quantenmechaniker (1) schrieb am 01.07.2021 23:22:
Leider. Hat schon jemals eine Art von Aufklärungsliteratur etwas nachhaltig verändert?
NEIN.
Ich brauche das Buch von Berger nicht zu lesen, um zu wissen, das in diesem Staat was schief läuft.
Das Buch von Stephan Hessel, "Empört Euch" war ein Bestseller. Und, was hat es genutzt? Nichts.
Sehen Sie's mal von der anderen Seite: Ohne solche Bücher gäbe es statt wenig eher gar kein Bewußtsein über komplexe soziale und psychologische Zusammenhänge. Die Massen in den modernen Industrienationen werden seit Jahrhunderten systematisch verdummt – auch das weiß ich nicht nur aus eigenem Erkenntnisgewinn, sondern weil ich mich via seriöser Sachliteratur mit den jeweiligen Themen vertraut mache.
Zeitungen und andere Mainstream-Medien bedienen den systematisch hergestellten dumpfen Massengeschmack. Sie liefern so gut wie keine Hintergrundinformationen, zerstückeln ihre Nachrichten oft so, daß ein ungebildeter Mensch keine Zusammenhänge zu erkennen vermag. Ganz besonders das Fernsehen lullt die TV-Glotzer ein und bietet ihnen zudem den Eindruck, ausreichend informiert zu sein. Medial stehen gute Bücher da natürlich hintenan, doch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß so langsam auch aus Büchern immer mehr in die Köpfe der medial verblödeten Massenhirne einsickert. Daß die Mehrheit der Menschenherde noch immer das Lesen guter Bücher ablehnt, hängt eng mit der Verblödung in den Schulen zusammen, wo man den Kindern und Jugendlichen das Lesen regelrecht vergällt. Auch das weiß ich erst genauer, seitdem ich mich mit dieser Thematik literarisch befaßt habe.
Wer gute Sachbücher liest, verfügt über stichhaltige Argumente, die der TV-Konsument nicht vorweisen kann. Mag sein, daß das oft auch dazu führt, daß sich vorurteilsbeladene TV-Glotzer von solchen Argumentatoren abwenden, weil sie sich in ihren Grundfesten bedroht fühlen. Oft wachen Menschen erst dann auf, wenn sie selbst tief betroffen sind von einer gesellschaftlichen Situation, z.B. wenn sie ihren Job verlieren oder ihr kleines Unternehmen usw. Und genau dann greifen sie nicht selten auch zu Literatur, wenn sie's genauer wissen wollen. Und diese Literatur steht ihnen dann zur Verfügung; gäbe es sie nicht, würden die Menschen eben verzeifeln, weil sie ihre Hilf- und Orientierungslosigkeit nicht mehr ertragen können.
Wenn Sie schreiben, dieses oder jenes Buch habe nichts genutzt, liegt Ihr Augenmerk auf sichtbaren und schnellen Veränderungen. So funktioniert das aber nicht. Es sind vielmehr die kleinen Dinge, die kleinen, mehr im Verborgenen stattfindenden Ereignisse, die letztendlich zu nachhaltigen Veränderungen führen. Ohne ein breit angelegtes Bewußtsein über all diese Zusammenhänge kann es keine bessere Gesellschaft geben, oder wie Hans-Joachim Maaz sagt (sinngemäß): »Echte äußere Demokratie erfordert die Entwicklung einer inneren Demokratie.«