Dann können wir uns ja darauf einigen, dass der Begriff "Europa" im modernen Sinne ein Ergebnis der Renaissance ist und nicht viel mit dem antiken mythologischen Begriff "Europa" zu tun hat. Mythos Europa trifft es dabei gut.
Bzgl. der Wiederentdeckung der Antike: Mir ist klar, dass das die Geschichte ist, die im Westen erzählt wird. Es ist aber eine falsche Geschichte. Zwar ist Konstantinopel gefallen, die griechische Sprache und das kulturelle Erbe hörten aber nicht auf zu existieren. Ein bestimmter Teil der Elite wanderte nach Italien aus - der Teil der Elite, der auf eine Verwestlichung des Oströmischen Reiches hinwirken wollte, nachdem die Kreuzritter Konstantinopel wiederholt geplündert und dadurch zum Grund dafür wurden, wieso die Osmanen das Reich überhaupt erobern konnten. Diejenigen, die verblieben (eine große Mehrheit), zog die türkische Herrschaft der Verwestlichung vor. Natürlich gab es keine paganen Lehren in der Kirche, die in der Folge des Falls Konstantinopels die verschiedenen Elemente bewahrte. Das war im Westen anders. Das Wiederaufleben antiker Philosophie war dort immer explizit mit einem trotzigen paganen Element versehen, dass man den in der Tat despotischen Kirchen des Westens vor den Latz geknallt hat. Für jemanden aus dem orthodoxen Kulturkreis gab es so etwas wie eine "Wiederentdeckung" nicht, weil die Dinge für sie nie aufhörten zu existieren. Diese antichristlichen Komplexe gibt es entsprechend in diesen Gegenden nicht oder wenn doch, dann nur weil ein paar selbsternannte Kommunisten oder Humanisten das nachplappern, was ihnen intellektuell aus Europa serviert wird. Es entbehrt aber jeder geschichtlichen Grundlage.
Dabei geht es nicht darum, ob Zaziki oder Bratwurst besser ist oder ob Korruption nicht auch in Deutschland möglich ist. Aus diesem Alter sind wir wohl alle heraus. Es geht um Narrative, die gestrickt werden ohne die Gegenseite zu fragen. Und der Narrativ zu Griechenland gestrickt wird, auch von diesen Idioten wie Varoufakis, geht im Groben so: Griechenland ist Teil "Europas", es muss kulturell weiter europäisiert werden, die Zukunft des Landes (und des Balkans) ist Europa. Das ist ein Narrativ, dem in Griechenland schlicht niemand zustimmt, wenn er nicht durch die Medien gehirngewaschen ist. In der Realität sieht es so aus: Griechenland ist Teil des Balkans und der östlichen Mittelmeerregion, die Europäisierung hat uns seit 1204 n.Chr. nur geschadet, die Zukunft des Landes liegt - oh Wunder - in der Region, in der das Land sich befindet.
Versteh mich nicht falsch: Es geht genauso wenig darum, eine große Konfrontation an die Wand zu malen, wo keine ist. Deutschland ist genauso Gegenstand bestimmter liberaler (=kapitalistischer, kulturrelativierender, antireligiöser) Narrative. Die Idee, für die Varoufakis die Trommel schlägt, ist nichts anderes als EU-Konzern-Kapitalismus durch die Hintertür, mit größeren Trostpflastern für die Verlierer des Konkurrenzkampfes auf dem ach so freien Markt. Weder ein Deutscher, noch ein Grieche wird von diesem System irgendetwas gewinnen.