Ansicht umschalten
Avatar von klausb
  • klausb

259 Beiträge seit 01.07.2001

Und was will uns dieser Artikel sagen?

Dass es den Bundestrojaner nicht geben kann etwa?
Es ist doch nichts einfacher als das:

  Jedes bessere Lohnsteuerprogramm beherrscht die "Elektronische
Steuererklärung". Die Elster-Libraries, obwohl aus Steuergeldern
bezahlt, sind meines Wissens nicht Open Source. Also kann der
Innenminister doch problemlos anordnen, dass das Elstermodul nach
Installation bei der ersten Kontaktaufnahme zum Finanzamt
(Installationstest) einen Trojaner nachlädt.

  Oder das BSI etwa installiert den Trojaner bei seinen Firewall- und
Browsertests.

  Oder man schafft eben schnell ein Gesetz, nachdem Firmen in
kostenlos per Download erhältliche Software ein "Statistikmodul"
einbinden müssen.

  Es gibt in JEDEM Betriebsystem Hooks zu Tastatur und Display.
Klinkt sich ein Trojaner dort ein, hilft die beste Verschlüsselung
nicht.

Das perfide daran ist:

    1. dass unser Innenminister mit seinen pathologischen
Denkstrukturen anscheinend an die Onlinedurchsuchung glaubt sie
tatsächlich gesetzlich verankern will. Dafür ist leider kein
technischer Sachverstand notwendig.

    2. dass sich immer irgendjemand finden wird, der getreu dem Motto
"mach ich's nicht, macht’s halt ein Anderer", willens ist, sich an
dieser Psychose zu bereichern. Der verdient selbst dann, wenn der
Bundestrojaner wider Erwarten, schließlich nur beim DAU funktionieren
sollte.

    3. dass das Ganze nicht mehr Sicherheit bringt, sondern
grundlegend das zerstört, was eigentlich geschützt werden soll:
unsere "Freitlich-Demokratische Grundordnung" und unser Rechtssystem.
Denn die Online-Durchsuchung ist prinzipbedingt nicht beweissicher.
Um gezielt einen speziellen Rechner durchsuchen zu können, muss
dessen IP-Adresse erst vom Provider erfragt werden. Ohne direkte
Onlineverbindung zum Provider gibt es aber immer einen Zeitraum
zwischen Erhebung der IP-Adresse und Beginn der Onlinedurchsuchung.
Niemand kann dann im Nachhinein beweisen, dass der Rechner zum
Zeitpunkt der Durchsuchung immer noch der gesuchte Rechner war. Bei
einer geheimen Onlinedurchsuchung können auch Daten manipuliert, bzw.
erst auf den Rechner geladen werden.

    4. dass ein Verdächtiger seines unveräußerlichen Rechtes zur
Verteidigung beraubt wird. Er selbst kann der Durchsuchung nicht
beiwohnen bzw. anwaltliche Hilfe in Anspruch. Nur die Angaben der an
der Durchsuchung Beteiligten sollen hinreichen zu belegen, dass die
Daten tatsächlich vom Rechner des Verdächtigen stammen. Dieser
wiederum kann dies im Nachgang nicht mal mehr per Gutachter
widerlegen -- er kann (und wird - wie bei jeder Nutzung eines
Rechners) ja Daten gelöscht oder überschrieben haben. Warum dann
überhaupt noch sich die Mühe einer Durchsuchung machen? Die
Behauptung genügt doch.

    5. dass die ernsthafte Forderung nach Onlinedurchsuchungen durch
Politiker ganz grundsätzlich das Vertrauen in traditionelle EDV und
Software erschüttert. Jeder wird sich überlegen müssen, ob nicht z.B.
bereits das proprietäre Suchprogramm für Zeitschriftenarchive künftig
den Bundestrojaner enthalten wird.

Fazit: Der Bundestrojaner mag heute noch ein Hoax sein. Bei dem Grad
der Entkopplung von der Realität, der für Politiker anscheinend
notwendig ist, wird er dies wohl nicht mehr lange bleiben. Gesetz hin
oder her. Die Geschichte lehrt: Alles was denkbar und technisch
machbar ist, wird auch irgendwann umgesetzt. Oder soll diese
Diskussion gar nur den Umsatz von Zweitrechnern fürs Internet
ankurbeln?

Das Einschleusen eines Trojaners zur Online-Durchsuchung ist für
staatliche Stellen ein Kinderspiel. Diejenigen die
Umsatzsteuererklärungen Online abgeben müssen, müssten es schlicht
hinnehmen.

Das einzig Positive dass ich sehe, ist dass es damit klar 1:0 für
Open Source Software steht. Wobei ich ohnehin fordere, dass mit
Steuermitteln bezahlte Softwareentwicklung unter die GPL gestellt
werden muss, ganz entsprechend unser aller Vorbild USA ;-).

Bewerten
- +
Ansicht umschalten