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mehr als 1000 Beiträge seit 10.01.2003

Hat nicht die wirtschaftliche Krise Ungarn in den Nationalismus geführt?

Bitte Ursache mit Wirkung nicht verwechseln: Ungarn ist an dem Tag zum Auswanderungsland geworden, als es in die EU aufgenommen wurde (2004). Damals war zwar die Zustimmung für den Eintritt sehr groß, aber damals wusste man eben nicht, welche Folgen "Freizügigkeit" haben würde für Ungarn.

Wer kann, zieht angelockt von erheblich höheren Löhnen in einen anderen EU-Mitgliedsstaat und ist eben für Ungarn verloren. Und natürlich sind nicht die Alten und Eingesessenen mobil, sondern vor allen Dingen die Jugend. Warum soll man auch dort bleiben, wo man mit 500,- Euro abgespeist wird, wenn man anderswo für 2500,- Euro anfangen kann? Selbst bei höheren Lebenshaltungskosten bleibt immernoch mehr übrig am Ende des Monats, als in der Heimat. Vulgo: Weg, ab in die Ferne, da gibt's mehr Geld.

Woran Ungarn krankt (am Wegzug der aktuellen Leistungsgeneration und der Jugend), wiederholt sich in fast jedem EU-Staat, in dem die Wirtschaftsleistung und das Lohnniveau erheblich unter dem Durchschnitt liegt. Da jeder EU-Bürger sich frei in der EU bewegen und überall arbeiten darf, wurde eine "europainterne" Bevölkerungswanderung ausgelöst, die praktisch unsichtbar ist, weil niemand an den Grenzen steht und zählt. Millionen Osteuropäer (Bulgaren, Rumänen, Ungarn, Polen, Tschechen, ...) haben sich temporär oder dauerhaft von ihrer Heimat losgesagt, um anderswo ihr Geld zu verdienen.

Der dauerhafte Verlust von Kompetenz & Arbeitskraft macht sich logischerweise auch strukturell bemerkbar - und erst jetzt landen wir bei "Vergreisung" und "Wirtschaftskrise". Wirtschaftlich gesunde Länder sind teilweise innerhalb einer Dekade so ruiniert worden, dass die Rekonstruktion zwei Generationen dauern wird, allein aufgrund des Verlustes durch die o.g. Abwanderung von Leistungsträgern.
Und das führt eben auch zu einer Radikalisierung der Politik am rechten Rand.

In einer gerechten Welt hätte man die letzten 10, 15 Jahre seit der "EU-Osterweiterung" genutzt, die Lebenswirklichkeit für diese Menschen zu verbessern. Genau das ist nicht geschehen - aber warum auch: man hat im kleineren Maßstab es auch nicht geschafft, die 5 neueren Bundesländer soweit anzunähern an die wirtschaftliche bundesdeutsche Durchschnittsleistung, dass dort der Wegzug an Kompetenz und Arbeitskraft irgendwie hätte aufgehalten werden können. Nur zum Vergleich: 30% weniger Lohn für den ostdeutschen Facharbeiter im Vergleich zu seinem westdeutschen Kollegen - und nur die Miete allein macht den Unterschied aus bei den Lebenshaltungskosten. Der Rest kostet nunmal überall im Lande gleich.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (07.05.2019 09:02).

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