...schon im Originaltext, aber die Uebersetzung macht es nicht
besser. Woolseys Auftritte sind z.B. keineswegs unangekuendigt (sonst
kaem ja keiner, gell?), sondern "halboeffentlich" in dem Sinn, dass
es normalerweise nicht in der Zeitung steht, wo er auftritt.
Er spricht auch keineswegs nur vor Mitgliedern der "Intelligence
Community". Ich habe seine Rede vorige Woche in New York gehoert, als
er vor ein paar Hundert Bankern gesprochen hat. Ich will mal
versuchen, aus dem Gedaechtnis einiges zu kommentieren.
"Vielleicht kam dem ehemaligen CIA-Direktor niemals der Gedanke, dass
diese Gruppen auch untereinander feindlich gesinnt sind, manchmal
stärker als gegenüber dem dekadenten Westen."
Diesen Einwand diskutiert und widerlegt er eingehend. Er stellt dar,
wie z.B. schiitische und sunnitische religioese Gruppen sowie
sunnitische saekulare Faschisten (Baath) einander in inniger
Zwietracht zugetan sind. Bei aller Feindschaft war und ist
Zusammenarbeit gegen gemeinsame Gegner immer moeglich.
"Wir können also, um der gewundenen Logik Woolseys zu folgen,
schließen, dass alle Juden räuberische Zionisten sind und alle
Christen dem Typus von George W. Bush gleichen, der wieder Gefallen
am Fundamentalismus findet."
Keineswegs. Woolsey weist ausdruecklich daraufhin, dass die die
fundamentalistischen Feinde des Westens in ihren Laendern eine
Minderheit darstellen, die jedoch enormen Einfluss auf die
oeffentliche Meinung haben. Er regt an, gezielt fortschrittlich und
liberal eingestellte Araber in ihren Laendern zu unterstuetzten.
"Interessanterweise galt Woolseys Angriff teilweise auch der "New
Economy". Die Vorstellung der "Just-in-time"-Lieferung, einer der
Markenzeichen des E-Commerce, wurde als Achillesferse des modernen
Kapitalismus betrachtet, da Tausende von Containern und Sendungen,
die jeden Tag über die Grenzen der USA gehen, bedeuten, dass es nicht
genügend Zeit gibt, sie alle nach terroristischen
Massenvernichtunswaffen wie beispielsweise einer schmutzigen Bombe zu
durchsuchen."
Woolsey greift die New Economy nicht an. Er weist darauf hin, dass es
dort enorme Schwachstellen gibt, die Terroristen sehr effektiv
ausnuetzen koennten, und fordert die Wirtschaft und
Sicherheitskraefte auf, Vorkehrungen zu treffen. Aehnliches gilt
uebrigens fuer Computer und Kommunikationsstrukturen
(Cyberterrorismus).
"Was Woolsey und andere wie er zu erreichen hoffen, ist die
Wiedererschaffung einer modernen Version der Außen- und Innenpolitik,
wie es sie in den 50er Jahren gegeben hat...usf (ganzer Absatz)"
Hier fabuliert der Autor wohl. Zumindest in der New Yorker Rede, die
sonst mit der von Montreal weitgehend uebereinzustimmen scheint, gab
es keinen Bezug zum kalten Krieg, aus dem sich derartiges ableiten
liesse. Der kalte Krieg kommt nur als dritter in Woolseys Aufzaehlung
der vier Weltkriege vor, nichts weiter.
"...spezielle Gesetze für die Registrierung von Kommunisten
eingeführt hatten. Für ihn ist es nicht falsch, ähnliche Maßnahmen
gegenüber Muslimen zu ergreifen: "Die Verfassung", so Woolsey, "ist
kein Selbstmordpakt." "
Wie gesagt, in New York gab es keinen Bezug zu Kommunisten,
McCarthyism und aehnlichem. Allerdings fuehrte Woolsey andere
Beispiele an, um zu illustrieren, wann und warum die amerikanische
Demokratie in Kriegszeiten voruebergehend demokratische
Grundbestandteile ausser Kraft gesetzt hat: - Lincolns zeitweise
Aufhebung des Habeas Corpus act im Buergerkrieg, -(ausdruecklich als
schwersten Eingriff in demokratische Grundrechte in der juengeren
Geschichte der USA bezeichnet): die massenhafte Internierung von
Amerikanern japanischer Abstammung im zweiten Weltkrieg.
"Beunruhigend ist, dass die USA ihre Form der Innenpolitik an alle
"Freunde und Alliierte" exportieren wollen."
Das kann man so uns so sehen. Nach Woolseys Einschaetzung verhaelt es
sich schon jetzt so, dass bei allen oeffentlichen politischen
Differenzen z.B. mit europaeischen Staaten, die Zusammenarbeit auf
funktionaler Ebene, sprich zwischen Geheimdiensten und
Polizeibehoerden, perfekt funktioniert und zu jeder Zeit funktioniert
hat, auch und besonders mit Frankreich und Deutschland.
"Die Antwort der Neokonservativen wie Woolsey ..."
Ich glaube nicht, dass man Woolsey als Neo Con einordnen kann.
Immerhin war er unter Clinton CIA Direktor, gehoert also wohl eher
zum demokratischen Lager. Auch ist er kein typischer CIA
Apparatschik, er hat sich als Anwalt mehrfach ziemlich mit dem CIA
angelegt und duerfte dort nicht nur Freunde haben. Auch hat er nach
zwei Jahren den Kram beim CIA hingeschmissen, weil er mit der
Buerokratie dort nicht fertig wurde, und von Clinton auch keine
Rueckendeckung bekam.
Eines habe ich von Woolseys Vortrag allerdings mitgenommen: Wenn noch
einer an der Entschlossenheit der USA im Kampf gegen den Terrorismus
zweifelt, oder die USA als Papiertiger sieht, dann wird er sich
ziemlich umgucken.
Scotch
besser. Woolseys Auftritte sind z.B. keineswegs unangekuendigt (sonst
kaem ja keiner, gell?), sondern "halboeffentlich" in dem Sinn, dass
es normalerweise nicht in der Zeitung steht, wo er auftritt.
Er spricht auch keineswegs nur vor Mitgliedern der "Intelligence
Community". Ich habe seine Rede vorige Woche in New York gehoert, als
er vor ein paar Hundert Bankern gesprochen hat. Ich will mal
versuchen, aus dem Gedaechtnis einiges zu kommentieren.
"Vielleicht kam dem ehemaligen CIA-Direktor niemals der Gedanke, dass
diese Gruppen auch untereinander feindlich gesinnt sind, manchmal
stärker als gegenüber dem dekadenten Westen."
Diesen Einwand diskutiert und widerlegt er eingehend. Er stellt dar,
wie z.B. schiitische und sunnitische religioese Gruppen sowie
sunnitische saekulare Faschisten (Baath) einander in inniger
Zwietracht zugetan sind. Bei aller Feindschaft war und ist
Zusammenarbeit gegen gemeinsame Gegner immer moeglich.
"Wir können also, um der gewundenen Logik Woolseys zu folgen,
schließen, dass alle Juden räuberische Zionisten sind und alle
Christen dem Typus von George W. Bush gleichen, der wieder Gefallen
am Fundamentalismus findet."
Keineswegs. Woolsey weist ausdruecklich daraufhin, dass die die
fundamentalistischen Feinde des Westens in ihren Laendern eine
Minderheit darstellen, die jedoch enormen Einfluss auf die
oeffentliche Meinung haben. Er regt an, gezielt fortschrittlich und
liberal eingestellte Araber in ihren Laendern zu unterstuetzten.
"Interessanterweise galt Woolseys Angriff teilweise auch der "New
Economy". Die Vorstellung der "Just-in-time"-Lieferung, einer der
Markenzeichen des E-Commerce, wurde als Achillesferse des modernen
Kapitalismus betrachtet, da Tausende von Containern und Sendungen,
die jeden Tag über die Grenzen der USA gehen, bedeuten, dass es nicht
genügend Zeit gibt, sie alle nach terroristischen
Massenvernichtunswaffen wie beispielsweise einer schmutzigen Bombe zu
durchsuchen."
Woolsey greift die New Economy nicht an. Er weist darauf hin, dass es
dort enorme Schwachstellen gibt, die Terroristen sehr effektiv
ausnuetzen koennten, und fordert die Wirtschaft und
Sicherheitskraefte auf, Vorkehrungen zu treffen. Aehnliches gilt
uebrigens fuer Computer und Kommunikationsstrukturen
(Cyberterrorismus).
"Was Woolsey und andere wie er zu erreichen hoffen, ist die
Wiedererschaffung einer modernen Version der Außen- und Innenpolitik,
wie es sie in den 50er Jahren gegeben hat...usf (ganzer Absatz)"
Hier fabuliert der Autor wohl. Zumindest in der New Yorker Rede, die
sonst mit der von Montreal weitgehend uebereinzustimmen scheint, gab
es keinen Bezug zum kalten Krieg, aus dem sich derartiges ableiten
liesse. Der kalte Krieg kommt nur als dritter in Woolseys Aufzaehlung
der vier Weltkriege vor, nichts weiter.
"...spezielle Gesetze für die Registrierung von Kommunisten
eingeführt hatten. Für ihn ist es nicht falsch, ähnliche Maßnahmen
gegenüber Muslimen zu ergreifen: "Die Verfassung", so Woolsey, "ist
kein Selbstmordpakt." "
Wie gesagt, in New York gab es keinen Bezug zu Kommunisten,
McCarthyism und aehnlichem. Allerdings fuehrte Woolsey andere
Beispiele an, um zu illustrieren, wann und warum die amerikanische
Demokratie in Kriegszeiten voruebergehend demokratische
Grundbestandteile ausser Kraft gesetzt hat: - Lincolns zeitweise
Aufhebung des Habeas Corpus act im Buergerkrieg, -(ausdruecklich als
schwersten Eingriff in demokratische Grundrechte in der juengeren
Geschichte der USA bezeichnet): die massenhafte Internierung von
Amerikanern japanischer Abstammung im zweiten Weltkrieg.
"Beunruhigend ist, dass die USA ihre Form der Innenpolitik an alle
"Freunde und Alliierte" exportieren wollen."
Das kann man so uns so sehen. Nach Woolseys Einschaetzung verhaelt es
sich schon jetzt so, dass bei allen oeffentlichen politischen
Differenzen z.B. mit europaeischen Staaten, die Zusammenarbeit auf
funktionaler Ebene, sprich zwischen Geheimdiensten und
Polizeibehoerden, perfekt funktioniert und zu jeder Zeit funktioniert
hat, auch und besonders mit Frankreich und Deutschland.
"Die Antwort der Neokonservativen wie Woolsey ..."
Ich glaube nicht, dass man Woolsey als Neo Con einordnen kann.
Immerhin war er unter Clinton CIA Direktor, gehoert also wohl eher
zum demokratischen Lager. Auch ist er kein typischer CIA
Apparatschik, er hat sich als Anwalt mehrfach ziemlich mit dem CIA
angelegt und duerfte dort nicht nur Freunde haben. Auch hat er nach
zwei Jahren den Kram beim CIA hingeschmissen, weil er mit der
Buerokratie dort nicht fertig wurde, und von Clinton auch keine
Rueckendeckung bekam.
Eines habe ich von Woolseys Vortrag allerdings mitgenommen: Wenn noch
einer an der Entschlossenheit der USA im Kampf gegen den Terrorismus
zweifelt, oder die USA als Papiertiger sieht, dann wird er sich
ziemlich umgucken.
Scotch