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  • the observer

mehr als 1000 Beiträge seit 18.07.2001

Wissen...Glauben...Aberglaube

Crissov schrieb am 28. Juli 2005 17:07

> the observer schrieb am 28. Juli 2005 14:59
> > Crissov schrieb am 28. Juli 2005 13:29
> >
> >> Glauben ist Ersatz für Wissen, das man (noch) nicht hat, ...
> >> ... nicht für Wissen das man nicht will.
> >
> > Eine interessante Auffassung, doch sie ist nicht-wissenschaftlich,
> > und darüberhinaus interessierte mich, wie Du zu ihr kommst.

> Der Mensch will seine Welt erklären bzw. erklärt bekommen, dazu
> werden die Lücken zwischen den bewiesenen Grundsätzen (»Wissen«) mit
> einer Auswahl unbewiesener (»Glauben«) ersetzt. Das ist ganz
> natürlich und nicht schlimm, sondern eher praktisch, solange der
> Glaube nach Verfügbarwerden durch Wissen ersetzt wird. Grundsätzlich
> sinkt der Bedarf nach Glauben konstant, es sei denn, Wissen wird
> aktiv bekämpft oder unterdrückt, weil der Glaube für irgendwen
> praktischer ist.

Der Mensch, ist er einer Religion verbunden, muß im allgemeinen
ständig einen Kampf austragen zwischen den, was ihm seine Religion
lehrt und dem, was die Wssenschaft lehrt. Es gibt eine Reihe von
Themen, über die beide kontroverse Auffassungen vertreten. Der derart
gebeutelte Mensch muß sich, ist er wirlich auf Erklärung seiner Welt
aus, irgendwann entscheiden, welche der konträren Auffassungen er
annehmen und welche er verweigern will. Entscheidet er sich für die
religiöse Auslegung, läuft er Gefahr, daß er sich von seinem Ziel,
dem Wunsch nach Aufklärung, entfernt. Entscheidet er sich für das
Angebot der
Wissenschaft, kann er in ernste Konflikte mit seinem Glauben kommen;
zumindest entfernt er sich von seiner Religion. Er kann aber auch
Kompromisse schließen, indem er beide Auffassungen stillschweigend
nebenher existieren läßt, oder indem er sich eine Privat- und eine
öffentliche Meinung zurechlegt. Lebt er seinen Glauben aufrichtig,
hat er diese Wahl nicht. In diesem Fall muß er seinen Drang, die Welt
erklärt zu bekommen, unterdrücken, oder aber er akzeptiert die Art
und Weise, wie die Religionen die Welt erklären, als die einzig
wahre. In diesem Fall kann man nicht von einer Substitution des
Glaubens durch Wissen sprechen.

> > Was bitteschön ist ein falsifizierter abhängiger Glauben?

> Davon schrieb ich nichts, sondern von einem Glauben, der von einem
> anderen abhängt, der falsifiziert worden ist. Ist das geschehen, kann
> man entweder feststellen, dass der abhängige Glauben auch mit dem neu
> gewonnenen Wissen kompatibel ist, das die Glaubensbasis ersetzt, oder
> man gibt die Abhängigkeit auf bzw. stellt fest, dass sie eigentlich
> gar nicht begründet war; in allen anderen Fällen muss man sich auch
> von dem abhängigen Glauben verabschieden.

Nun meine nächste Frage (ich sehe gerade, ich habe sie schon mal
gestellt): Kann man einen Glauben überhaupt falsifizieren? Ich meine,
nein; dafür ist es ein Glaube. Selbst wenn sich ein Glaube als falsch
herausstellt, bleibt er als solcher weiter bestehen. Die
Falsifizierung gehört in das Gebiet der Wissenschaften. Man kann
Informationen, Wissen, eine These falsifizieren; der Glaube hat
niemals Einzug in die Naturwissenschaften gehalten, so daß es nicht
möglich und erforderlich ist, ihn daraus zu entfernen.

> > Wie kann man überhaupt einen Glauben als falsch oder richtig deklarieren?

> Durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse wird ein Glaube entweder
> zum Fehl-/Aberglauben oder aber zu Wissen. Vorher kann er nicht als
> richtig oder falsch deklariert werden, höchstens als soundso
> wahrscheinlich.

In dem Kontext dieser Diskussion unterscheiden wir lediglich zwischen
Glauben und Wissen. Ein Unterschied zwischen Glauben und Aberglauben
existiert in diesem Sinn nicht; auch ein Aberglaube ist nichts weiter
als ein Glaube.

> > Und umgedeutet wird dann, wenn Beweise dafür auftauchen,
> > daß der Schöpfungsmythos den wissenschaftlichen Erkenntnissen nach
> > nicht haltbar ist.

> Korrekturen oder Umdeutungen sind durchaus legitim, wenn sie den
> wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht widersprechen.

Sie sind freilich legitim, aber es hat sich in der Vergangenheit
gezeigt, daß die Korrekturen nicht ganz freiwillig erfolgten sondern
unter dem Druck überwältigender Beweise. Somit wird solange an dem
Dogma festgehalten, solange kein Einfluß von außen diese Änderungen
quasi erzwingt. Es ist also nicht Selbsterkenntnis, die die
Änderungen veranlaßt.

> > Man legt aus. Man ordnet alles dem unter, was man unter allen
> > Umständen beweisen will, weil man daran glaubt.

> Das ist die Gefahr, die durch falsch verstandenen Glauben entsteht.
> Die Erkenntnis ganz oben verhindert das. Jeder muss verstehen, dass
> Glauben immer nur provisorischen Charakter hat. Leider tut das nicht
> jeder, sei es aus Faulheit, Dickköpfigkeit, Ignoranz, Arroganz oder
> bloßer Dummheit. Das, woran solche Leute dann glauben, ist aber kein
> Glauben, sondern Fehl- oder Aberglaube.

Das stellt sich mir ganz anders dar. Wer wechselt schon seinen
Glauben nach Beliebigkeit? Und was die abermalige Unterscheidung von
Glaube, Aberglaube... betrifft - siehe oben. Du argumentierst aus der
Sicht

> >> Gleichsam darf ein Glauben (...) niemals andere widerspruchsfreie
> >> Möglichkeiten für definitiv falsch erklären, denn das wäre
> anmaßend,
> >
> > Was wäre das Christentum, was der Islam für ihre Mitglieder wert,
> > stellte sich heraus, daß seine Religion nicht die einzig wahre (...) ist?

> Das hat es doch längst, ...

Hat es das wirklich? Wie äußert sich das? Fallen sich jetzt
Angehörige aller Glaubensrichtungen gegenseitig in die Arme? Oder
aber finden sich immer neue Menschen, die im Namen ihrer Religion
gegen Angehörige anderer Religionen gewalttätig werden?

> ...aber es bleibt der Moralkodex, der jeder
> Religion zu eigen ist. Der Wahrheitsgehalt der Geschichten, die
> diesen illustrieren, ist nebensächlich oder sollte es zumindest sein.

Dann solltest Du einmal einen Gottesdienst besuchen und erleben, wie
Gotttes Wort anhand dieser Geschichten gelehrt wird. Diese
Geschichten sind weitaus mehr als ein Moralkodex.

> Für Philosophien gelten natürlich andere Maßstäbe als für
> Naturwissenschaften, da erstere trotz der Bedeutung des griechischen
> Wortes sich nur auf Glauben stützen.

Aber nein. Philosophie ist eine Wissenschaft und als solche den
Prinzipien wissenschaftlicher Tätigkeit unterworfen. Oder meintest Du
etwas anderes?

> > Das Übel ist vielmehr, daß wir ständig versuchen, unsere Umwelt uns
> > und unseren Vorstellungen unterzuordnen, ohne daß wir die
> > Zusmmenhänge kennen, in die wir störend eingreifen.

> Je nach Philosophie haben wir jedes Recht dazu bzw. sind sogar
> deswegen hier.

Philosophie?

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