Ansicht umschalten
Avatar von
  • unbekannter Benutzer

mehr als 1000 Beiträge seit 10.01.2003

Wir werden kulturell längst gecancelt. Unerträglich ist die Gehässigkeit.

Mir fallen ja ein paar Dinge ein, die heute "gecancelt" werden. Fängt an bei der "Korrektur" von Straßennamen, indem man "politisch inkorrekte" historische Personen aus der Erinnerung tilgt. Bekanntestes Beispiel ist vielleicht die Schmutzkampagne gegen Martin Luther, den man nicht mehr als Reformator in Erinnerung behalten will, sondern dessen Antisemitismus ausgegraben wird, um ihn zu diskreditieren.
Wenn historische Personen sich an den Maßstäben der Gesellschaft im frühen 21. Jahrhundert messen müssen, können sie nur verlieren, denn bis in die 1950er hinein waren Frauenfeindlichkeit, Homophobie, Rassismus und Antisemitismus Teil des Alltags und entsprechend weit verbreitet durch alle Bevölkerungsschichten hinweg.

Ich bringe aber mal zwei sehr viel konkretere Beispiele an: Weihnachten und Silvester. Die fallen gerade "Cancel Culture" zum Opfer, dabei ist das ein jahrelanger Prozess, der auch von Corona losgelöst betrachtet werden kann. Hier ein paar Stichpunkte:

> In den Geschäften beginnt die Vorweihnachtszeit bereits im September.
Drausen herrschen noch 25°C, die Sonne steht hoch am Himmel und die Tage sind noch lang, da stehen bereits die ersten Pfefferkuchen und Weihnachtsmänner in den Regalen. Denn man kann ja gar nicht früh genug anfangen, an Weihnachten zu denken. Deshalb ist bereits in vielen Geschäften schon im September Vorweihnachtszeit, spätestens aber Anfang Oktober.
Dabei beginnt, kulturell betrachtet, die Vorweihnachtszeit erst zum 1. Advent.

> Völlige Kommerzialisierung des Weihnachtsfests.
Sich reich beschenken erscheint wichtiger als die Idee des "Familienfestes". Wann trifft man sonst die restliche Familie, wann nimmt man sich die Zeit? In der Regel nur bei Hochzeiten und Beerdigungen. Schon bei Gebutstagsfeiern feiert man lieber im kleinen Kreis, auch weils an Platz mangelt und die Kosten im Rahmen bleiben müssen. In der Weihnachtszeit hat man aber nach Heiligabend i.d.R. mindestens die 2 Feiertage, um auch jenen Teil der Verwandtschaft zu besuchen, den man sonst nur selten sieht.
Ist das überhaupt noch jemandem bewusst?

> Viele wissen nicht mehr, wie Weihnachten, Krippespiel und Kirche zusammenhängen.
Gut, wusste ich als in der DDR Geborener ja auch ewig nicht. Der DDR-Führung die Kommerzialisierung des Weihnachtsfests vorzuwerfen, geht nicht, wohl aber, dass hier der "christliche Gedanke" entfernt werden sollte, ohne das Fest selbst abzuschaffen.
Ich bin zwar noch immer Atheist, aber ich gehe meiner Familie zuliebe das eine Mal im Jahr in die Kirche, nämlich zum Weihnachtsgottesdienst. Und auch wenn ich nicht an Gott & co glaube, so ist das die nötige Entschleunigung, um eben nicht durch das Fest zu hetzen. Stress gibt's sowieso genug, die "besinnliche Zeit" ist leider viel zu anstrengend geworden, auch wegs der o.g. 2 Punkte.

> Corona: Familienfeiern tabu, Weihnachtsmärkte zu.
Die Betreiber haben ja mitgespielt: zunächst 3G für alle an den üblichen Ständen, nur bei den Ständen mit Glühwein, Maronen & co galt von Anfang an 2G. Dafür wurden extra die Märkte so aufgebaut, dass mit erträglichem Aufwand die Leute selektiert werden konnten. Aus 3G wurde schnell 2G, aus 2G dann 2G+ und dann wurden trotzdem die Märkte so 2 - 3 Wochen vor Weihnachten geschlossen. Und jede einzelne Woche haben jeden Tag unsere Politiker an der Eskalationsschraube gedreht, für Verwirrungen gesorgt, "Verschärfungen" angekündigt und letztlich unmöglich gemacht, besinnliche Weihnachten im Kreis der Familie zu begehen, insbesondere für Menschen, die sich noch nicht haben impfen lassen (und auch nicht wollen). Oder solche, deren Impfungen länger als 6 Monate zurückliegen und die damit auch als ungeimpft gelten.
Dass dies' Jahr die Weihnachtsstimmung kaputtgemacht wurde, liegt fast ausschließlich an unseren gewählten Abgeordneten, an den Ministerpräsidenten und den Ministern von Bund und Ländern.
Besonders unerträglich ist deren Gehässigkeit, mit der sie ihre Maßnahmen durchpeitschen. Weiter vertiefen werde ich den Vorwurf aber nicht (da sonst ein Bann droht).

> Ein besonderer Genuss zum Schluss: faktisches Silvesterverbot
Es dürfen ja keine Silvesterraketen, Böller usw. verkauft werden. Falls noch irgendwer Restbestände aus dem Jahr 2019 nicht im Jahr 2020 verschossen hat (bereits da war der Vertrieb verboten), kann ja 2021 noch was anzünden. So großzügig sind sie dann doch noch, unsere gewählten Volksvertreter.
Doch die Reste dürften fast komplett aufgebraucht sein. Und das wissen die auch.
Es dürfte ein besonderer Genuss gewesen sein, das Silvesterfeuerwerk, was traditionell dem Vertreiben böser Geister dient (und das haben wir mehr als nötig) der Cancel Culture zu opfern. Aktuell können wir nicht böllern, weil wir nichts kaufen dürfen und sowieso lieber zu Hause bleiben sollen, statt mit der erweiterten Familie oder Freunden auf's Neue Jahr anzustoßen. Und wenn jemals wieder Corona vorbei sein sollte und die Maßnahmenpolitik beendet ist, wird die Deutsche Umwelthilfe darauf verweisen, wie schön doch 2020, '21, ff doch gewesen sind für die Luftqualität und dass wir vielleicht einfach auf diesen Mist verzichten sollten.
Auf einmal gibt's auch MASSEN von Silvesterböller-Gegnern, die es früher so nicht gab, weil es allgemein anerkannte Tradition war. Nur heut, im "neuen Normal", geht das eben nicht mehr.

-

Allein diese Punkte sind für mich mehr als genug Hinweis darauf, dass Kultur und Tradition kurzerhand entsorgt werden sollen und wir damit ein Stück weit auch unsere Identität verlieren. Ohne richtiges Weihnachtsfest braucht es keine Weihnachtskunst aus dem Erzgebirge mehr. Wozu sollen wir noch den Kindern was vom "Weihnachtsmann" vorlügen, wenn es den genausowenig gibt, die das Jesuskind in der Krippe? Martin Luther war Antisemit, Abraham Lincoln Rassist und Albert Einstein ein Frauenfeind. Vielleicht sollten wir, bevor wir verdiente Männer und Frauen unserer Geschichte mit Dreck bewerfen, die "großen Feldherren" seit letzten 3000 Jahre neu bewerten? Ist "Alexander der Große" wirklich ein großer Feldherr gewesen oder nicht einfach nur ein Schlächter, der mit seiner Armee über Persien hergefallen ist, um seine ambitionierten Ziele zu erreichen? Wie wär's damit? Napoleon hat schließlich auch eine Art Weltkrieg angefangen, als er ganz Europa erobern wollte, auch nur seiner Ambitionen wegen, nicht, weil es notwendig gewesen wäre. Warum sehen wir Napoleon im positiven Licht, Willhelm II dagegen als Kriegsverbrecher? Wieso diese unterschiedlichen Beurteilung der historischen Figuren je nach politischem Zeitgeist?

Sodele.
Ich bin fertig für heute und wünsche allen ein frohes, neues Jahr. Und ich finde, wir sollten das neue Jahr als "Wendejahr" betrachten und endlich die nötige geistig-moralische Wende einführen, um dieser "Cancel Culture" zu begegnen. Wir sind MEHR als nur 12 dunkle Jahre Geschichte.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (31.12.2021 16:13).

Bewerten
- +
Ansicht umschalten