waggis schrieb am 13. März 2006 9:27
> Gotan schrieb am 13. März 2006 1:43
>
> > So wie ich das kenne ist an der Reihenfolge der Autoren sehr klar
> > erkennbar wer die Arbeit getan hat und wer der Ehrenautor ist. [...]
> Ganz so einfach ist das leider nicht. Als kleiner wissenschaftlicher
> Mitarbeiter musst du häufig die Arbeit für deinen Chef erledigen, der
> dann auch die Lorbeeren kassiert. Schliesslich will man sich ja nicht
> durch Widerborstigkeit und unverschämte Forderungen den
> Anschlussvertrag oder die Promotion versauen.
Das hängt natürlich auch vom Istitut, besagtem Chef und der
generellen Praxis in einem bestimmten Fachgebiet ab. Generell sollte
man sich halt vorher schlau machen, wie es um die Arbeitsbedingungen
an einem Lehrstuhl steht bevor man dort anfängt, und dazu gehört eben
auch die Publikationspraxis.
Dort wo ich bisher gearbeitet habe erschien mir die Autorenschaft
immer recht fair, unfaire Verteilung dieser Ehre kenne ich nur als
Ausnahmen und vom Hörensagen.
> > Und letztlich hat ja auch dieser "Ehrenautor" zum Artikel
> > beigetragen, ohne dessen Tätigkeit als Leiter des Instituts oder
> > Lehrstuhls hätte es nämlich den Artikel auch nicht gegeben.
> Gelegentlich gilt auch hier das oben gesagte: "Ich Chef, du
> Zuarbeiter"
Das ist in der Tat schlecht, entspricht aber eben nicht meiner
(allerdings eingeschränkten) Erfahrung.
> Ausserdem wurde im Artikel bereits deutlich genug herausgestrichen
> weshalb gelegentlich Ehrenautoren gebraucht werden: Unterbindung von
> Kritik durch einen besonders klangvollen Namen oder zeiteffizientere
> Publikation durch den bedeutenden Autor.
Stimmt, aber leider ist das auch z.T. nötig, da renomierte
Zeitschriften sich mit den Artikeln von no-names oft nicht abgeben.
Auch sind solche Ehrenautorschaften ein zweischneidiges Schwert, denn
letztlich steht diese doch als "Markenzeichen" für eine gewisse
Qualität. Wird unter solch einem "Ehrenautor" zuviel Mist
veröffentlicht, dann schädigt das auch dessen Ruf.
> > Jemand der sich die Autorenliste dann durchliest kann sich meist
> > recht genau vorstellen wer etwa was zu dem Artikel beigetragen hat.
> Meistens stimmt dies sogar mit der Realität überein.
Eben darum (und in den Fällen wo die Autorenlisten "fair" sind) kann
ich da kein Problem erkennen.
> Andererseits geht es weniger um die tatsächlichen Kontributionen als
> um die pure Anzahl der Veröffentlichungen und um die Anzahl der
> Zitationen.
Ja, aber das ist das Problem derer die blöd nur Veröffentlichungen
und Zitationen zählen. Der Schmu geht ja schliesslich bei den
Zitationen weiter: die meisten zitieren sich fleissig selbst (meist
ja auch mit gutem Grund), oder bilden gar Cliquen die sich
gegenseitig zitieren.
> Im angelsächsichen Raum - und zunehmend auch in Mitteleuropa - werden
> bei der Besetzung von Positionen in der Wissenschaft - und
> gelegentlich auch in der Industrie - als Bewertungsmassstab eben
> diese "ojektiven" Werte herangezogen. Eine einfache Recherche im
> Citation-Index dient häufig als Beleg für die wissenschaftliche
> Qualifikation, insbesondere dann wenn diese Zitate aus renomierten
> Fachmagazinen stammen.
Und weil somit Zahl Autorenschaften und Zitationen zur
wissenschaftlichen Währung gemacht wurden wundert sich nun jeder über
inflationäre Listen von Autoren, Zitationen und Artikeln allgemein
bei denen aus einer wissenschaftliche nLeistung drei- bis vier
Artikel gemacht werden wo auch einer gereicht hätte.
> > Nur wenn dann jemand mit irgendwelchen erfundenen Metriken wie Anzahl
> > der Papers oder der Zitationen irgendetwas bewerten will was sich
> > ohnehin nicht in einfachen Zahlen messen lässt, dann muss der sich
> > was einfallen lassen wie er denn nun mit der Mehrfachautorenschaft
> > umgehen soll. Aber sein eigentliches Problem ist nicht die Nennung
> Und genau das ist das Problem! Die Quantität erlaubt noch lange keine
> Aussagen über die Qualität. Doch kann man davon ausgehen, dass
> ähnlich wie in der Werbung ein Name nur häufig genug genannt werden
> muss, damit dieser einen bleibenden Eindruck in der Öffentlichkeit
> hinterlässt. Jetzt rate mal wem man eher den hochdotierten Posten
> andient oder mit Forschungsmitteln ausstatten wird. Den Nobody mit
> einem halben dutzend Veröffentlichungen oder dem Autor, dessen Namen
> man im Zusammenhang mit gewissen Themen immer und immer wieder
> genannt bekommt?
Wenn die Namen vorne, an erster oder zweiter Stelle in den
Autorenlisten auftauchen haben sich die Leute tatsächlich mit der
wissenschaftliche Arbeit verdient gemacht, tauchen sie in der Mitte
auf haben sie wertvolle Zuarbeit geleistet, hinten stehen eben Leute
die einen erfolgreichen Lehrstuhl oder ein erfolgreiches Institut
leiten (eine Arbeit die ich nicht machen möchte, die aber dennoch
wichtig ist).
> > mehrerer Autoren auf einem Paper, sondern dass er der Meinung ist
> > wissenschaftliche Leistung auf eine Zahl runterbrechen zu können.
> Aber genau so funktioniert die Forschung heutzutage. Forschungsmittel
> werden dem Wissenschaftler zugesprochen, mit dem man mehr Staat
> machen kann, oder dessen Forschungen sich am ehesten lohnen. Und der
> einzige Bewertungsmassstab die Controller und Finanzierungsgremien
> gelten lasssen sind nun die Anzahl der Publikationen.
Dann ist es aber das Problem der Controller wenn sie sich so Leute
heranholen die nur besonders erfolgreich darin sind ihren Namen auf
Papers unterzubringen.
Wie ich schon sagte: im grossen und ganzen sind solche Autorenlisten
fair, wenn diejenigen die diese Listen dann sehen wissen wie sie zu
lesen ist. Erst wenn jemand meint aus den Autorenschaften dann
irgendwelche Metriken ableiten zu können entsteht ein Problem, und
wenn die Metriken und Beurteilungen Auswirkungen auf den Mittelfluss
haben muss sich auch keiner wundern, wenn das System missbraucht
wird.
Forschung ist nunmal schwer quantifizierbar, oft genug liegen auch
geniale Ansätze jahrzehntelang auf Eis weil niemand ihren Wert
erkennt oder die Zeit einfach noch nicht reif ist. Erst viel später
wird das dann möglicherweise wieder ausgegraben, aber genauso gut
kann es sein, dass dieselbe Entdeckung erst nochmal gemacht wird und
dann noch ein paar Jahre später erst jemand drauf kommt, dass es das
ja schon längst gab.
In anderen Fällen entdecken mehrere Leute/Gruppen mehr oder weniger
unabhängig dasselbe, einfach weil die Zeit reif und die technischen
Mittel gegeben sind. Auch dann ist es mehr oder weniger Glücksspiel,
wer am Ende häufiger zitiert wird und letztlich damit bekannt wird.
> Gotan schrieb am 13. März 2006 1:43
>
> > So wie ich das kenne ist an der Reihenfolge der Autoren sehr klar
> > erkennbar wer die Arbeit getan hat und wer der Ehrenautor ist. [...]
> Ganz so einfach ist das leider nicht. Als kleiner wissenschaftlicher
> Mitarbeiter musst du häufig die Arbeit für deinen Chef erledigen, der
> dann auch die Lorbeeren kassiert. Schliesslich will man sich ja nicht
> durch Widerborstigkeit und unverschämte Forderungen den
> Anschlussvertrag oder die Promotion versauen.
Das hängt natürlich auch vom Istitut, besagtem Chef und der
generellen Praxis in einem bestimmten Fachgebiet ab. Generell sollte
man sich halt vorher schlau machen, wie es um die Arbeitsbedingungen
an einem Lehrstuhl steht bevor man dort anfängt, und dazu gehört eben
auch die Publikationspraxis.
Dort wo ich bisher gearbeitet habe erschien mir die Autorenschaft
immer recht fair, unfaire Verteilung dieser Ehre kenne ich nur als
Ausnahmen und vom Hörensagen.
> > Und letztlich hat ja auch dieser "Ehrenautor" zum Artikel
> > beigetragen, ohne dessen Tätigkeit als Leiter des Instituts oder
> > Lehrstuhls hätte es nämlich den Artikel auch nicht gegeben.
> Gelegentlich gilt auch hier das oben gesagte: "Ich Chef, du
> Zuarbeiter"
Das ist in der Tat schlecht, entspricht aber eben nicht meiner
(allerdings eingeschränkten) Erfahrung.
> Ausserdem wurde im Artikel bereits deutlich genug herausgestrichen
> weshalb gelegentlich Ehrenautoren gebraucht werden: Unterbindung von
> Kritik durch einen besonders klangvollen Namen oder zeiteffizientere
> Publikation durch den bedeutenden Autor.
Stimmt, aber leider ist das auch z.T. nötig, da renomierte
Zeitschriften sich mit den Artikeln von no-names oft nicht abgeben.
Auch sind solche Ehrenautorschaften ein zweischneidiges Schwert, denn
letztlich steht diese doch als "Markenzeichen" für eine gewisse
Qualität. Wird unter solch einem "Ehrenautor" zuviel Mist
veröffentlicht, dann schädigt das auch dessen Ruf.
> > Jemand der sich die Autorenliste dann durchliest kann sich meist
> > recht genau vorstellen wer etwa was zu dem Artikel beigetragen hat.
> Meistens stimmt dies sogar mit der Realität überein.
Eben darum (und in den Fällen wo die Autorenlisten "fair" sind) kann
ich da kein Problem erkennen.
> Andererseits geht es weniger um die tatsächlichen Kontributionen als
> um die pure Anzahl der Veröffentlichungen und um die Anzahl der
> Zitationen.
Ja, aber das ist das Problem derer die blöd nur Veröffentlichungen
und Zitationen zählen. Der Schmu geht ja schliesslich bei den
Zitationen weiter: die meisten zitieren sich fleissig selbst (meist
ja auch mit gutem Grund), oder bilden gar Cliquen die sich
gegenseitig zitieren.
> Im angelsächsichen Raum - und zunehmend auch in Mitteleuropa - werden
> bei der Besetzung von Positionen in der Wissenschaft - und
> gelegentlich auch in der Industrie - als Bewertungsmassstab eben
> diese "ojektiven" Werte herangezogen. Eine einfache Recherche im
> Citation-Index dient häufig als Beleg für die wissenschaftliche
> Qualifikation, insbesondere dann wenn diese Zitate aus renomierten
> Fachmagazinen stammen.
Und weil somit Zahl Autorenschaften und Zitationen zur
wissenschaftlichen Währung gemacht wurden wundert sich nun jeder über
inflationäre Listen von Autoren, Zitationen und Artikeln allgemein
bei denen aus einer wissenschaftliche nLeistung drei- bis vier
Artikel gemacht werden wo auch einer gereicht hätte.
> > Nur wenn dann jemand mit irgendwelchen erfundenen Metriken wie Anzahl
> > der Papers oder der Zitationen irgendetwas bewerten will was sich
> > ohnehin nicht in einfachen Zahlen messen lässt, dann muss der sich
> > was einfallen lassen wie er denn nun mit der Mehrfachautorenschaft
> > umgehen soll. Aber sein eigentliches Problem ist nicht die Nennung
> Und genau das ist das Problem! Die Quantität erlaubt noch lange keine
> Aussagen über die Qualität. Doch kann man davon ausgehen, dass
> ähnlich wie in der Werbung ein Name nur häufig genug genannt werden
> muss, damit dieser einen bleibenden Eindruck in der Öffentlichkeit
> hinterlässt. Jetzt rate mal wem man eher den hochdotierten Posten
> andient oder mit Forschungsmitteln ausstatten wird. Den Nobody mit
> einem halben dutzend Veröffentlichungen oder dem Autor, dessen Namen
> man im Zusammenhang mit gewissen Themen immer und immer wieder
> genannt bekommt?
Wenn die Namen vorne, an erster oder zweiter Stelle in den
Autorenlisten auftauchen haben sich die Leute tatsächlich mit der
wissenschaftliche Arbeit verdient gemacht, tauchen sie in der Mitte
auf haben sie wertvolle Zuarbeit geleistet, hinten stehen eben Leute
die einen erfolgreichen Lehrstuhl oder ein erfolgreiches Institut
leiten (eine Arbeit die ich nicht machen möchte, die aber dennoch
wichtig ist).
> > mehrerer Autoren auf einem Paper, sondern dass er der Meinung ist
> > wissenschaftliche Leistung auf eine Zahl runterbrechen zu können.
> Aber genau so funktioniert die Forschung heutzutage. Forschungsmittel
> werden dem Wissenschaftler zugesprochen, mit dem man mehr Staat
> machen kann, oder dessen Forschungen sich am ehesten lohnen. Und der
> einzige Bewertungsmassstab die Controller und Finanzierungsgremien
> gelten lasssen sind nun die Anzahl der Publikationen.
Dann ist es aber das Problem der Controller wenn sie sich so Leute
heranholen die nur besonders erfolgreich darin sind ihren Namen auf
Papers unterzubringen.
Wie ich schon sagte: im grossen und ganzen sind solche Autorenlisten
fair, wenn diejenigen die diese Listen dann sehen wissen wie sie zu
lesen ist. Erst wenn jemand meint aus den Autorenschaften dann
irgendwelche Metriken ableiten zu können entsteht ein Problem, und
wenn die Metriken und Beurteilungen Auswirkungen auf den Mittelfluss
haben muss sich auch keiner wundern, wenn das System missbraucht
wird.
Forschung ist nunmal schwer quantifizierbar, oft genug liegen auch
geniale Ansätze jahrzehntelang auf Eis weil niemand ihren Wert
erkennt oder die Zeit einfach noch nicht reif ist. Erst viel später
wird das dann möglicherweise wieder ausgegraben, aber genauso gut
kann es sein, dass dieselbe Entdeckung erst nochmal gemacht wird und
dann noch ein paar Jahre später erst jemand drauf kommt, dass es das
ja schon längst gab.
In anderen Fällen entdecken mehrere Leute/Gruppen mehr oder weniger
unabhängig dasselbe, einfach weil die Zeit reif und die technischen
Mittel gegeben sind. Auch dann ist es mehr oder weniger Glücksspiel,
wer am Ende häufiger zitiert wird und letztlich damit bekannt wird.