Mathematiker schrieb am 06.05.2022 17:08:
Der naive Glaube, dass Wohlstand automatisch zu geringeren Geburtenraten führt.
Es ist kein Wohlstand, wenn man fremdes Geld verfrühstückt. Und was naiv ist, ist der Glaube, dass man Ergebnisse struktureller Eigenschaften mit Geld ausgleichen könnte.
Wohlstand führt automatisch zu geringeren Geburtenraten. Dazu muss es aber Wohlstand (also eigenes "Standing") und nicht Wohlfahrt (also Wohlleben auf Gemeinschaftskosten) sein. Heutiger Wohlstand beruht auf einer stark arbeitsteiligen und hochmechanisierten Gesellschaft. In dieser ist Nachwuchs ein familiärer Kostenfaktor - und zwar ein massiver. Primär aufgrund der hohen Aufwendungen für Bildung und Ausbildung. Deswegen haben die produktiven Schichten im Westen auch selten mehr als ein oder zwei Kinder - im Gegensatz zu den wohlfahrtsabhängigen wie auch den supervermögenden Schichten. Über das Kindergeld kommt bei Ersteren noch eine weitere Fehlsteuerung hinzu, die ökonomisch durchaus vergleichbar mit der dritten Welt und der dort noch üblichen Substitutionswirtschaft ist: Mehr Kinder, mehr Einnahmen. In der Substitutionswirtschaft sind Kinder BILLIGE Arbeitskräfte - mehr Kinder, mehr Feldertrag.
Wenn du in eine Substitutionswirtschaft mit einer Gießkanne Geld Verteiler ändert sich gar nichts - außer daß man mehr verkonsumiert (was der ersten Welt und ihrer Konsumgüterindustrie gar nicht so unrecht ist). So schlimm es vielleicht klingt: Man muss diese Länder im Schnelldurchgang in moderne arbeitsteiligen Gesellschaften verwandeln - damit sie in zwei oder drei Generationen auch mental bereit sind, auf ihr Dutzend Kinder zu verzichten. Und das bedeutet zuallererst die Industrialisierung der Landwirtschaft und damit Zerstörung der Substitutionswirtschaft. Dazu ist der Westen nicht bereit, der eine romantisierte Vorstellung von der Nahrungsgüterproduktion zum Eigenbedarf (gern mit Auslagerung an entsprechende Servicekräfte) gerade bei den herrschenden Eliten hat. Ökologische Landwirtschaft ist doch nichts anderes als die Vorstellung, man könnte Substitutionswirtschaft auf ein modernes Niveau heben und quasi aus den ökonomischen Gesetzmäßigkeiten einer arbeitsteiligen Industriegesellschaft herauslösen.
Die Naivität des Westens ist, dass er die Dritte Welt erhalten will, weil er sie romantisiert. Und den im Raum stehenden Elefanten der Überbevölkerung mangels Strukturanpassung mit Geld (natürlich nicht mit dem Geld der Eliten) zudecken will.