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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

Einordnung

Wow - und am Schluss outet sich Suchsland auch noch als Impfpflicht-Befürworter...

Da kommentiert also ein Idealist zwei sich unterhaltende Idealisten, die als solche die Beweger der Geschichte in subjektiven Befindlichkeiten suchen, während die Interessenlage der sich an der Macht befindlichen gesellschaftlichen Klasse unerwähnt bleibt - zumindest in Suchslands Darstellung, ich habe das Gespräch nicht gesehen. Aber der hier zitierte Satz von Precht... "Die Kulturgeschichte besteht darin, den Menschen das Fühlen auszutreiben und ihnen beizubringen, ihren Verstand zu gebrauchen", beweist immerhin, dass dieser Kulturgeschichte nur Bürgertum-immanent zu sehen vermag. Wobei seine Aussage auch dann noch holzschnitzartig vergröbert ist.

Flasspöhlers Ansatz gründet durchaus auf korrekten, wenn auch nicht überaus originellen Beobachtungen. In der Tat hassen Menschen, auch die heutigen, Uneindeutiges. Der grösste Teil ist denkfaul und setzt daher gern auf ein festes Regelgefüge. Regeln entlasten. Die schon vor Jahrzehnten von Habermas konstatierte neue Unübersichtlichkeit überfordert sie. Es mag auch sein, dass dem rasenden technischen Fortschritt in einer dialektischen Bewegung ein zunehmender Wunsch nach einem neuen moralischen Korsett entspricht. Allerdings sollte man die stets in den Rest der Welt überschwappenden u.s.-amerikanischen Wellen nicht allzu stark verallgemeinern. Die sich bis ins Absurde steigernde Ultra-Moralität z. B. der Me To-Bewegung und allgemein politisch-gesellschaftlicher Korrektheit verdankt sich spezifisch u.s.-amerikanischer Befindlichkeit und breitet sich nur aufgrund kultureller Hegemonie und nur oberflächlich in vielen weiteren Weltgegenden aus.

Wenn sie nun ihre Wahrnehmung filterfrei auf die Pandemiesituation bzw. die politische und gesellschaftliche Reaktion anwendet, lehrt Flasspöhler das Kind mit dem Bad aus. Es handelt sich um eine schlichte Übergeneralisierung, die auf mangelnde geistige Durchdringung der Materie weist. Denn die Parallelen zu einigen in den letzten Jahren durchs Dorf gejagten Sauen sind weitgehend nur scheinbare. Schon nur deshalb, weil die im Fall der Seuche angezeigten Präventivmassnahmen im Gegensatz zu z. B. Änderungen im Sexualstrafrecht als ephemere, wieder aufzuhebende gedacht sind - was allerdings im Fall Impfpflicht anders ist, mit ein Grund, warum diese abgelehnt werden sollte.

Der Rest des Artikels ist sehr kalter Kaffee. Wer sich über Mediensitten und Kritik daran informieren will, soll Karl Kraus lesen, der selbstverständlich alert genug war, den politischen Hintergrund dafür mitzureflektieren.

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