Gotan schrieb am 13. März 2006 1:43
> So wie ich das kenne ist an der Reihenfolge der Autoren sehr klar
> erkennbar wer die Arbeit getan hat und wer der Ehrenautor ist. Der
> der die Hauptarbeit tut steht vorn, dann kommen diejenigen die etwas
> wesentliches zum Artikel beigetragen haben und am Ende Ehrenautoren
> (meist der Instituts oder Lehrstuhlleiter).
Woanders - z.B. bei der Einordnung in Bibliothekskatalogen nach RAK
werden die Autoren m.W. aber i.d.R. alphabetisch sortiert, und die
Liste der Autoren wird auf die ersten drei beschränkt... Wenn der
Institutsdirekto "Aarhuber" heißt, hat man also schlechte Karten als
Autor "Zymhauser" (Namen erfunden:-)
> Und letztlich hat ja auch dieser "Ehrenautor" zum Artikel
> beigetragen, ohne dessen Tätigkeit als Leiter des Instituts oder
> Lehrstuhls hätte es nämlich den Artikel auch nicht gegeben.
Und auch nicht ohne
- die Mutter des Autors und den Vater,
- den Bäcker, bei dem er seine Brötchen kauft,
- den Hersteller seines Computers,
- der Nachbar, über dessen Lärmbelästigung er sich so lange erregt
hab, bis ihm der zündende Gedanke kam usw. usf.
... und gerade Vorgesetzte können beim Zustandkommen eigener
wissenschaftlicher Arbeiten sehr hinderlich sein: "Kopieren Sie doch
noch mal schnell dieses Buch für mich!" - "Holen Sie doch bitte
Kollege X. Y. vom Flughafen ab!" usw. usf.
> Jemand der sich die Autorenliste dann durchliest kann sich meist
> recht genau vorstellen wer etwa was zu dem Artikel beigetragen hat.
Hm, und jeder kann sich also - im Rahmen seiner Phantasie - etwas
anderes vorstellen ... Wozu dann noch der ganze Wirbel um
Publikationslisten ...?
Dem Rest stimme ich zu:
Dieses "Herunterbrechen" von Wissenschaft auf einfache Zahlen ist
krank. Wie oft werden bspw. in den Geisteswissenschaften dieselben
Inhalte unter neuem Titel verkauft? Bei manchen Autoren ist man sich
schon sicher, daß man deren Artikel nicht mehr lesen muß.
Und selbst wenn der Autor selbst das gar nicht beabsichtigte: Man
fährt auf mehrere Tagungen oder hält Vorträge, um eine Hypothese mit
den Anwesenden zu diskutieren - und dann müssen die
Tagungsorganisatoren natürlich versuchen, gegenüber ihrem Geldgeber
(DFG u.a.) durch eine Publikation den erfolgreichen Einsatz der
Gelder nachzuweisen -- und schwups steht man mit mehr ode weniger
demselben Text in drei Tagungsbänden ... was nach außen dann wieder
den Eindruck erweckt, man selbst wäre publikationsgeil und hätte
nichts Neues zu sagen. Da aber - gerade in den Geisteswissenschaften
- die Kommunikation/Diskussion genau nur so funktioniert, weil
besonders die mächtigen oder einfach auch nur erfahreneren Älteren
keine Texte online lesen und so etwas wie Diskussionsforen schon gar
nicht nutzen würden, wird sich da so bald auch nichts ändern -- denn
in diesem System kommen nun wiederum nur die "nach oben", die sich
genauso verhalten.
So fährt man also - wie zur Postkutschenzeit - durch die Welt (wenn
man es sich leisten kann und der Institutsdirektor die Dienstreise
genehmigt ... "Sie müssen noch die Bibliographie für meinen Aufsatz
machen, da können Sie jetzt nicht einfach weg! Außerdem sind Sie ja
fast häufiger auf Tagungen als ich!") ... und lesen sich Texte vor!!
Als ob die Kollegen nicht lesen könnten .... Für die Diskussionen
bleibt dann im heutigen typischen Konferenzverfahren von z.B. 20 min
Vortrags- und 5 min Diskussionszeit praktisch nichts übrig, erst
recht, wenn kaum jemand diese Vorgaben einhält.
Und daher plädiere ich im weitesten Sinne für ein Open Access
Verfahren:
Jeder kann über die Institutsseiten oder - z.B. von den ansonsten
ohnehin nahezu obsoleten Verlagen betriebene - Webportale
veröffentlichen und diskutieren, soviel er will. Die Kollegen (alle,
und nicht nur ein paar "peers") werden irgendwann schon durch ihr
Lese- und Antwortverhalten deutlich machen, was wissenschaftlich
bestand hat. Da jeder Autor und Kommentator mit seinem Klarnamen
schreiben müßte, wäre zudem "dunklen" Reviewseilschaften die
Grundlage entzogen.
Dann könnte man sich auf Tagungen z.B. endlich auch darauf
beschränken, das zu tun, was oftmals wirklich nur von Angesicht zu
Angesicht möglich ist: Offene Diskussion und gemeinsames
"Weiterdenken" ... aber das sind wohl Utopien, von denen meinereiner
höchstens hoffen kann, daß sie sich noch zu seinen Lebzeiten erfüllen
:-))
Kuli
> So wie ich das kenne ist an der Reihenfolge der Autoren sehr klar
> erkennbar wer die Arbeit getan hat und wer der Ehrenautor ist. Der
> der die Hauptarbeit tut steht vorn, dann kommen diejenigen die etwas
> wesentliches zum Artikel beigetragen haben und am Ende Ehrenautoren
> (meist der Instituts oder Lehrstuhlleiter).
Woanders - z.B. bei der Einordnung in Bibliothekskatalogen nach RAK
werden die Autoren m.W. aber i.d.R. alphabetisch sortiert, und die
Liste der Autoren wird auf die ersten drei beschränkt... Wenn der
Institutsdirekto "Aarhuber" heißt, hat man also schlechte Karten als
Autor "Zymhauser" (Namen erfunden:-)
> Und letztlich hat ja auch dieser "Ehrenautor" zum Artikel
> beigetragen, ohne dessen Tätigkeit als Leiter des Instituts oder
> Lehrstuhls hätte es nämlich den Artikel auch nicht gegeben.
Und auch nicht ohne
- die Mutter des Autors und den Vater,
- den Bäcker, bei dem er seine Brötchen kauft,
- den Hersteller seines Computers,
- der Nachbar, über dessen Lärmbelästigung er sich so lange erregt
hab, bis ihm der zündende Gedanke kam usw. usf.
... und gerade Vorgesetzte können beim Zustandkommen eigener
wissenschaftlicher Arbeiten sehr hinderlich sein: "Kopieren Sie doch
noch mal schnell dieses Buch für mich!" - "Holen Sie doch bitte
Kollege X. Y. vom Flughafen ab!" usw. usf.
> Jemand der sich die Autorenliste dann durchliest kann sich meist
> recht genau vorstellen wer etwa was zu dem Artikel beigetragen hat.
Hm, und jeder kann sich also - im Rahmen seiner Phantasie - etwas
anderes vorstellen ... Wozu dann noch der ganze Wirbel um
Publikationslisten ...?
Dem Rest stimme ich zu:
Dieses "Herunterbrechen" von Wissenschaft auf einfache Zahlen ist
krank. Wie oft werden bspw. in den Geisteswissenschaften dieselben
Inhalte unter neuem Titel verkauft? Bei manchen Autoren ist man sich
schon sicher, daß man deren Artikel nicht mehr lesen muß.
Und selbst wenn der Autor selbst das gar nicht beabsichtigte: Man
fährt auf mehrere Tagungen oder hält Vorträge, um eine Hypothese mit
den Anwesenden zu diskutieren - und dann müssen die
Tagungsorganisatoren natürlich versuchen, gegenüber ihrem Geldgeber
(DFG u.a.) durch eine Publikation den erfolgreichen Einsatz der
Gelder nachzuweisen -- und schwups steht man mit mehr ode weniger
demselben Text in drei Tagungsbänden ... was nach außen dann wieder
den Eindruck erweckt, man selbst wäre publikationsgeil und hätte
nichts Neues zu sagen. Da aber - gerade in den Geisteswissenschaften
- die Kommunikation/Diskussion genau nur so funktioniert, weil
besonders die mächtigen oder einfach auch nur erfahreneren Älteren
keine Texte online lesen und so etwas wie Diskussionsforen schon gar
nicht nutzen würden, wird sich da so bald auch nichts ändern -- denn
in diesem System kommen nun wiederum nur die "nach oben", die sich
genauso verhalten.
So fährt man also - wie zur Postkutschenzeit - durch die Welt (wenn
man es sich leisten kann und der Institutsdirektor die Dienstreise
genehmigt ... "Sie müssen noch die Bibliographie für meinen Aufsatz
machen, da können Sie jetzt nicht einfach weg! Außerdem sind Sie ja
fast häufiger auf Tagungen als ich!") ... und lesen sich Texte vor!!
Als ob die Kollegen nicht lesen könnten .... Für die Diskussionen
bleibt dann im heutigen typischen Konferenzverfahren von z.B. 20 min
Vortrags- und 5 min Diskussionszeit praktisch nichts übrig, erst
recht, wenn kaum jemand diese Vorgaben einhält.
Und daher plädiere ich im weitesten Sinne für ein Open Access
Verfahren:
Jeder kann über die Institutsseiten oder - z.B. von den ansonsten
ohnehin nahezu obsoleten Verlagen betriebene - Webportale
veröffentlichen und diskutieren, soviel er will. Die Kollegen (alle,
und nicht nur ein paar "peers") werden irgendwann schon durch ihr
Lese- und Antwortverhalten deutlich machen, was wissenschaftlich
bestand hat. Da jeder Autor und Kommentator mit seinem Klarnamen
schreiben müßte, wäre zudem "dunklen" Reviewseilschaften die
Grundlage entzogen.
Dann könnte man sich auf Tagungen z.B. endlich auch darauf
beschränken, das zu tun, was oftmals wirklich nur von Angesicht zu
Angesicht möglich ist: Offene Diskussion und gemeinsames
"Weiterdenken" ... aber das sind wohl Utopien, von denen meinereiner
höchstens hoffen kann, daß sie sich noch zu seinen Lebzeiten erfüllen
:-))
Kuli