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47 Beiträge seit 03.06.2003

und zwar viel. oder es brennt. -ernsthaft-

Denn Lecturer hin, Lehr-Juniorprofessorin her, hundert 500-Euro
Lehraufträge oder auch 500 1-euro Lehraufträge dazu, und einen
Senior-Prof auf Rentenzuschussbasis obendrauf:
Wenn die deutschen Hochschulen, und zwar in der breiten Masse, nicht
schnell und massiv Mittelzuwächse bekommen, platzen die aus allen
Nähten.
Anwachsen des Studierendenberg meets Zugangstests* meets
Prof-Pensionierungswelle meets Berufungsstops meets flächendeckender
Bachelor.

Und wenns nicht an der Uni brennt**, dann halt mal auf der Straße,
wenn zu den Leuten ohne Studienplatz die anderen jungen Menschen ohne
Ausbildungsplatz dazukommen.
Wenns da dann auch ruhig bleibt, bleibt es das für länger, denn
dürfte uns bald ein bedeutender Teil der Reproduktionsfähigkeit
unseres Wissenschaftssystems und jaja, auch des Wirtschaftsystems,
abhanden gekommen sein. Grausige Vorstellung beispielsweise: ganze
Informatikerjahrgänge, die weder Zeit noch Interesse für Telepolis
haben werden, geschweige denn für anderes sinnvolles...
SoziologInnen, die noch nie zur Wahl waren - nicht aus Protest,
sondern weil am nachwahlmontag klausur war - und überhaupt,
"erstwohnsitz lohnt sich doch nicht fürs studium, gibt ja auch
zweitwohnsitzsteuer, und da im Süden, wo er herkommt, hat er, seitdem
er 18 ist, grad mal die OB-wahl verpasst, keine ahnung, wer da
gewonnen hat". Lehrämtler-Erstis, die ihr FSJ gemacht haben, damit
sie mit den so gewonenen Bonuspunkten an die Wunschuni - in der Nähe
von Eltern und FreundIn- kommen.

*5-Jahre-nach-Abi-party 2017:*
"Und, Dirk, was hast du studiert? "Naja, Bachelor of Engineering in
Design CAD-gefertigter anorganischer Formteile, dann ein Jahr
Australien, und jetzt bin ich junior assistant door designer bei VW.
Die ham mir ja alles bezahlt, ne? Auch das Jahr Australien... feiner
Konzern, das. da machich gerne die 15 Pflichtjahre. Und du, Tanila?"
"Naja, so nen einen allgemeinbildenden Bachelor of Arts. Bin jetzt
total teamfähig, und kann super Reports machen, Theater spielen,
Diskurse leiten und Gründungspläne schreiben. Naja, hatte ein paar
Praktika, immer mal ein paar Wochen Ferienfließband. Bewerb mich grad
auf ein Stipendium für einen master study, ich will endlich mal was
lernen! Hab gehört, in Münster soll es noch Ethnologie geben, da will
ich hin, bevor Bayer die Aktienmehrheit an der High School of Life
Science kauft...
"Und Klaus? Noch zusammen, ihr beiden? Ihr wart so ein süßes Paar
damals..." "Ne, der hat die O-Phase fast nicht bestanden, alle
Wiederholungsversuche ausgereizt und im dritten Semester dann nen
Beinbruch. Da war er aus dem Lehrplantakt raus, Gebührenkredit
geplatzt, Schulden am Hals, und dann, naja, als er sich halb
totgesoffen hat, hab ich Schluss gemacht..."

*seufz*

* => Dr. van Nieuwland, Präsident des Niedersächsischen
Oberverwaltungsgerichtes, Sitz in Lüneburg, äußerte bei der
Präsentation des Geschäftsberichtes für 2006 die Auffassung, dass es
bei der Vergabe von Studienplätzen nicht mehr gerecht zugeht:
"Der Hochschulzugang ist mittlerweile so kompliziert, dass selbst ich
es nicht mehr überschaue - ebenso die Bürger auch nicht mehr,"
erklärte van Nieuwland. Das System ist dermaßen unübersichtlich, weil
jede Universität für sich eigene Zugangsvoraussetzungen aufstellt. Es
ist nicht mehr zu verstehen." Er regte laut Zeitungsbericht ferner
an, das Bundesverfassungsgericht könnte sich einmal mit dieser
gängigen Praxis beschäftigen, es gehe "um das Grundrecht der freien
Berufswahl".
Quelle: Landeszeitung (Nds.), 20.04.2007

** jaja, bildlich gesprochen. ich dachte eher an wilde studi-streiks,
mittelbau im kollektiven krankenstand, flächendeckende
MdL-Bürobesetzungen, verbarrikadierte schulen, 1000 Schneemänner mit
Bannern statt Besen in jeder stadt, so was halt...
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