Comran schrieb am 15. März 2006 14:00
> Die Charaktereigenschaften werden in den frühen Lebensjahren geprägt.
Ja.
> Die ersten 4 Jahre gibt es nur das Elternhaus und Spielkameraden als
> Bezug.
Ja.
> Danach kommt der Kindergarten mit ersten "fremdbestimmten
> Sozialrichtlinien". Da mag man zwar etwas auffangen können, aber 2
> Jahre ohne Tiefgang reichen bei Weitem nicht aus, die ersten 4 Jahre
> wettzumachen. Danach starten weitere 6 Jahre Schule, in denen der
> Unterricht normalerweise nicht länger als 5 Zeitstunden dauert. Wenn
> ich 8 Stunden Schlaf abziehe, bleiben immer noch 11 Stunden der
> "medialen und sozialen Übermacht".
Du verwechselst hier "Charakter" (Persönlichkeit finde ich besser)
und soziale Interaktion. Ersterer hat auf letztere nur einen
qualitaven Einfluss, keinen, der die Wahl der Interessen (Konsum oder
Bildung, z.B.) beeinflußt, und die soziale Interaktion lernt das Kind
von 7 bis 14 noch vor allem von den Eltern, ab dann aber (fast) nur
noch aus eigener Erfahrung mit Gleichaltrigen und anderen Erwachsenen
(auch den Fernsehmoderator :-)). Du magst z.B. ein schüchterner oder
impulsiver Charakter sein, aber das sagt wenig über Dein
Konsumverhalten aus (ausser in Extremfällen wie Sucht u.ä., das ist
dann meist sehr früh geprägt).
> Ein ziemlich sinnloses Unterfangen, soziale Kompetenz in die Hände
> der Schule zu legen.
Davon habe ich auch nicht geredet. Die Schule sollte aber mehr sein
als Lieferant rein für eine spekulative Karriere verwetertbaren
Wissens, sondern sie sollte auch Raum geben, eigene Interessen
jenseits des Konsums zu entwickeln und zudem gehört z.B.
Medienkompetenz durchaus zu etwas, was die Schulen vermitteln
könnten.
> Natürlich könnte man jetzt die
> sozialdemokratische Idee der Ganztagsschule aus dem Hut zaubern. Aber
> mal ehrlich: wenn ich an meine immerhin 14-jährige Schulzeit
> zurückdenke - und vor allem an die staatsexaminierten "Pädagogen" -
> würde ich einen Teufel tun, meine Kinder die längste Zeit des Tages
> nüchternen Berufserziehern zu überlassen.
Tja, wer sagt denn, dass ich die Ausbildung für Lehrer, so wie sie
ist für gut halte? Lustig, dass Du sie "Pädagogen" nennst, wenn Du
wüßtest wie wenig Pädagogik und Psychologie man als Lehrämtler lernen
muß...
...von Praxis ganz zu schweigen. Wenn ich davon rede, die Kompetenzen
der Schulen zu stärken oder besser zu verändern, heißt das
mitnichten, dass die Schulen selbst so bleiben können, wie sie sind.
> Komischerweise spricht man immer mehr vom Bildungsnotstand, seitdem
> die (Grund)schule immer mehr weg von der Fachbildungsorientierung
> geht. Mathe, Deutsch und Sachkunde werden ja schon gekürzt zugunsten
> von gemeinsamem Frühstück, Erzählstunde, Schlafstunde. Nicht, dass
> ich sowas als Schüler nicht attraktiv gefunden hätte.... ;-)
Davon rede ich nicht.
> Tatsache ist, dass die Anforderungen an Schüler ständig sinken. Da
> ich meine eigene Grundschulzeit in den 70ern noch gut in Erinnerung
> habe und meine Mutter selbst Grundschullehrerin bis vor 3 Jahren war,
> glaube ich, das recht gut verfolgt zu haben.
Jo, finde ich auch nicht OK. Wie üblich wurde nur einseitig und
halbherzig "rumreformiert", aber mir geht es um den Kern: Was ist
Bildung eigentlich? Und außerdem, wenn Du sagst, die Kinder werden
nicht genug gefordert, was hast Du dann gegen Ganztagsschulen?
> Eedienkompetenz
> und Psychologie sind in jungen Jahren einfach nicht vermittelbar.
Aber sicher sind sie das. Wann denn sonst? Was Hänschen nicht
lernt...
> Ersteres vielleicht ab 12, aber solche kontroversen Themen, werden
> von Schülern doch eher als klassisches Lernfach betrachtet, indem man
> rausbekommt, welche Antworten beim Lehrer gut ankommen. Genau wie
> Religion.... Ob das wirklich was bringt?
Wieso so pessimistisch? Erstens will ich ja gerade bei solchen Themen
weg vomo schulischen, weil es hier nicht um fachliche Expertise geht,
sondern um angewandtes für's Leben. Es gab schon Modellversuche, bei
denen z.B. einmal wöchentlich Spannungen und Konflikte innerhalb der
Klassengemeinschaft ausdiskutiert wurden, und die waren sehr
erfolgreich.
> Schuluniform und Handyverbot sind Dinge, die ich sofort unterstützen
> würde. Waldorfschule allerdings ist ein ziemlich starkes Schlagwort.
> Gerade die Waldorf-Schüler kommen anschließend im Leben wesentlich
> schwerer zurecht, da sie den Leistungsdruck unserer Gesellschaft
> nicht gewöhnt sind - mal völlig wertfrei, ob dieser Druck gut oder
> schlecht ist, aber er ist nicht wegzuleugnen.
Darum bin ich ja auch nicht für ein _reines_ Waldorfkonzept, sondern
für eine Mischung, die Du nur in einer Ganztagsschule realisieren
kannst (was noch andere Vorteile hätte, z.B. weniger Zeit vor der
Glotze etc.), denn Waldorf-Pädagogik hat schon ein paar Vorzüge, vor
allem was begabtere und kreativere Kinder angeht.
> Es gibt
> Selbsthilfegruppen Waldorf-Geschädigter, und gerade die
> anthroposophischen Lehren Rudolf Steiners sind alles andere als
> unumstritten, teilweise sogar volksverhetzend, und wie Minderjährige
> auf regelmäßig praktizierte Eurhythmik-Übungen reagieren, kann man
> auch nur spekulieren.
Mir ging es um das "selbst entdeckende Lernen", von der Ideologie
Steiners halte ich sonst nur wenig.
Aber, mal was anderes: Jetzt haste mir alles gesagt, was Du NICHT
willst, was wären denn Deine Vorschläge? :-)
Gruß, Z.
> Die Charaktereigenschaften werden in den frühen Lebensjahren geprägt.
Ja.
> Die ersten 4 Jahre gibt es nur das Elternhaus und Spielkameraden als
> Bezug.
Ja.
> Danach kommt der Kindergarten mit ersten "fremdbestimmten
> Sozialrichtlinien". Da mag man zwar etwas auffangen können, aber 2
> Jahre ohne Tiefgang reichen bei Weitem nicht aus, die ersten 4 Jahre
> wettzumachen. Danach starten weitere 6 Jahre Schule, in denen der
> Unterricht normalerweise nicht länger als 5 Zeitstunden dauert. Wenn
> ich 8 Stunden Schlaf abziehe, bleiben immer noch 11 Stunden der
> "medialen und sozialen Übermacht".
Du verwechselst hier "Charakter" (Persönlichkeit finde ich besser)
und soziale Interaktion. Ersterer hat auf letztere nur einen
qualitaven Einfluss, keinen, der die Wahl der Interessen (Konsum oder
Bildung, z.B.) beeinflußt, und die soziale Interaktion lernt das Kind
von 7 bis 14 noch vor allem von den Eltern, ab dann aber (fast) nur
noch aus eigener Erfahrung mit Gleichaltrigen und anderen Erwachsenen
(auch den Fernsehmoderator :-)). Du magst z.B. ein schüchterner oder
impulsiver Charakter sein, aber das sagt wenig über Dein
Konsumverhalten aus (ausser in Extremfällen wie Sucht u.ä., das ist
dann meist sehr früh geprägt).
> Ein ziemlich sinnloses Unterfangen, soziale Kompetenz in die Hände
> der Schule zu legen.
Davon habe ich auch nicht geredet. Die Schule sollte aber mehr sein
als Lieferant rein für eine spekulative Karriere verwetertbaren
Wissens, sondern sie sollte auch Raum geben, eigene Interessen
jenseits des Konsums zu entwickeln und zudem gehört z.B.
Medienkompetenz durchaus zu etwas, was die Schulen vermitteln
könnten.
> Natürlich könnte man jetzt die
> sozialdemokratische Idee der Ganztagsschule aus dem Hut zaubern. Aber
> mal ehrlich: wenn ich an meine immerhin 14-jährige Schulzeit
> zurückdenke - und vor allem an die staatsexaminierten "Pädagogen" -
> würde ich einen Teufel tun, meine Kinder die längste Zeit des Tages
> nüchternen Berufserziehern zu überlassen.
Tja, wer sagt denn, dass ich die Ausbildung für Lehrer, so wie sie
ist für gut halte? Lustig, dass Du sie "Pädagogen" nennst, wenn Du
wüßtest wie wenig Pädagogik und Psychologie man als Lehrämtler lernen
muß...
...von Praxis ganz zu schweigen. Wenn ich davon rede, die Kompetenzen
der Schulen zu stärken oder besser zu verändern, heißt das
mitnichten, dass die Schulen selbst so bleiben können, wie sie sind.
> Komischerweise spricht man immer mehr vom Bildungsnotstand, seitdem
> die (Grund)schule immer mehr weg von der Fachbildungsorientierung
> geht. Mathe, Deutsch und Sachkunde werden ja schon gekürzt zugunsten
> von gemeinsamem Frühstück, Erzählstunde, Schlafstunde. Nicht, dass
> ich sowas als Schüler nicht attraktiv gefunden hätte.... ;-)
Davon rede ich nicht.
> Tatsache ist, dass die Anforderungen an Schüler ständig sinken. Da
> ich meine eigene Grundschulzeit in den 70ern noch gut in Erinnerung
> habe und meine Mutter selbst Grundschullehrerin bis vor 3 Jahren war,
> glaube ich, das recht gut verfolgt zu haben.
Jo, finde ich auch nicht OK. Wie üblich wurde nur einseitig und
halbherzig "rumreformiert", aber mir geht es um den Kern: Was ist
Bildung eigentlich? Und außerdem, wenn Du sagst, die Kinder werden
nicht genug gefordert, was hast Du dann gegen Ganztagsschulen?
> Eedienkompetenz
> und Psychologie sind in jungen Jahren einfach nicht vermittelbar.
Aber sicher sind sie das. Wann denn sonst? Was Hänschen nicht
lernt...
> Ersteres vielleicht ab 12, aber solche kontroversen Themen, werden
> von Schülern doch eher als klassisches Lernfach betrachtet, indem man
> rausbekommt, welche Antworten beim Lehrer gut ankommen. Genau wie
> Religion.... Ob das wirklich was bringt?
Wieso so pessimistisch? Erstens will ich ja gerade bei solchen Themen
weg vomo schulischen, weil es hier nicht um fachliche Expertise geht,
sondern um angewandtes für's Leben. Es gab schon Modellversuche, bei
denen z.B. einmal wöchentlich Spannungen und Konflikte innerhalb der
Klassengemeinschaft ausdiskutiert wurden, und die waren sehr
erfolgreich.
> Schuluniform und Handyverbot sind Dinge, die ich sofort unterstützen
> würde. Waldorfschule allerdings ist ein ziemlich starkes Schlagwort.
> Gerade die Waldorf-Schüler kommen anschließend im Leben wesentlich
> schwerer zurecht, da sie den Leistungsdruck unserer Gesellschaft
> nicht gewöhnt sind - mal völlig wertfrei, ob dieser Druck gut oder
> schlecht ist, aber er ist nicht wegzuleugnen.
Darum bin ich ja auch nicht für ein _reines_ Waldorfkonzept, sondern
für eine Mischung, die Du nur in einer Ganztagsschule realisieren
kannst (was noch andere Vorteile hätte, z.B. weniger Zeit vor der
Glotze etc.), denn Waldorf-Pädagogik hat schon ein paar Vorzüge, vor
allem was begabtere und kreativere Kinder angeht.
> Es gibt
> Selbsthilfegruppen Waldorf-Geschädigter, und gerade die
> anthroposophischen Lehren Rudolf Steiners sind alles andere als
> unumstritten, teilweise sogar volksverhetzend, und wie Minderjährige
> auf regelmäßig praktizierte Eurhythmik-Übungen reagieren, kann man
> auch nur spekulieren.
Mir ging es um das "selbst entdeckende Lernen", von der Ideologie
Steiners halte ich sonst nur wenig.
Aber, mal was anderes: Jetzt haste mir alles gesagt, was Du NICHT
willst, was wären denn Deine Vorschläge? :-)
Gruß, Z.