Ignoramus-et-Ignorabimus schrieb am 26.03.2023 01:19:
... muss diese Regierung ja schon irgendwas richtig machen :)
Nö, auch alle anderen werden seit ein paar Jahren faktisch daran gehindert. Bzw es wird von einer Beteiligungsmöglichkeit aller zivilgesellschaftlichen Vereinigungen auf jene beschränkt, die durch besonders enge Kontakte ggf. vorab noch vor der offiziellen Beteiligungsrunde an die Entwürfe kommen und sich darauf Einstellen können, während der Rest bei den neuerdings etablierten Fristen keine Chance hat, Stellungnahmen zu erarbeiten. Das betrifft dann ganz besonders jene Institutionen, die nicht als Lobby-Invest dafür Verbandsjuristen in Vollzeit bereithalten. Also vorrangig eher Gewerkschaften, Sozialverbände, Kirchen, sonstige Gemeinnützige oder non-Profit-Bereiche, Umweltverbände usw.
Da wird inzwischen mit teils nur noch 24 oder 48h Frist gearbeitet, was dann den Schein einer Beteiligung wahren soll, aber alle jene ausschließt, die keinen perfekt zeitoptimierten Workflow haben. Sei es, dass die fachliche Kompetenz auf ehrenamtlicher Basis dort mitarbeitet (und erst zum Feierabend sich überhaupt damit befassen kann) oder man es erst seinem externen Stammjuristen zuleiten muss, der dann auch nicht alles stehen und liegen lässt.
Und selbst dann, wird es bei einem Artikelgesetz schon knapp, sich überhaupt die Änderungen in die Bestandstexte einzuarbeiten, denn auch konsolidierte Fassungen werden kaum noch versandt. Da kann im Kontext der Änderungsstelle dann schonmal das exakte Gegenteil bei herauskommen, als was man sich aus dem bloßen Lesen des Änderungsentwurf erschließen würde... Das heißt, du brauchst zunächst Zeit, die Änderungen mit dem Bestandstext zu verschmelezen (Gesellschaftlich völlig ineffizient, dass das dann in 10...1000 Verbände jeder dieser für sich parallel macht, was zentral das Ministerium machen könnte), dann sie inhaltlich zu bewerten, sowie deine Position in einer Stellungnahme zu formulieren. Und wenn es wirklich Aussicht auf Erfolg haben soll, idealerweise gleich Änderungsvorschläge nebst Begründung zu formulieren. Wer dann noch Rücksprache mit seinen Verbandsmitgliedern halten will, hat rein zeitlich keinerlei Chance.
Bis vor 5, 6 Jahren hat man sich anständigerweise in den meisten Fällen noch an ein oder zwei wochen zur Stellungnahme gehalten. In den letzten Jahren wird fast nur noch auf Überrumpelung gesetzt. Und wir reden hier von den initialen Entwürfen. Da sind die last-Minute-Änderungen zur dritten Lesung durch die Fraktionen (besonders toll, wenn die Regierungsfraktionen ihren quasi eigenen Entwurf so nochmal abändert, um bestimmte Themen aus der vorherigen Beteiligung/Diskussion zu halten) noch gar nicht enthalten.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (26.03.2023 10:33).