie der US-Gesellschaft würde es zwar unmöglich
machen, daß die nackten Brüste einer Frau in einem Film liebkost
würden, wogegen die schier endlose Toleranz gegenüber
Gewaltdarstellungen es erlauben würde, zu zeigen, wie einer Frau die
nackten Brüste mit einem Messer abgeschnitten würden... Worauf will
ich hinaus? Es ist doch die USA, von der aus der Siegeszug der
Gewaltverherrlichung in Filmen und anderen Medien ausging, oder etwa
nicht? Wer, wenn nicht Hollywood, hat seit Ende des Zweiten
Weltkrieges die Unterhaltungskultur der westlichen Welt maßgeblich
geprägt?
Und wie sollten sich in Anbetracht der kritiklosen Anpassung an den
"großen Bruder", den "Befreier" hier kleine Staatsanwälte und Richter
dieser Macht auch nur so erfolgreich entgegenstellen, daß wenigstens
kleine Kinder WIRKSAM vor solchem Zeug geschützt wären?

3. Im Grundgesetz heißt es:
"Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern
und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung
wacht die staatliche Gemeinschaft." Artikel 6 (2)
 ...und damit enthält dieser Absatz eine löbliche Ausnahme im
Grundgesetz, das ansonsten gern von den Rechten, die jeder haben
soll, spricht - aber nichts dazu sagt, wer denn für diese Rechte
geradestehen soll, d.h. wem genau eigentlich die daraus
resultierenden PFLICHTEN entstehen.[***] Hier heißt es nun, daß die
Eltern beides haben: das Recht und die Pflicht, sich um ihre Kinder
zu kümmern - nur hapert es anscheinend bei der "Wache der staatlichen
Gemeinschaft darüber". Ich verstehe nämlich durchaus, daß der
Gesetzgeber sagt, Kinder unter 14 Jahren (über diese Grenze kann man
freilich streiten) sind strafunmündig. Was ich aber nicht verstehen
kann, ist, daß durch diese Regelung bestimmte Straftaten von
vornherein von Strafe ausgenommen sind, nämlich alle, die von Kindern
begangen werden. Was ist mit den Opfern, den tatsächlichen und den
potentiellen? Sollen die sich mit dem Gedanken trösten: "Naja, es war
ja nur ein Kind"?! Ich meine, nein. Wieso wird das Grundgesetz nicht
derart umgesetzt, daß für Straftaten, die Kinder begehen, die Eltern,
also die Erziehungsberechtigten UND -verpflichteten, vollumfänglich
geradezustehen haben?

4. Als vor fast dreißig Jahren das ZDF sich entschlossen hatte, in
seinem Vorabendprogramm die Zeichentrickserie "Schweinchen Dick"
auszustrahlen, gab es eine Debatte im Lande, die auch unter uns
damals Jugendlichen spontan und heftig geführt wurde. Man kann sich
das heute kaum noch vorstellen, wenn man beim Zappen mal am angeblich
pädagogisch unbedenklichen "Kinderkanal" vorbeikommt. Aber damals
waren Figuren, die immer wieder von Dynamit zum Explodieren gebracht
wurden und trotzdem in der nächsten Filmsequenz unbeschadet wieder
auftauchten eben noch etwas vollkommen Ungewohntes. Man stritt sich
deshalb auch sehr um die Sendezeit, weil damals in den Kinderzimmern
i.d.R. noch keine Fernseher standen und die meisten Kinder am Abend
nicht mehr Fernsehen schauen durften. Unter uns Jugendlichen wies die
Debatte schon die gleichen Muster auf, wie heute im allgemeinen, wenn
das Thema aufkommt. "Mir schadet das nicht." "Eltern müssen sich
selber darum kümmern, was sie ihre Kinder sehen lassen und was
nicht." usw. Ich erinnere nur deshalb daran, weil sich das so mancher
heute vielleicht gar nicht mehr vorstellen kann - aber es doch ein
grelles Licht darauf wirft, wie "weit" wir inzwischen gekommen sind.
Und weil es auch gewisse Vermutungen hinsichtlich  der zukünftigen
Entwicklung nahelegt.

5. Hätte es gewaltVERHERRLICHENDE Serien, Filme, Spiele etc. NIE
gegeben, wer hätte dann je auf die Idee kommen können, irgend etwas
zu vermissen?

6. Schließlich noch zu den Killer-Spielen. Ein us-amerikanischer
Psychologe, der jahrelang dafür zuständig war, den GIs den nötigen
Killer-Instinkt anzutrainieren, wird heute nicht müde davor zu
warnen, daß er genau mit solchen Spielen seine größten Erfolge
erzielen konnte... und viele der heute im "zivilen" Bereich
verbreiteten Spiele einst vom Militär entwickelt worden waren. Er
rechtfertigte sein eigenes Tun übrigens damit, daß der Soldat in
seiner gesteigerten Mordlust durch das strenge Regime von Befehl und
Gehorsam schließlich unter Kontrolle sei, wogegen das Fehlen
derselben bei Zivilisten ihn Schlimmes befürchten lasse. [****] Ich
frage mich, was man einem solchen wirklichen Experten im Ernst
entgegenhalten zu können glaubt?!

Soviel also noch von mir zum Thema - hallo? Noch jemand da?

rufend, cui bono

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* Und damit liegt auch der Verdacht nahe, daß so manche "Studie", die
geeignet erscheint, die negativen Auswirkungen des Konsums von
Gewaltdarstellungen als geringfügig oder nicht nachweisbar
darzustellen, von den Profiteuren dieser Szene in Auftrag gegeben
wurden und werden.
** Da will ich mich, da andere Diskutanten es auch taten, outen: Ich
gucke, oder genauer: höre viel Fernsehen; wir haben in allen Zimmer
TV, die auch an die Videorecorder angeschlossen sind, so daß ich
meiner Arbeit (zu Hause) nachgehen kann und dabei nichts verpasse
(Ton). Jedoch vor allem politische Sendungen, wie die diversen
Talk-Runden und Magazine, alle Auslandsmagazine im ö-r und mittwochs
auch das auf n-tv, dazu alle Kulturmagazine in den
öffentlichen-rechtlichen Sendern (u.a. täglich kulturzeit auf 3sat)
und soweit vorhanden bei den Kommerzsendern (Sonntag nachts auf RTL
und Montag in Sat.1 die dctp-Beiträge von Alexander Kluge, je nach
Themen (täglich eine halbe bis dreiviertel Stunde Videotext-Check)
auch Wissenschafts- oder Wirtschaftsmagazine, auch im ö-r Fernsehen.
Zur Unterhaltung genehmige ich mir Harald Schmidt (gestern endlich
mal wieder SUPER-politisch), Extra3 auf N3 (oder SFB/B1), Polylux in
der ARD (war die beiden letzten Male deutlich schlechter), Quer im BR
- und "Edel und Starck" auf Sat.1, was nun wirklich reine
Unterhaltung ist, aber wirklich nett. Ins Kino gehe ich kaum noch.
Und vor etwa zehn Jahren habe ich den Konsum amerikanischer Filme und
Serien total eingestellt und spüre dankbar, daß ich mich seither
deutlich irgendwie "freier" fühle.
*** Das gehört jetzt nicht zum Thema, aber grundsätzlich kann
überhaupt kein Recht für irgendwen praktisch vorhanden sein, es sei
denn es ist klar geregelt, auf wem welche entsprechenden Pflichten
ruhen: Recht als ERGEBNIS von Pflichten!
**** Allerdings ist er dadurch wohl kaum wirklich zu entlasten, denn
irgendwann sollen bzw. müssen die Soldaten ja auch ins "Zivilleben"
zurückkehren, entweder, weil sie Urlaub haben oder ausgemustert
werden.  Und ich erinnere mich auch an die Berichte, wonach es durch
amerikanische Elitesoldaten, die jüngst in Afghanistan im Einsatz
waren, nach ihrer Heimkehr beinahe so etwas wie eine Mordserie gab an
Ehefrauen, Schwiegermüttern oder anderen Leuten, mit denen die
dressierten Killer im Alltag aus irgendwelchen Gründen nicht mehr
zurecht kamen. 

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